Verkörperte Lebenslust von Bryn Terfel: "Falstaff" in Covent Garden

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Bryn Terfel in seiner Paraderolle
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Von Andrea Büring
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Der Kanadier Robert Carsen inszeniert Verdis visionäres Spätwerk in London.

Shakespeare erschuf die Figur, Verdi machte sie unsterblich: "Falstaff". Die komische Oper über einen Bonvivant kehrt zurück auf die Bühne des Londoner Royal Opera House in der Inszenierung des Kanadiers Robert Carsen. Sie feierte 2012 Premiere, 2015 wurde sie überarbeitet.

"Das ist eine legendäre Rolle," schwärmt Carsen. "Für mich ist 'Falstaff' wie ein in die Jahre gekommener Don Giovanni. Er symbolisiert alles, was mit den Freuden des Lebens einhergeht. 'Carpe diem' ist ihm wie auf den Leib geschrieben - genieße den Tag."

​Eine Lebenslust, die Bassbariton Bryn Terfel als bekennender Genussmensch gekonnt verkörpert. "Es macht soviel Spaß, ihn zu spielen," sagt er noch heute, obwohl "Falstaff" seit 1999 zu seinem Standard-Repertoire gehört.

​Wer zuletzt lacht

In der Oper geht es um den gleichnamigen "fetten" Ritter und Lebemann. Der Aristokrat hat schon bessere Zeiten erlebt, er ist pleite. Um seine Rechnungen zu bezahlen, versucht er zwei Frauen zu verführen, um an das Geld ihrer Ehemänner zu kommen. Diese rächen sich, Falstaff wird im hohen Bogen in die Themse geworfen. Ganz Windsor lacht über ihn. Doch am Ende dreht er den Spieß um.

Eine Inszenierung, die durch den Magen geht. "Die Musik ist sehr fröhlich und festlich, denn Falstaff zelebriert die Freuden des Fleisches," sagt der Regisseur. "Er liebt Wein und Völlerei, deshalb wird bei uns in jeder Szene gegessen und getrunken. Und am Ende sieht es so aus, als ob Falstaff selbst gegessen wird."

​Exzesse, die sich bemerkbar machen: Terfel muss vor jeder Vorführung an Statur dazugewinnen. "Der dicke Bauch, die Schminke, die Perücken, die Bärte und alles andere... Ich hab an diesen Abenden schwer zu tragen," erklärt der Bassbariton. "Auf der Bühne ist es wie in einem Ofen oder einer Sauna. Ich verliere manchmal 5 Kilo, um diese ganze Pracht zur Schau zustellen."

​Mehr ist mehr

Diese Ode an Prunk und Völlerei ist Verdis letztes Meisterwerk überhaupt. Der fast 80-Jährige schrieb sie kurz vor seinem Tod gegen Ende des 19. Jahrhunderts.​

"In seiner Schaffenskraft war er für mich immer sehr modern, allerdings eher wie ein Rodin, der seine Arbeit modelliert, immer wieder ansetzt, etwas anderes anpackt und sie formt," beschreibt Carsen. "In seinem Ansatz ist er eher etwas grob - außer bei Falstaff, wo er alles verfeinert. Es ist ein außergewöhnliches Werk. Vielleicht, weil er wusste, es ist sein letztes Stück."

​Herausragend ist die Schlussfuge 'Tutto nel mondo è burla'. Eine Aufforderung, das Leben von der leichten Seite zu nehmen.

"Wer sonst hat eine Oper mit einer Fuge beendet? Das ist einer der musikalischen Höhepunkte des Stückes," sagt Terfel. "Einfach unglaublich, bedenkt man, dass das Finale von so einem alten Mann stammt, der von Rossini herausgefordert wurde mit den Worten 'Du wirst niemals eine komische Oper schreiben!' - und was für eine komische Oper er geschrieben hat!"

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