State of the Union: Was Trumps diplomatischer Vandalismus für Biden bedeutet

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Von Stefan Grobe
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Zum zweiten Mal wurde Donald Trump wegen Amtsvergehens angeklagt. Sein Verhalten löste auch in Europa heftige Reaktionen aus. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn nannte Trump einen “Kriminellen”, der "vor Gericht gehört".

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Nach dem alptraumhaften 2020 sollte das neue Jahr eigentlich Ruhe und Stabilität bringen. Etwa tadellose Impfkampagnen or das Ende der Lockdowns. Tja, sollte...

In Italien löste ein kleiner Koalitionspartner eine Regierungskrise aus - wegen eines Streits darum. wie die 200 Millliarden Euro Coronavirushilfen ausgegeben werden sollen.

Matteo Renzi, ein sozialdemokratischer Ex-Ministerpräsident, warf Regierungschef Giuseppe Conte vor, einsame Entscheidungen zu treffen. Renzi zog seine Minister aus dem Kabinett ab und kritisierte Conte, das Land mit undemokratischen Erlassen zu regieren.

A propos Regierungskrise. In den USA haben die politischen Tumulte nach dem gewaltsamen Angriff auf das Kapitol einen neuen Höhepunkt erreicht. Donald Trump hat nun die zweifelhafte Ehre erworben, als erster US-Präsident überhaupt zwei Mal wegen Amtsvergehens angeklagt worden zu sein. Eine parteiübergreifende Mehrheit im Repräsentantenhaus sah Trump für schuldig an, zu dem gewaltsamen Aufruhr aufgerufen zu haben – nur Tage bevor er aus dem Amt scheidet.

Trumps Verhalten löste auch in Europa heftige Reaktionen aus. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn nannte Trump einen “Kriminellen”, der "vor Gericht gehört". Nachdem ihm das Ausmaß der europäischen Empörung klar wurde, sagte US-Außenminister Mike Pompeo einen geplanten Besuch Belgiens und Luxemburgs in letzter Minute ab.

Pompeo war stets einer der engsten Verbündeten Trumps in Washington. Und er ist weiterhin entschlossen, Trump's “America First”-Politik bis zum letzten Moment auszuführen – selbst wenn das bedeutet, außenpolitische Landminen für die künftige Biden-Regierung zu legen.

Dazu auch das folgende Interview mit Ishaan Tharoor, außenpolitischer Kolumnist bei der Washington Post.

Euronews: In einer normalen Welt würde eine scheidende US-Regierung in ihren letzten Tagen keine nennenswerte außenpolitische Aktivität mehr zeigen. Nicht so Trump and Pompeo. In einem Leitartikel haben Sie ihnen vorgeworfen, “diplomatischen Vandalismus“ zu betreiben. Was geht da vor?

Tharoor: Pompeos State Department hat zuletzt eine hektische Aktivität gezeigt und wichtige Schritte unternommen. Die Hutis im Jemen wurde zur terroristischen Vereinigung erklärt; Kuba wurde auf die Liste der Länder mit Staatsterrorismus gesetzt; dann wurden provozierende Erklärungen zu Taiwan abgegeben und so weiter. Damit wird bezweckt, es der künftigen Biden-Regierung so schwer wie möglich zu machen und sie zu Manövern zu zwingen, wenn sie ihre eigene Außenpolitik formuliert.

Euronews: Aber bringt das irgendetwas? Kann Joe Biden das nicht sofort abstellen?

Tharoor: Nein, Biden kann einige dieser Schritte nicht sofort zurückdrehen. Diese politischen Klassifizierungen können wieder rückgängig gemacht werden, aber nur mit Hilfe bürokratischer Verfahren, die ihre Zeit brauchen.

Und im Falle der Hutis im Jemen erschwert das die Arbeit humanitärer Organisationen, die in einem Land, das an Hunger und Krankheit leidet, Hilfe leisten.

Bei den anderen Themen muss Biden politisches Kapital in Washington ausgeben, um Entscheidungen wieder rückgängig zu machen.

Euronews: Die meisten europäischen Regierungen sind über die Amtsübernahme Bidens erleichtert. Gibt es aber ein bleibendes außenpolitisches Erbe Trumps?

Tharoor: Eine gute Frage, denn Trumps Außenpolitik ist so wahllos und Unruhe stiftend gewesen und war oftmals ohne wirkliche Strategie. Etwa die angezettelten Handelskriege oder seine wütenden Aussagen auf Twitter. Es war immer schwer zu erkennen, was eigentlich damit bezweckt werden sollte.

Biden hat eine grundlegende Erneuerung von Amerikas Führungsrolle auf der Weltbühne versprochen. Doch die Ereignisse der vergangenen Wochen und die Tatsache, dass Trump weiterhin die Unterstützung so vieler republikanischer Poltiker hat und dass Millionen von Amerikanern seine offensichtliche Zerstörung demokratischer Normen gutheißen, ist ein guter Grund für europäische Politiker, der künftigen amerikanischen Politik nur zögernd zu vertrauen.

Euronews: Was ist denn Biden erste außenpolitische Priorität?

Tharoos: Ich denke sein größtes Projekt wird die Klimapolitik sein. In den letzten fünf Jahre mit Trumps Wahlkampf und der Zeit im Weißen Haus haben die USA ihre Führung in der internationalen Klimapolitik völlig aufgegeben.

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Und da dies aber ein Thema ist, dass Biden sehr am Herzen liegt, dürfte er die Klima-Bewegung schlagartig wieder zum Leben bringen und die USA wieder eine zentrale Rolle spielen lassen.

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