Festnahme nach Bombenanschlag auf einen russischen Militärblogger

Nach der Explosion in einem Sankt Petersburger Café
Nach der Explosion in einem Sankt Petersburger Café Copyright OLGA MALTSEVA/AFP or licensors
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Von Euronews mit dpa, AFP, AP
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Nach dem Bombenanschlag auf einen russischen Militärblogger in einem Café in Sankt Petersburg laufen die Ermittlungen der Polizei.

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Nach dem Bombenanschlag auf einen russischen Militärblogger in einem Café in Sankt Petersburg laufen die Ermittlungen der Polizei. Der 41-jährige Journalist und Blogger mit dem Pseudonym Wladlen Tatarskij soll sofort tot gewesen sein, mehr als 30 Menschen wurden verletzt, 19 davon schwer.

Frau soll Sprengsatz in Geschenk versteckt überreicht haben

Nach ersten Erkenntnissen der Ermittler war der Sprengsatz in einer Büste eingebaut, die Tatarskij als Geschenk überreicht wurde. Das Geschenk – Augenzeuge berichteten von einer vergoldeten Büste des Bloggers – sei ihm von einer jungen Frau überreicht worden, schrieben örtliche Medien.

Sie habe sich anschließend in eine der hinteren Zuschauerreihen gesetzt, sei aber nach der Explosion verschwunden.

Wie die russischen Nachrichtenagentur Interfax berichtet, wurde die Frau inzwischen festgenommen. Gegen sie werde wegen Mordverdachts ermittelt. Die Verdächtige sei schon früher im Zusammenhang mit Antikriegsdemonstrationen festgenommen worden.

Verdächtige wurde zuvor des Saales verwiesen

Interfax zufolge war die Verdächtige vor der Detonation von Wachleuten aufgefordert worden, den Saal zu verlassen. Eine Zeugin sagte demnach, es sei bereits vermutet worden, dass es sich bei dem vermeintlichen Geschenk um einen Sprengsatz handeln könnte. Die Frau habe jedoch beim Hinausgehen mit dem Militärblogger gescherzt und ihm die Statuette überreicht. Nachdem dieser sie auf einem Tisch abgestellt habe, sei es zu der Explosion gekommen.

Eine patriotische russische Gruppe, die die Veranstaltung organisiert hatte, erklärte, sie habe Sicherheitsvorkehrungen ergriffen, die sich „leider als nicht ausreichend erwiesen“ hätten.

Tatarskij: Tipps für Soldaten, mehr als eine halbe Millionen Follower

Tatarskij, mit richtigem Namen Maxim Fomin, hatte laut russischen Medien zu einem "Patriotischen Abend" in das Café im Zentrum von Sankt Petersburg eingeladen. Es soll Jewgeni Prigoschin, dem Chef der berüchtigten Söldnertruppe Wagner, gehört haben. 

Der einflussreiche Militärblogger aus dem Donbass unterstützte den Krieg gegen die Ukraine und berichtete von der Front, er hatte mehr als 560.000 Follower auf Telegram.

Er hatte ab 2014 zunächst als Aufständischer für die Unabhängigkeit des russisch kontrollierten Donbass in der Ostukraine gekämpft, ehe er sich dem Journalismus zuwandte. Er verbreitete in seinem Blog Videos vom Frontgeschehen in der Ukraine und gab zuletzt jungen russischen Soldaten Tipps, wie sie sich in den vordersten Linien verhalten sollten. Er kritisierte aber auch die russischen Generäle für die Militärführung.

Anschlag der Ukraine oder "inländischer Terrorismus"?

Das russische Außenministerium legte am Montag eine mögliche Verwicklung der Ukraine in die Tötung nahe. Fomin habe mit seinen Publikationen entschieden den Krieg Russlands in der Ukraine unterstützt und sich damit den Hass Kiews eingebracht, sagte Außenministeriumssprecherin Maria Sacharowa. Der im ukrainischen Donbass geborene Tatarskij und andere Militärblogger seien schon länger mit Drohungen aus der Ukraine konfrontiert gewesen. Wenngleich die Tat zunächst niemand für sich reklamierte, legten auch andere prorussische Militärberichterstatter eine Verwicklung der Ukraine nahe.

Ein ukrainischer Präsidentenberater sagte indes, dass "inländischer Terrorismus" in Russland ausgebrochen sei. Mychajlo Podoljak hatte vor der Festnahme spekuliert, dass die innerrussische Opposition gegen die Invasion des Kremls in die Ukraine für die Tat verantwortlich sei. "Spinnen fressen einander in einem Einmachglas auf", schrieb Podoljak auf Twitter. Die Frage, wann inländischer Terrorismus zum Instrument interner politischer Kämpfe werden würde, "war eine Frage der Zeit".

Ideologe Dugin: Getöteter Militärblogger war "unsterblicher Held"

Der nationalistische Ideologe Alexander Dugin rühmte Tatarskij als "unsterblichen Helden". Er sei gestorben, um das Leben des russischen Volkes zu retten.

Im August vergangenen Jahres war bei einer Autobombenexplosion in Moskau die Tochter von Dugin gestorben.Die 29-jährige Darja Dugina war Philosophin und Publizistin. Auch sie war eine Unterstützerin des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs auf die Ukraine.

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