Nach der Tötung des Milizmannes Yasser Abu Shabab übernimmt Ghassan al-Dehini zunehmend die Rolle des zentralen Ansprechpartners der Gruppe. Er kündigt an, den Kampf gegen die radikal-islamische Hamas fortzusetzen – begleitet von neuen Rekrutierungsaufrufen.
Nach der Ermordung von Yasser Abu Shabab, dem Anführer der Volksmiliz im südlichen Gazastreifen, hat sich Ghassan al-Dehini als prominentester Kandidat für die Führung der Gruppe herauskristallisiert. Al-Dehini wurde nach Angaben lokaler Quellen bei den Zusammenstößen in Rafah verletzt, die zum Tod von Abu Shabab führten.
Der 39-jährige Al-Dehini gehört demselben Beduinenstamm an wie Abu Shabab und war zuvor für die Leitung des bewaffneten Flügels der Miliz verantwortlich. Vor den Ereignissen von 2007 arbeitete er als Offizier im Sicherheitsapparat der Palästinensischen Autonomiebehörde.
Später wurde er Kommandeur der mit dem IS verbundenen Gruppe Jaish al-Islam. Die Hamas verhaftete ihn und setzte ihn laut Times of Israel auf ihre Liste der meistgesuchten Personen.
In einem Interview mit dem israelischen Sender Channel 12 sagte al-Dehini: "Wie kann ich Angst vor der Hamas haben, wenn ich sie bekämpfe? Ich bekämpfe sie, verhafte ihre Mitglieder, beschlagnahme ihre Ausrüstung und zwinge sie zum Rückzug. Ich tue, was ich für richtig halte, im Namen des Volkes und der freien Menschen." Der Nachfolger von Abu Shabab betonte, dass seine Gruppe den Kampf gegen die Hamas fortsetzen werde, wenn sich die israelische Armee aus dem Gazastreifen zurückziehe.
"Die Abwesenheit von Abu Shabab ist schmerzlich, aber der Kampf gegen den Terrorismus wird dadurch nicht beendet", sagte er.
Videos, die zeigen, wie al-Dehini in Militäruniform seine Kämpfer inspiziert, während Mitglieder der Gruppe um Yasser Abu Shabab trauern, wurden von Aufrufen begleitet, neue Mitglieder zu rekrutieren, um sich "von der Hamas zu befreien". Al-Dehini erklärte, die Veröffentlichung dieser Aufnahmen solle zeigen, dass die Gruppe trotz des Verlusts ihres Anführers weiterhin aktiv sei.
Zudem kündigte er an, in den von der Gruppe kontrollierten Gebieten eine "entmilitarisierte Zone" einzurichten, die als sicherer Raum für die Zivilbevölkerung dienen solle.
Hamas: Abu Shabab "Agent der Besatzung"
Die radikal-islamische Terrororganisation Hamas gab nach der Tötung von Yasser Abu Shabab eine Erklärung ab, in der sie ihn als "einen Agenten, der mit der Besatzung kollaboriert" bezeichnete. Sein Schicksal sei "das unvermeidliche Ende für diejenigen, die ihr Volk und ihre Heimat verraten und akzeptieren, ein Werkzeug in den Händen Israels zu sein".
Die Bewegung warf Abu Shabab und seiner Gruppe "kriminelle Handlungen" vor und bezeichnete sie als "eklatante Abweichung von den nationalen und sozialen Reihen". Die Hamas lobte zudem die Haltung der Familien und Stämme, die sich von ihm distanziert hätten, sowie "jeden, der an Angriffen auf sein Volk beteiligt war oder mit der israelischen Seite kooperierte".
"Die Besatzung, die nicht in der Lage war, ihre Agenten zu schützen, wird auch nicht in der Lage sein, irgendeinen ihrer Agenten zu schützen", hieß es weiter. Die Einheit der Familien, Stämme und nationalen Institutionen bleibe das "Sicherheitsventil" angesichts der Versuche, die palästinensische Gesellschaft zu spalten.
Abu Shabab in Gaza
Abu Shabab gewann Hunderte Kämpfer für seine Gruppe, indem er im Vergleich zu anderen Milizen hohe Gehälter bot – ein Vorgehen, das die Hamas kritisierte. Die Bewegung warf der Gruppe zudem vor, mit Israel zu kooperieren und humanitäre Hilfe zu plündern. Der am 3. Dezember getötete Anführer wies die Vorwürfe zurück und erklärte, Ziel seiner Gruppe sei es, "Hamas-Elemente zu vertreiben und ihre Autorität" im Gazastreifen zu untergraben.
Abu Shabab, der Anfang der 1990er Jahre geboren wurde, war in Strafverfahren wegen Drogenhandels verwickelt, bevor er während des israelischen Angriffs auf das Hauptquartier der Sicherheitsdienste in Gaza im Jahr 2023 freigelassen wurde.
In einem Interview mit einem israelischen Militärkorrespondenten räumte Abu Shabab Kontakte und Sicherheitskoordination mit Tel Aviv ein und erklärte, seine Operationen würden "unter der Aufsicht der israelischen Armee" erfolgen, was er als "Dienst am palästinensischen Volk" bezeichnete.
Der israelische Fernsehsender Channel 12 berichtete, der Shin Bet habe die Gruppe im Rahmen eines Plans zur Schwächung der Hamas im Gazastreifen ausgebildet und bewaffnet. Hunderte Waffen seien "in völliger Geheimhaltung" und mit Zustimmung von Premierminister Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Yisrael Katz geliefert worden.
In einem Interview am 5. Juni 2025 räumte Netanjahu die israelische Unterstützung für eine bewaffnete Anti-Hamas-Gruppe im Gazastreifen ein. Die Hilfe basiere auf Sicherheitsempfehlungen, um die Bewegung zu schwächen und Verluste der israelischen Armee zu minimieren: "Was ist daran falsch? Es ist eine gute Sache. Es rettet das Leben der IDF-Soldaten."