Hochrangige EU-Vertreter, darunter auch Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, gehen auf Sondierungsreise, um die Handelsbeziehungen mit Vietnam fünf Jahre nach der Unterzeichnung eines Freihandelsabkommens mit dem südostasiatischen Land zu intensivieren.
Ursula von der Leyen wird in den kommenden Monaten nach Vietnam reisen, wie die Sprecherin der Kommissionspräsidentin bestätigt hat. Die Exekutive ist bestrebt, die Handelsbeziehungen mit Drittländern vor dem Hintergrund einer angespannten geopolitischen Lage zu festigen.
"Es gibt Pläne, Vietnam zu besuchen, insbesondere um die wirtschaftlichen Beziehungen zu stärken", sagte die Sprecherin der EU-Kommission, Paula Pinho, und fügte hinzu, dass noch kein Datum für die Reise festgelegt worden sei.
Handelskommissar Maroš Šefčovič und der für internationale Partnerschaften zuständige Kommissar Jozef Síkela werden laut Eurocham, der europäischen Handelskammer in Vietnam, im April nach Vietnam reisen, um den 35. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen und fünf Jahre des Bestehens eines Freihandelsabkommens mit Vietnam zu feiern.
Die EU will sich bemühen, ihre Handelspartnerschaft mit dem größten Handelspartner der EU im Verband Südostasiatischer Nationen (ASEAN) weiter zu vertiefen.
Im Jahr 2024 belief sich das Handelsvolumen zwischen der EU und Vietnam auf insgesamt 68 Milliarden Euro.
Der strategische Reichtum des Landes an Bodenschätzen wird auch ein Anziehungspunkt für die EU sein, die bereits mit Argentinien, Australien, Chile, Ruanda, der Ukraine und Usbekistan Abkommen über kritische Mineralien geschlossen hat, um ihre Abhängigkeit von China auf diplomatischem und politischem Wege zu verringern.
Nach Angaben des United States Geological Survey (USGS) war Vietnam im Jahr 2022 der zweitgrößte Wolframproduzent der Welt. Wolfram wird u.a. in der Luftfahrt-, Automobil-, Sport- und Telekommunikationstechnik genutzt. Das Land verfügt auch über bedeutende Vorkommen an Seltenen Erden (hier steht es weltweit an sechster Stelle), die für die Herstellung von Elektrofahrzeugen, Windturbinen und Solarpanels unerlässlich sind.
"Vietnam ist daran interessiert, Mineralien zu exportieren, wobei die inländische Veredelung zur Steigerung des Mehrwerts vor dem Export weiterhin Vorrang hat", erklärte der stellvertretende Vorsitzende der EU-Handelskammer in Vietnam (Eurocham Vietnam) Jean-Jacques Bouflet gegenüber Euronews.
Die Ausbeutung bestimmter Mineralien wie Lithium könnte Gegenstand einer Zusammenarbeit mit Europa sein.
In den letzten Monaten hat die EU Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Ländern - Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay - sowie der Schweiz und Mexiko geschlossen und die Handelsverhandlungen mit Indien wieder aufgenommen.
EU ist bereits ein wesentlicher Investor in Vietnam
Vietnam seinerseits könnte an europäischen Waffen interessiert sein, da es seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine seine Abhängigkeit von russischen Lieferungen verringert hat.
Die EU ist einer der größten ausländischen Investoren in Vietnam. Sie exportiert hauptsächlich Hightech-Produkte, Flugzeuge, Fahrzeuge und pharmazeutische Produkte und importiert Elektronik, Schuhe, Textilien, Kleidung, Kaffee und Reis.
Das 2019 unterzeichnete Handelsabkommen ist 2020 in Kraft getreten, aber das ebenfalls 2019 unterzeichnete Investitionsschutzabkommen ist noch nicht von neun EU-Mitgliedstaaten ratifiziert worden.
"Viele europäische Unternehmen wollen sich in Vietnam ansiedeln, um von den äußerst wettbewerbsfähigen Arbeitskräften zu profitieren", fügte Bouflet hinzu. Das Investitionsabkommen würde es europäischen Unternehmen ermöglichen, gleichberechtigt mit einheimischen Unternehmen im Land zu investieren.