Tuberkulose: Eine Hoffnungsspritze

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Vigo, Nordspanien. Ein Krankenhaus, in dem eine alte, vergessene Krankheit auch heute noch das Leben vieler Menschen zur Hölle macht.

Alfredo Cabaleiro Besada: “Nach meiner Tuberkulose-Diagnose hatte ich zwei Möglichkeiten: Ich hätte entweder sehr lange in einem Klinikzimmer bleiben können, dort hätte mich niemand ohne Mundschutz besuchen dürfen. Die andere Möglichkeit war, zu Hause zu bleiben und jeden Tag zur Behandlung ins Krankenhaus zu kommen. Ich bekam eine Spritze und 22 Tabletten, die ich in Gegenwart einer Krankenschwester einnehmen musste. Ich habe mich für diese Option entschieden. Immer wenn ich rausging, in die Bäckerei oder woanders hin, musste ich einen Mundschutz tragen.”

Nach zwei schwierigen Jahren hat sich Alfredo von der Krankheit erholt. Jedes Jahr endet sie für 1,5 Millionen Menschen tödlich. In Europa werden jährlich etwa 100.000 Neuerkrankungen diagnostiziert.

Pneumologe Rafael Vazquez erklärt den Verlauf der Krankheit: “Bei Tuberkulose entstehen langsam kleine Löcher in der Lunge. Sie sieht dann so ähnlich aus wie Löcherkäse. Sobald das Tuberkulosebakterium die Lungen befällt, kann es über die Blutbahn auch in andere Organe gelangen und diese ebenfalls angreifen. Gehirn, Knochen, jedes Organ, das mit Blut versorgt wird.”

In diesem biopharmazeutischen Labor findet ein Tuberkulose-Forschungsprojekt der Europäischen Union statt. Wissenschaftler suchen nach Lösungen für die komplexen und oft dramatischen Herausforderungen, vor die sie die Krankheit stellt.
Ein anstrengendes und langfristiges Unterfangen.

Mikrobiologe Carlos Martín von der Universität Saragossa hofft, dass die Krankheit irgendwann ausgerottet wird: “Als ich Medizinstudent war, in den frühen Achtzigern, hat die Weltgesundheitsorganisation vorhergesagt, dass Tuberkulose bis zum Jahr 2000 besiegt sein wird. Heute schätzen Experten, dass die Erkrankung erst im Jahr 2050 ausgerottet wird. Das ist aber nur möglich, wenn wir Früherkennungstests und bessere Medikamente gegen die superresistenten Bakterienstämme bekommen. Außerdem brauchen wir eine Impfung.”

Das erste Ergebnis des EU-Projekts ist ein neuer Impfstoffkandidat. Es gibt bereits seit 100 Jahren eine Tuberkuloseimpfung, sie ist aber nicht sehr wirksam. Bei dem neuen Kandidaten handelt es sich um einen Lebendimpfstoff, der aus einer stark abgeschwächten Version des Tuberkulosebakteriums besteht. Dieser Impfstoff könnte die Tuberkulosevorbeugung sicherer und effektiver machen. Seine Herstellung ist für die Wissenschaftler aber eine große Herausforderung.

María Eugenia Puentes, Pharmakologin: “Die Kultivierung von lebenden Mikrobakterien im industriellen Maßstab ist komplex. Die Mikroorganismen wachsen extrem langsam. Wir müssen ein bis zwei Monate warten, ehe wir mit den Bakterien arbeiten können. Wir haben über einen Lebendimpfstoff gesprochen. Damit er wirksam ist, müssen wir die Lebensfähigkeit und Stabilität der Bakterien während des gesamten Herstellungsprozesses garantieren.”

Lausanne, Schweiz. Etwa 1.300 Kilometer vom spanischen Vigo entfernt wird der Impfstoffkandidat im Rahmen einer klinischen Studien an Freiwilligen getestet. In der ersten Phase versuchen Ärzte und Wissenschaftler zu bewerten, wie sicher der potenzielle Impfstoff ist. Sie bekommen aber auch einen ersten Eindruck von seiner Wirksamkeit.

Immunologe François Spertini ist optimistisch: “Es wäre gut, wenn wir schon in dieser Phase der klinischen Studie die schützenden Moleküle im Körper der Freiwilligen nachweisen könnten. Das würde bedeuten, dass Personen, die diese Moleküle in sich tragen, besser vor Tuberkulose geschützt sind als andere. Das wollen wir überprüfen.”

Sofern es der Impfstoff erfolgreich durch drei klinische Studien schafft, könnte er industriell hergestellt werden. Wissenschaftler schätzen aber, dass es frühestens in zehn Jahren so weit ist.

Weiterführende Links:
www.tbvi.eu/projects/newtbvac

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