Wie konnte es dazu kommen, dass ein 18-Jähriger einen Lehrer enthauptet?

In Conflans-St-Honorine vor der Schule
In Conflans-St-Honorine vor der Schule Copyright Michel Euler/Copyright 2020 The Associated Press. All rights reserved.
Copyright Michel Euler/Copyright 2020 The Associated Press. All rights reserved.
Von Kirsten RipperEuronews mit AFP, AP
Diesen Artikel teilenKommentare
Diesen Artikel teilenClose Button

Der mutmaßliche Täter ist 80 km weit angereist, bevor er den Lehrer in Conflans-Sainte-Honorine attackierte. Wie kommt ein 18-Jähriger auf so unglaublich schreckliche Idee?

WERBUNG

Frankreich ist entsetzt über die Enthauptung des Lehrers Samuel P. in Conflans-Sainte-Honorine bei Paris vor der Schule, in der er Geschichte und Erdkunde unterrichtete. Samuel P. war 47 Jahre alt und hatte ein Kind. In mehreren Städten gab es Solidaritätsmärsche von Lehrerinnen und Lehrern.

Der mutmaßliche Täter ist ein 18-Jähriger, der 80 Kilometer entfernt in Evreux lebte, er hat sich am Freitagnachmittag vor der Schule - am späteren Tatort - nach dem Lehrer erkundigt. Er kannte Samuel P. also offensichtlich nicht. Abdullakh A. ist laut dem ermittelnden Staatsanwalt 2002 in Moskau geboren. Seine Familie stammt aus Tschetschenien.

Autor des Tweets mit dem schrecklichen Foto

Staatsanwalt Jean-François Ricard bestätigte auf einer Pressekonferenz an diesem Samstag, dass der in Eragny von Polizisten erschossene mutmaßliche Angreifer auf Twitter das Foto des abgetrennten Kopfes des Lehrers - mit dem Titel "Das ist Herr P." - gepostet hatte. Der Text des Tweets war: "Von Abdullah, dem Diener Allahs, bis zu Macron, dem Herrscher der Ungläubigen, habe ich einen eurer Höllenhunde hingerichtet, der es gewagt hat, Mohammed zu erniedrigen."

Zu Beginn des Prozesses gegen mutmaßliche Hintermänner des Angriffs auf die Satirezeitschrift mit zwölf Toten 2015 hatte CHARLIE HEBDO die umstrittenen Karikaturen jetzt erneut veröffentlicht.

Mohammed-Karikaturen im Unterricht

Auslöser der Ermordung von Samuel P. (47) war offenbar eine Schulstunde zur Meinungsfreiheit vor der Bluttat. Der Lehrer wollte den etwa 13-jährigen Schülerinnen und Schülern die Mohammed-Karikaturen aus der satirischen Zeitschrift CHARLIE HEBDO zeigen. Laut dem Vertreter eines Elternverbandes hatte der Lehrer "den muslimischen Schülern angeboten, den Klassenraum zu verlassen"

Bei der gezeigten Karikatur soll es sich die Zeichnung des nackt nach vorne gebeugten Propheten handeln: auf dem Hintern (mit herunterhängenden Hoden) ist ein gelber Stern zu sehen. Die Karikatur trägt den Titel "Une étoiile est née" ("Ein Stern ist geboren").

Das Video eines empörten Vaters - begleitet von einem Islamisten

Diese Schulstunde hatte für Kritik von Eltern an dem Lehrer und für kontroverse Diskussionen am Collège du Bois d’Aulne gesorgt. Besonderes Aufsehen erregte ein auf Twitter gepostetes Video, Darin wirft der Vater einer Schülerin dem Lehrer vor wirft ihm vor, eine Karikatur von Mohammed gezeigt zu haben. Er hatte auch eine Beschwerde deswegen eingereicht und bei der Schulleitung die Entlassung von Samuel P. gefordert. Der Mann wurde nach der Ermordung des Lehrers von den Ermittlern befragt. Er soll auch den Namen des Lehrers auf Facebook verbreitet haben.

Unter den Personen, die am Samstag festgenommen wurden, ist Abdelhakim Sefrioui. Der radikal islamistische Prediger hatte den empörten Vater am 8. Oktober zur Schulleitung begleitet. Offenbar hat er auch dazu beigetragen, den Vorfall im Collège publik zu machen.

 Laut Marianne ist der 1959 in Marokko geborene Sefroui - der inzwischen einen franz¨¨osischen Pass hat - für seine Aussagen zur Unterstützung der Hamas und antisemitischen Sprüche bekannt. Er erklärte in einem Video, er wolle die Menschen gegen das, was sich in der Schule ereignet habe mobilisieren, sonst "werde vielleicht dasselbe passieren wie in Srebrenica."

Der Lehrer war nicht islamfeindlich

Der Journalist Clément Lanot hat vor der Schule mit einem anderen Eltern gesprochen. Ein Vater erklärte, sein Sohn sei Muslim und der Lehrer wollte immer respektvoll gegenüber der Religion sein. Sein Sohn könne das alles nicht verstehen, der Lehrer sei gar nicht islamfeindlich gewesen.

Eine von F2 befragte Schülerin erklärt, der ermordete Lehrer sei engagiert und verständnisvoll gewesen.

Familie des Angreifers befragt

Der Staatsanwalt erklärte: "Abdullakh A. wurde am 12. März 2002 in Moskau, Russland, geboren und erhielt den Flüchtlingsstatus. Er lebte in Evreux (Eure) und hatte am 4. März 2002 eine Aufenthaltserlaubnis, die bis März 2030 gültig war. (...) Den Geheimdiensten war er aus juristischer Sicht unbekannt".

Polizeibekannt war Abdullah A. schon, aber wegen Sachbeschädigung und anderer minderschwerer Vergehen im Jahr 2016. Am Samstag wurden auch Mitglieder seiner Familie - darunter der Großvater und der kleine Bruder - befragt.

Diesen Artikel teilenKommentare

Zum selben Thema

Nach Lehrermord: Frankreich lässt 76 Moscheen kontrollieren

Brigitte Macron im Video mit Aya Nakamura und ihr Mann spielt für sie Fußball

Nicht hart genug? Migrationspakt im EU-Wahlkampf an Frankreichs Grenze kritisiert