Erschossene Geiseln zeigten weiße Fahne

Israelische Soldaten bei einer Bodenoperation im Stadtteil Shijaiyah in Gaza-Stadt,  8. Dezember 2023,
Israelische Soldaten bei einer Bodenoperation im Stadtteil Shijaiyah in Gaza-Stadt, 8. Dezember 2023, Copyright Moti Milrod/Copyright 2023 The AP All rights reserved
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Von Christoph Debetsdpa, AP
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Israelische Streitkräfte sprechen von schwerwiegendem Verstoß gegen Einsatzregeln, Ministerpräsident Netanjahu von einer unerträglichen Tragödie. In Tel Aviv demonstrierten mehrere hundert Menschen gegen die Tötung der Geiseln.

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Nach der versehentlichen Tötung von drei israelischen Geiseln im Gazastreifen durch israelische Soldaten hat die Armee am Samstag beklemmende Details mitgeteilt. Bei der Tötung der drei Israelis, die am 7. Oktober von der islamistischen Hamas in den Küstenstreifen verschleppt worden waren, seien Einsatzregeln verletzt worden, sagte ein Sprecher der Armee.

Die getöteten Männer seien mehrere Dutzend Meter entfernt von den Truppen mit nacktem Oberkörper und einem Stock mit einem weißen Stück Stoff daran aus einem Gebäude gekommen. Zwei der Männer seien von einem Soldaten sofort getötet worden. Ein dritter Mann habe sich angeschossen noch zurück in das Haus flüchten können. Nachdem er Hebräisch um Hilfe gerufen habe, befahl der Bataillonskommandeur zwar, das Feuer einzustellen. Doch als der Verletzte zurück ins Freie kam, sei auch er von einem anderen Soldaten erschossen worden.

Der Sprecher, der sich im Einklang mit den Einsatzregeln der israelischen Streitkräfte nur anonym äußerte, betonte, dass das Vorgehen der an der Tötung der Geiseln beteiligten Soldaten nicht korrekt war. „Ich möchte sehr deutlich sagen, dass dieses Vorgehen gegen unsere Einsatzregeln war.“ Der Vorfall werde auf höchster Ebene untersucht. Gleichwohl machte der Militärvertreter deutlich, dass es sich bei dem Gebiet um eine aktive Kampfzone handelte. Truppen seien dort bereits in Hinterhalte gelockt worden. Zudem seien Angreifer oft in „Jeans und Sneakers“ unterwegs.

Israelische Medien berichteten Einzelheiten des Vorfalls. Nach Angaben des Massenblattes Yediot Ahronot haben erste Ermittlungen ergeben, dass ein Scharfschütze die Geiseln beim Herauskommen als Verdächtige identifizierte, obwohl sie nicht bewaffnet waren, und zwei der drei erschoss.

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu bezeichnete den Vorfall als „unerträgliche Tragödie“. Der Druck auf ihn, einer neuen Feuerpause für den Austausch von Geiseln gegen in Israel inhaftierte Palästinenser zuzustimmen, dürfte steigen. Nach israelischen Schätzungen werden derzeit noch 112 aus Israel verschleppte Menschen im Gazastreifen festgehalten. Weiterhin gebe die Hamas die Leichen von 20 am 7. Oktober Entführten nicht heraus, teilte das Büro Netanjahus mit.

Am Freitagabend demonstrierten Hunderte Menschen spontan in Tel Aviv wegen der Tötung der Geiseln. Auf Bildern im israelischen Fernsehen war zu sehen, wie sich eine große Menschenmenge im Zentrum der Küstenmetropole versammelte und eine Hauptstraße blockierte. Sie forderten von der Regierung, sich für die sofortige Freilassung der Geiseln aus dem Gazastreifen einzusetzen. Mit Plakaten, Spruchbändern und Postern mit den Namen und Bildern vieler anderer Geiseln marschierten die Demonstranten in Richtung des Hauptquartiers der israelischen Armee. Wie die Nachrichtenseite ynet berichtete, schütteten sie rote Farbe auf die Straße. «Ihre Zeit wird knapp! Bringt sie jetzt nach Hause», riefen die Menschen. Für Samstagabend war eine weitere Demonstration angekündigt

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