In Deutschland waren im vergangenen Jahr mehr als eine Million Menschen wohnungslos, darunter rund 264.000 Kinder und Jugendliche. Die BAG W spricht von einem dramatischen Trend und kritisiert die geplanten Verschärfungen beim Bürgergeld als "sozialpolitisch unverantwortlich".
In Deutschland waren im Verlauf des vergangenen Jahres fast eine Viertelmillion Kinder und Jugendliche wohnungslos. Das besagt eine am Montag erschienene Hochrechnung der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e. V. (BAG W).
Laut der Hochrechnung waren rund 264.000 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren (26 Prozent) betroffen. Sie lebten mehrheitlich zusammen mit ihren Eltern oder waren institutionell untergebracht.
Insgesamt über eine Million Menschen wohnungslos
Insgesamt registrierte der Verein 1.029.000 wohnungslose Menschen, 56.000 davon leben auf der Straße. Circa 840.000 Personen wurden durch Städte und Kommunen untergebracht.
765.000 der wohnungslosen Menschen waren Erwachsene (74 Prozent), darunter 465.000 Männer (61 Prozent) und 300.000 Frauen (39 Prozent).
820.000 (80 Prozent) der Wohnungslosen besaßen 2024 keine deutsche Staatsbürgerschaft, darunter 55.000 Personen mit einer EU-Staatsbürgerschaft und 765.000 Personen mit einer anderen Staatsangehörigkeit oder ohne Staatsangehörigkeit.
Die BAG W spricht von einem bereits länger anhaltenden Trend. Die besorgniserregende Zunahme der Wohnungslosigkeit halte unvermindert an. Im Vergleich zu 2023 verzeichnet der Verein einen Anstieg von 11 Prozent, im Vergleich zu 2022 sogar von 53 Prozent.
Wohnungsmangel und Armut als zentrale Gründe
Die Gründe für diesen Trend sieht die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe vor allem im derzeitigen Mangel an bezahlbarem und bedarfsgerechtem Wohnraum sowie in der Armut. Der aktuelle Wohnungsbestand kann der Nachfrage nicht standhalten.
Als häufigste Ursachen für Wohnungslosigkeit nennt der Verband Miet- und Energieschulden, Konflikte im Wohnumfeld, Trennung oder Scheidung sowie Ortswechsel. Wohnungslosen Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft stand in Deutschland mehrheitlich noch nie eine eigene Wohnung zur Verfügung.
"Sozialpolitisch unverantwortlich"
Mit Blick auf diese Entwicklung der Zahlen warnt die BAG W vor den jüngsten sozialpolitischen Plänen der Bundesregierung.
Laut einer aktuellen Umfrage der BAG W sind 17 Prozent aller Einrichtungen und Dienste bereits von finanziellen Kürzungen betroffen oder bedroht. Besonders betroffen seien präventive Hilfen, die eigentlich verhindern sollen, dass es überhaupt zum Verlust der eigenen vier Wände kommt.
Dementsprechend kritisch bewertet die BAG W die jüngst im Koalitionsausschuss beschlossenen Reformen zur neuen Grundsicherung. In diesem Zuge geplant sind Verschärfungen von Sanktionen, die drastische Kürzungen und sogar die komplette Einstellung der Leistungen einschließlich der Mietzahlungen vorsehen, sollten Termine im Jobcenter wiederholt versäumt werden.
"Die geplanten Sanktionen stellen die Würde der betroffenen Menschen in Frage und riskieren, dass sie ihr Zuhause verlieren. Das ist sozialpolitisch unverantwortlich und es ist fraglich, ob die Maßnahmen einer verfassungsrechtlichen Überprüfung standhalten würden", warnt Sabine Bösing, die Geschäftsführerin der BAG W.