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Italien: Mehr Intimitätsräume in Gefängnissen?

Blick in die Zellen des Gefängnisses La Santé in Paris, Freitag, 21. November 2014, während eines Pressebesuchs zu Beginn eines vierjährigen Renovierungsprojekts. (AP Foto/F
Blick in die Zellen des Gefängnisses La Santé in Paris, Freitag, 21. November 2014, während eines Pressebesuchs zu Beginn eines vierjährigen Renovierungsprojekts. (AP Foto/F Copyright  Copyright 2025 The Associated Press. All rights reserved.
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Von Euronews
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Italien will mehr sogenannte Intimitätsräume in Gefängnissen einrichten, in denen sich Häftlinge unbeaufsichtigt mit ihren Partnern treffen können. Doch daran gibt es auch Kritik.

Italien will die Zahl der sogenannten Intimitätsräume in den Gefängnissen erhöhen. Das bestätigte Justizminister Carlo Nordio in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage.

Intimitätsräume, oder auch Langzeitbesuchzimmer, sind Räume, in denen sich Gefangene unbeaufsichtigt mit ihren Partnern treffen können. Solche Räumlichkeiten gibt es bereits in Gefängnissen in mehreren europäischen Ländern wie Österreich, Dänemark, der Schweiz, Frankreich und Deutschland.

Das italienische Justizministerium teilte mit es arbeite an Leitlinien zur Umsetzung des Rechts auf Intimität in italienischen Gefängnissen. Von den 189 italienischen Gefängnissen würden 32 die räumlichen Voraussetzungen bieten, um Intimitätsräume einzurichten, 157 hingegen nicht.

In Italien gibt es mindestens fünf Intimitätsräume

Nach Angaben des Vereins Antigone, einer gemeinnützigen Organisation, die sich für die Rechte von Häftlingen einsetzt, gibt es in Italien bereits mindestens fünf Intimitätsräume.

Die ersten Räume wurden im April in Terni und Parma eröffnet. In den folgenden Monaten wurden auch in Padua und Trani Räume eingerichtet. Ab November wird auch in Turin ein Raum erbaut.

Es handelt sich um Zimmer mit einem Bett, einem Bad, einer Dusche und einem Fernseher. Im Falle des Gefängnisses von Terni waren es die Insassen selbst, die einen Raum für intime Begegnungen renoviert und mit einem Wandgemälde mit Herzen und Schwänen versehen haben.

Im April vergangenen Jahres fand dort der erste Besuch statt, seit das Verfassungsgericht 2024 das Verbot solcher Treffen in italienischen Gefängnissen für unrechtmäßig erklärt hatte.

Welche Insassen dürfen Intitmitätsräume nutzen, und welche nicht?

Das Justizministerium kündigte an, dass künftig bestimmte Kriterien festgelegt werden, die die Nutzung von Intimitätsräumen regeln sollen.

So sollen Häftlinge Vorrang haben, die keinen Freigang erhalten oder lange Haftstrafen verbüßen. Gefangene, die unter das strenge 41-bis-Regime fallen – etwa wegen Mafia- oder Terrorverbrechen – bleiben ausgeschlossen.

Auch Häftlinge, die unter "besonderer Überwachung" stehen, weil sie als gefährlich für die Beamten und andere Häftlinge gelten, sind ausgeschlossen.

Zudem sind intime Begegnungen dem "Ehepartner, dem Partner einer eingetragenen Lebensgemeinschaft oder der Person, die dauerhaft mit ihm zusammenlebt", vorbehalten. Das gibt eine Leitlinie des Departments of Prison Administration (Dap) vor.

Schätzungen zufolge hätten mehr als 16.000 Insassen das Recht darauf Treffen in Intimitätsräumen in Anspruch zu nehmen. Die bisher verfügbaren Räume reichen allerdings nicht aus.

Kritik an Intimitätsräumen

Der Wunsch der Gefangenen nach Langzeitbesucherzimmern ist groß. Doch es gibt auch Kritik an solchen Räumlichkeiten.

Die Gefangenenbeauftragte der Region Piemont, Monica Formaiano, warnte, die Intimräume könnten die Arbeit des Gefängnispersonals zusätzlich belasten. Stattdessen sollte man, so ihre Empfehlung, verstärkt auf Prämiengenehmigungen für Gefangene setzen.

Auch die Gewerkschaft der Strafvollzugspolizei (Osapp) kritisierte die Einrichtung eines Intimitätsraums in Turin. Die Betreuung solcher Räume bedeute eine zusätzliche Arbeitsbelastung für die Beamten, die sich durch Prämienurlaube vermeiden ließe.

Die Nutzung von Intimräumen ist in Europa eine gängige Praxis

Die Nutzung von Räumen für intime Besuche von Gefangenen ist in anderen europäischen Ländern bereits gängige Praxis. Gemeinsame EU-Vorschriften dazu gibt es allerdings nicht.

In Deutschland gibt es kleine Besuchsräume für Langzeitbesuche, die etwa drei Stunden dauern und für Gefangene bestimmt sind, die zu langen Haftstrafen verurteilt wurden. Diese Räume dienen dazu, die Familien der Gefangenen zu stabilisieren. Die Praxis der Intimräume geriet in dem Land in die Kritik, nachdem ein Häftling 2010 seine Begleiterin während eines Besuchs getötet hatte.

In den Niederlanden sind Besuche einmal im Monat erlaubt, in Frankreichim Gefängnis Le Havre hingegen einmal im Jahr. Französischen Gefangenen werden kleine Wohnungen zur Verfügung gestellt, die manchmal außerhalb der Hafträume liegen. Das Gleiche gilt für das Gefängnis La Stampa in der Schweiz, wo intime Besuche in einem Außengebäude stattfinden.

Das kroatische Frauengefängnis Požega verfügt über vier Räume, die für intime Besuche von weiblichen Gefangenen mit ihren Partnern vorgesehen sind. Im Gegensatz dazu sind in Slowenien die Intimitätsräume nur für Männer reserviert.

In fast allen Ländern ist gutes Verhalten im Gefängnis eine Voraussetzung für den Zugang zu Intimitätsräumen.

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