Ein neuer Bericht zeigt, dass ein starker Rückgang der Auslandshilfe - vor allem aus den USA - im Jahr 2025, verheerende Folgen für die Rohingya-Kinder in den Flüchtlingslagern von Bangladesch hatte. Dort leben etwa 1,2 Millionen Menschen der muslimischen Minderheit der Rohingya.
In Momenten, in denen sie allein ist, wenn ihr Mann eine Weile aus dem Haus ist, weint das Mädchen vor Verzweiflung. Sie möchte wieder in die Schule gehen, wo sie einst Trost fand.
Seit das Militär von Myanmar 2017 ihren Vater tötete und sie zusammen mit ihrer Mutter und ihren kleinen Schwestern zur Flucht nach Bangladesch zwang, war die Schule für Hasina ein Schutzraum in einem Lager mit 1,2 Millionen Menschen, die der verfolgten Rohingya-Minderheit angehören.
Die Schule hatte sie auch vor einer Zwangsverheiratung bewahrt. Aber eines Tages im Juni, als Hasina 16 Jahre alt war, gab ihre Lehrerin bekannt, dass die Schule wegen mangelnder Finanzierung geschlossen wird. Hasinas Kindheit und ihre Chancen auf Bildung sind vorbei.
Hasina und Hunderte anderer Mädchen unter 18 Jahren werden zwangsverheiratet, und viele dieser Mädchen sind jetzt in neuen Familien gefangen, in denen ihre Ehemänner sie misshandeln.
Die inzwischen 17-jährige Hasina sagt: "Ich habe davon geträumt, jemand zu werden und für die Gemeinschaft zu arbeiten. Aber jetzt wurde mein Leben zerstört."
Die plötzliche Einstellung der Auslandshilfe, die in diesem Jahr von US-Präsident Donald Trump beschlossen, aber auch von anderen Ländern wegen Haushaltskürzungen durchgesetzt wurde, hat den Unterricht in Tausenden Schulen sowie Ausbildungszentren beendet und Kinderschutzprogramme lahmgelegt.
Kinder suchen nach Hoffnung - und werden ausgebeutet
Viele Kinder müssen bereits im Alter von 10 Jahren arbeiten, und Mädchen werden schon im Alter von 12 Jahren zur Prostitution gezwungen.
Ohne einen sicheren Ort zum Lernen oder zum Spielen blieben werden zahlreiche Kinder aus den Flüchtlingslagern entführt. Verzweifelte Jugendliche werden auch Opfer von Menschenhändlern, denn sie versprechen, was die Minderjährigen verloren hatten: Hoffnung.
Die Jugendlichen sagen, sie wären aus Bangladesch weggegangen, wenn sie eine Fluchtmöglichkeit gehabt hätten. Aber sie wissen nicht wohin, denn nach Myanmar zurück können sie nicht, dort sind weiter die Militärs an der Macht.
Kinder im Fadenkreuz
Das Leben der 600.000 Kinder, die in diesen überfüllten Lagern gefangen sind, war schon immer gefährlich. Doch Donald Trumps Entscheidung vom Januar, die Hilfe für internationale Entwicklung (USAID) einzustellen, hat die Lage noch schlimmer gemacht.
Laut UNICEF haben die Fälle von Kinderrechtsverletzungen in Lagern in diesem Jahr dramatisch zugenommen. Von Januar bis Mitte November 2025 gab es 560 Entführungen, das sind vier Mal mehr verschleppte Kinder als im Vorjahr.
Laut dem Bericht wurden zudem 817 Kindern von bewaffneten Gruppen rekrutiert.
Viele dieser Gruppen kämpfen gegen eine mächtige ethnische Miliz auf der anderen Seite der Grenze zu Myanmar. Laut UNICEF ist die tatsächliche Zahl aufgrund fehlender Nachweise wahrscheinlich viel höher. Die UN-Kinderhilfsorganisation hat aufgrund der Einstellung der US-Gelder 27 Prozent ihres Budgets verloren und fast 2.800 Schulen geschlossen.
Patrick Halton, Child Protection Manager von UNICEF, sagt: "Bewaffnete Gruppen mit myanmarischen Wurzeln sind in den Lagern aktiv und nutzen die Camps als fruchtbaren Boden für die Rekrutierung junger Menschen. Wenn Kinder nicht in Bildungs- oder Mehrzweckzentren sind, sind sie natürlich anfälliger".
Die Zahl der bestätigten Fälle von zwangsverheirateten Kindern stieg im September gegenüber dem Vorjahr um 21 Prozent und die Zahl der Fälle von Kinderarbeit um 17 Prozent - eine Statistik, die laut Halton die traurige Realität nur mangelhaft abbildet.
"Durch die Kürzung der Finanzierung haben wir die Bildung drastisch reduziert“, sagt Halton. "Die Kinder hatten weder Unterhaltung noch Bildung, und wir beobachten eine Zunahme von Kinderehen und Kinderarbeit".
In den Lagern in Bangladesch haben die USA, die seit Jahren der größte Spender für die Rohingya sind, ihre Hilfe im Vergleich zum Vorjahr fast halbiert. Hilfsorganisationen gehen davon aus, dass sich die Situation im nächsten Jahr wahrscheinlich noch verschlechtern wird.
Das US-Außenministerium teilte The Associated Press mit, dass Präsident Donald Trump den Rohingya seit Beginn seiner Präsidentschaft mehr als 168 Millionen US-Dollar zur Verfügung gestellt hat, obwohl Daten des Finanzüberwachungssystems der Vereinten Nationen die Zahl für 2025 auf 156 Millionen US-Dollar beziffern.
Nach Schulschließungen wurden Hunderte von minderjährigen Mädchen, manche sogar erst 14 Jahre alt, verheiratet, sagt Cho Cho Showkutara, Geschäftsführerin der „Rohingya Women's Association for Education and Development“. Ihr Kontaktnetzwerk berichtet auch von einem Anstieg der Entführungen und des Menschenhandels sowie von einem enormen Anstieg der Prostitution von Mädchen. Manche sind erst 12 Jahre alt.
UNICEF war zwar in der Lage, einen Teil der verbleibenden Mittel zu reorganisieren und die einige Schulen wieder zu öffnen, doch Dutzende andere, die von verschiedenen Einrichtungen verwaltet werden, sind weiterhin geschlossen. Tausende Kinder haben keinen Unterricht mehr.
Hilfsorganisationen erwarten im nächsten Jahr noch drastischere Kürzungen. Save the Children hat nur ein Drittel der für 2026 vorgesehenen Finanzierung wichtiger Dienste erreicht, was bedeutet, dass 20.000 Kinder kaum noch die Möglichkeit haben, etwas zu lernen.
"Für immer verloren"
Laut Showkutara sind Kinder, die von der ersten Welle der Schließung der Schulen betroffen sind, "für immer verloren". Denn einige, wie Hasina, wurden zwangsverheiratet oder verschleppt und können nicht in den Unterricht zurückkehren, selbst wenn die Schulen wieder öffnen.
Jungen geht es auch nicht immer wirklich besser. Es gibt hungrige Essensverkäufer und viele suchen im Müll nach etwas, das sie verkaufen können.
Gesundheits-, Ernährungs- und Hygienedienste wurden gekürzt. In den Lagern gibt es Krätze und andere Krankheiten, die sich auf den mageren Körpern der Kindern zeigen: viele haben offene Wunden, Säuglinge und kleine Kinder kratzen sich ohne Unterlass am Kopf.