Bience Gawanas: "Frauen haben die Kanonen geschleppt"

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Von Euronews
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Bience Gawanas gilt als eine der einflussreichsten Frauen Afrikas. Sie ist Sozialbeauftragte der Afrikanischen Kommission für Menschenrechte, die Teil der Afrikanischen Union (AU) ist. 1956 im Apartheids-Namibia geboren, verbrachte Gawanas mehrere Jahre im Exil in Sambia und Kuba.

Euronews traf die Juristin während des 17. Gipfels der Afrikanischen Union in Äquatorialguinea.

Euronews: Frau Gawanas, meine erste Frage ist ganz einfach: Wie geeint ist Afrika?

Bience Gawanas: Ich habe für die Befreiung Namibias gekämpft. Und die Organisation für Afrikanische Einheit, der Vorgänger der Afrikanischen Union also, hat sehr für die Befreiung Afrikas und für die Befreiung Namibias gekämpft. Ich bin also ein Mitglied der Afrikanischen Union, das von dieser Unterstützung profitiert hat. Es war sehr schwer, im Exil zu leben oder als Flüchtling in Flüchtlingscamps. Aber heute sitze ich hier als Kommissarin für Sozialfragen, ich komme aus einem unabhängigen Namibia. Daher ist die Einheit Afrikas für mich sehr wichtig. Sie ist wichtig für die Entwicklung unseres Kontinents, für den Frieden und den Wohlstand auf unserem Kontinent. Das ist genauso wichtig für mich, wie damals, als wir gegen die Kolonialherrschaft in Afrika kämpften. Einheit ist zweifellos eines der wichtigsten Ziele der Afrikanischen Union. Aber wir haben hier mit 53 Ländern zu tun, 53 Ländern, die ein unterschiedliches Entwicklungstempo haben. Wir haben es hier mit so vielen Unterschieden zu tun, etwa bei den Ethnien, den Sprachen und so weiter…aber ich will zuversichtlich bleiben.

Euronews: Wird die Zukunft Afrikas von Frauen bestimmt?

Bience Gawanas: Zunächst einmal empfinde ich es als Privileg, als eine der ersten Frauen in der Kommission zu arbeiten. Die Afrikanische Kommission ist die erste internationale Organisation in der Welt, in der als Kommissionsmitglieder fünf Männer und fünf Frauen sitzen. Ich hoffe auch, dass Frauen dadurch, dass wir in dieser Position sind, sehen, wie sich die Organisation verändert, und wie sich hoffentlich auch unser Kontinent verändert. Ich hatte in meinem Leben zum Glück die Gelegenheit mitzuerleben, wie mit Ellen Johnson-Sirleaf in Liberia eine Frau Präsident in Afrika wurde. Das war zuvor nur ein sehr schwacher Traum. Ich dachte, so etwas würde ich nie erleben. Und deshalb denke ich, je mehr Frauen sich in der Afrikanischen Union einbringen, desto mehr werden unsere Regierungen Frauen in ganz verschiedenen Bereichen beschäftigen und einsetzen. Wir werden ganz sicher Bewegung in dieser Richtung sehen. Man sagt ja, dass Frauen weniger Konflikte schaffen aber unter den Folgen von Konflikten leiden. Daher ist es wichtig, dass Frauen dabei sind, wenn wir über Frieden sprechen. In ganz Afrika haben sich Frauen bereits zusammengetan. Sie arbeiten zusammen in der Frauenbewegung, Frauen betreiben grenzübergreifenden Handel. Die Einheit auf dem Kontinent wächst also, und wenn wir auf diese Stärke der Frauen bauen, dann können wir sich einen bedeutenden Beitrag leisten.

Euronews: Aber es sind immer noch die Männer, die hier die Macht haben.

Bience Gawanas: Die afrikanischen Männer werden verstehen müssen, dass wir gleich sind. Ich benutze als Beispiel immer die Geschichte dieses Kontinents, wir sollten nicht vergessen, dass bei den Befreiungskämpfen die Frauen dabei waren. Sie lagen in den Schützengräben, sie schleppten die Kanonen und sie verdienen ein besseres Leben in einem unabhängigen Afrika. Der Standard, an dem wir Gleichheit messen, ist kein männlicher Standard. Ich will kein Mann werden, ich liebe es, eine Frau zu sein und ich will als Frau geliebt und respektiert werden.

Euronews: Was schlagen Sie konkret vor?

Bience Gawanas: Ich will, dass wir zeigen, dass die afrikanischen Frauen ebenfalls sehr stark sind. Nicht stark als Redner oder in ihren öffentlichen Auftritten, sondern sie sind stark im Hintergrund, stark in ihren Städten, Dörfern, ihren Gemeinden, dort ändern sie etwas. Ich wünschte, ich könnte einfach mit einem Zauberstab über Afrika gehen und sagen: Bitte erkennt, dass Frauen auf unsere Kontinent wirklich etwas verändern können. Ich weiß nicht, ob das noch zu meinen Lebzeiten passieren wird.

Euronews: Was treibt Sie an, so leidenschaftlich für Ihre Sache zu kämpfen?

Bience Gawanas: Wenn ich eine Pessimistin wäre, wäre ich nicht da, wo ich heute bin. Ich komme aus einem Land namens Namibia. Ich wuchs während der Apartheid auf. Wenn ich in der Schule lernen wollte sagte man mir, ich sei als Schwarze nicht so intelligent wie die weißen Kinder. Ich würde auch niemals Jura studieren können. Da war ich 18. Heute bin ich Anwältin. Meine Hautfarbe und mein Geschlecht haben nun wirklich nichts mit meiner Intelligenz zu tun.

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