Immer mehr Menschen werden immer älter - aber wer pflegt sie? Nicht nur Verbände, auch Bayern fordert mehr finanzielle Unterstützung vom Bund für die Pflegeversicherung. Der Bundesrechnungshof warnt vor einem Defizit von 12,3 Milliarden Euro bis 2029.
Die Pflegeversicherung ist bereits jetzt in den roten Zahlen, doch ein Bericht des Bundesrechnungshofs zeigt eine noch düsterere Prognose: Bis 2029 droht den Pflegekassen wohl eine Finanzlücke von 12,3 Milliarden Euro.
Am Montagnachmittag kommt ein Gremium aus Bund und Ländern zusammen, um erstmals an einer für Ende des Jahres geplanten "großen Pflegereform" zu arbeiten. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) empfängt die Kommission, an der es bereits Kritik gab. Die Verbände fehlen am Verhandlungstisch.
Die Alterung der Bevölkerung, steigende Kosten und der Mangel an Fachpersonal bringen das bestehende System an seine Grenzen. Wie kann die Pflegeversicherung dem demografischen Wandel gerecht werden?
Pflegeversicherung in den roten Zahlen: Schafft die Reform Abhilfe?
Im vergangenen Jahr haben die Pflegekassen ein Defizit von 1,54 Milliarden Euro zu verzeichnen. Gleichzeitig ist mit dem Jahreswechsel der Beitragssatz von 3,4 auf 3,6 Prozent gestiegen. Doch einem Bericht des Bundesrechnungshofs zufolge droht den Pflegekassen bis 2029 eine Finanzlücke von 12,3 Milliarden Euro.
Mit der Aussicht einer steigenden Zahl an Pflegebedürftigen wird eine Reform, die an die aktuellen Anforderungen angepasst ist, immer dringlicher. Der Haushaltsentwurf des laufenden Jahres macht daher 500 Millionen Euro für die Pflegeversicherung möglich. Im kommenden Jahr sollen 1,5 Milliarden Euro als Darlehen vom Bund an die Pflegekassen gehen.
Mit der vorübergehenden schuldenfinanzierten Unterstützung der Pflegeversicheurng werde das Finanzierungsproblem jedoch nicht gelöst, so Oliver Blatt, Vorstandsvorsitzender des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gegenüber der Rheinischen Post. Für ihn braucht es eine "nachhaltige finanzielle Stabilisierung der Pflegeversicherung".
Diakonie Deutschland: "Chance auf echte Pflegereform nicht verpassen"
Man dürfe "die Chance auf eine echte Pflegereform nicht verpassen", warnt Elke Ronneberger, Bundesvorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland. "Pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen müssen wissen, worauf sie sich verlassen können. Notwendig sind auch ein Abbau von Bürokratie und mehr Transparenz darüber, welche Leistungen Pflegebedürftigen zustehen".
Der Verband der privaten Krankenversicherung hat einen Zehn-Punkte-Plan zum Systemwechsel vorgelegt. Klare Zuständigkeiten, mehr Prävention, eigenverantwortliche Vorsorge.
Der Verband sowie die Diakonie Deutschland schlagen unter anderem vor, Leistungen wie etwa Rentenversicherungsbeiträge für pflegende Angehörige, Zuschüsse für Ehrenamt und Digitalisierung auszuklammern. Sie sollen nicht mehr aus Mitteln der Pflegeversicherung, sondern aus allgemeinen Steuermitteln finanziert werden.
Verbände und Gewerkschaften haben bereits davor gewarnt, Leistungen zu kürzen. Sie fordern eine stärkere Beteiligung von Bund und Ländern. Sparen an der falschen Stelle würde langfristig teuer kommen, so die Diakonie Deutschland.
Auch Bayern hat als erstes Land mehr Bundesmittel für die Pflegeversicherung gefordert. Die finanzielle Stabilisierung sei notwendig. "Wir brauchen dringend eine Finanz- und Strukturreform der Pflegeversicherung», sagte die bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) der Augsburger Allgemeinen.
Das deutsche Pflegewesen muss ihren Vorstellungen nach effizienter und leistungsfähiger werden. Einen Teil könnte das Erleichtern der bürokratischen Prozesse dazu beitragen. "Wir müssen die Aufgaben und Abläufe in der Pflegeversicherung auf den Prüfstand stellen und neu priorisieren", sagte Gerlach.