Nordmazedonier: Aus Frust - über 17 Jahre EU-Kandidatur - pro-russisch

Nordmazedonier: Aus Frust - über 17 Jahre EU-Kandidatur - pro-russisch
Copyright ROBERT ATANASOVSKI/AFP
Copyright ROBERT ATANASOVSKI/AFP
Von Borjan Jovanovski, su
Diesen Artikel teilenKommentare
Diesen Artikel teilenClose Button
Den Link zum Einbetten des Videos kopierenCopy to clipboardCopied

Nordmazedonier: Aus Frust - über 17 Jahre EU-Kandidatur - pro-russisch

WERBUNG

Aleksandar Urbanovich ist Ukrainer und lebt in Mazedonien. Verärgert und schockiert über die Ereignisse in seiner Heimat, organisierte er letzte Woche einen Protest im Zentrum von Skopje, der Hauptstadt Nordmazedoniens und jetzt die Lieferung humanitärer Hilfe in die Ukraine. Die Resonanz auf Protest und humanitäre Aktion war bisher verhalten. Möglicher Grund: Einige ethnische Mazedonier haben in den sozialen Medien ihre Unterstützung für Putins Invasion in der Ukraine zum Ausdruck gebracht.

Seit 2 Jahren (27. März 2020) ist Nordmazedonien Mitglied der **NATO **und seit 2005 **Beitrittskandidat **der Europäischen Union (EU). Die gut zwei Millionen Nordmazedonier leiden unter einer der schwächsten Volkswirtschaften Europas mit hohen Arbeitslosenzahlen, einer schwachen Infrastruktur und fehlenden Investitionen – das Land befindet sich in einem Transformationsprozess, wirtschaftlich wie politisch.

Aleksandar Urbanovich, ein in Mazedonien lebender Ukrainer:

„Hier sind die Menschen gespalten. Einige sind proeuropäisch ausgerichtet, andere nicht. Die Menschen haben all die Bedingungen satt, die dem Land auferlegt werden, um voranzukommen, und sehen Russland als Land, das keine Bedingungen stellt. Aber im Grunde hilft auch Russland nicht. Ich finde das seltsam. Wenn Russland nicht hilft, bedeutet das, dass es die Lage auch nicht besser macht, warum also sollte man es lieben?“

Die Gesellschaft ist gespalten und in den sozialen Netzwerken tobt so etwas wie ein Krieg zwischen denen, die die westlichen Länder unterstützen, und anderen, die für Russland sind. Eine öffentliche Meinungsumfrage des Institute for Democracy ergab, dass bis zu 45 % der ethnischen Mazedonier Nordmazedonien gerne in der von Moskau geführten Eurasischen Union sähen. Die Unterstützung könnte durch die Hindernisse angeheizt worden sein, auf die Nordmazedonien bei seinen Versuchen gestoßen ist, Beitrittsverhandlungen mit der EU aufzunehmen. Nordmazedonien ist seit 2005 Kandidatenland, und 2018 empfahl die Europäische Kommission die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen.

Marko Trosanovski, Institute for Democracy "Societas Civilis"​, Skopje:

„Diese Unterstützung lässt sich mit kollektiven Frustrationen aus dem Erweiterungsprozess erklären. Nahezu jahrzehntelang im Hintertreffen des Erweiterungsprozesses in Europa, einschließlich der Sackgasse mit Griechenland und jetzt der Pattsituation mit Bulgarien, haben die Menschen irgendwie das Gefühl, dass die EU ihre Erwartungen, ihre Träume nicht erfüllt. Und diese Frustration wird auf eine andere Alternative, Russland, projiziert.“

Borjan Jovanovski, Euronews:

“Inzwischen glauben trotzdem immer mehr Bürger Nordmazedoniens an die Möglichkeit, dass dieses Land Gelegenheit bekommt für Beitrittsverhandlungen. Auch wenn diese Erwartungen unter den gegenwärtigen Umständen eher wie Illusionen erscheinen."

SLAWISCHE MAZEDONIER IN DER MEHRHEIT

In Nordmazedonien stellen slawische Mazedonier etwa 64 % der Gesamtbevölkerung, dazu kommt eine große Minderheit an **Albanern **(25 %). Auch kleinere Minderheiten von **Türken **(3,85 %), **Roma **(2,66 %), **Serben **(1,78 %), **Bosniaken **(0,84 %) und Aromunen/Meglenorumänen (0,48 %) sowie anderen Ethnien (1,04 %) leben im Land. Vor allem zwischen Mazedoniern und Albanern gibt es immer wieder ethnisch motivierte Konflikte. Makedonien gehörte bis zu den Balkankriegen 1912 Jahrhunderte lang zum Osmanischen Reich und wurde dann zwischen Griechenland, Serbien und Bulgarien aufgeteilt. 1941 wurde die Region nach dem Balkanfeldzug von der Wehrmacht besetzt. 1944 erfolgte die Gründung der jugoslawischen sozialistischen Teilrepublik Mazedonien. Im September 1991 erklärte die Republik ihre staatliche Unabhängigkeit infolge des Zerfalls Jugoslawiens.

JÜNGSTER NATO-STAAT

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion traten ab 1999 immer mehr osteuropäische Länder, der Nato bei: Tschechien, Ungarn und Polen waren die ersten. 2004 folgten Bulgarien, Rumänien, Slowenien, die Slowakei und die baltischen Staaten, 2009 kamen Albanien und Kroatien hinzu, 2017 Montenegro - zuletzt 2020 Nordmazedonien.

Das Atlantische Verteidigungsbündnis zählt deshalb inzwischen 30 Mitglieder. Die Aufnahme neuer Staaten in die westliche Allianz ist im NATO-Vertrag ausdrücklich vorgesehen. Seit 2019 ist ein NATO-Beitritt als Ziel auch in der ukrainischen Verfassung festgelegt. Russland fordert, dass Kiew darauf verzichtet und sich für neutral erklärt.

Borjan Jovanovski, su

Diesen Artikel teilenKommentare

Zum selben Thema

Boykott: Mehrere Länder sagten Teilnahme am OSZE-Treffen wegen Russland ab

Portugal feiert den 50. Jahrestag der Nelkenrevolution

Roberta Metsola: "Sie haben die Wahl, nutzen Sie sie!"