Spanien: Wahlkampfthema Verfassung

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Es war ein passender Zufall. Am 6. Dezember, also mitten im Wahlkampf, feierte die spanische Verfassung ihren 37. Geburtstag. Gesprächsthema ist sie

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Es war ein passender Zufall. Am 6. Dezember, also mitten im Wahlkampf, feierte die spanische Verfassung ihren 37. Geburtstag. Gesprächsthema ist sie ohnehin, denn die Verfassung ist umstritten und ein heiß diskutiertes Thema im Vorfeld der Parlamentswahlen am 20. Dezember. Vor allem angesichts der Unabhängigkeitsbestrebungen Kataloniens steht die Verfassung im Fokus – offen wird über Reformen gesprochen.

euronews-Reporter Paco Fuentes befragte dazu Antonio Arroyo Gil. Er ist Professor an der Fakultät für öffentliches Recht und Rechtsphilosophie der Universidad Autónoma de Madrid und ein Experte auf dem Gebiet des Verfassungsrechts. Wie kommentiert Arroyo Gil die Meinung, die spanische Verfassung von 1978 sei heute nicht mehr zeitgemäß?

“Ich glaube nicht, dass die Verfassung veraltet ist”, sagt er. “Es handelt sich um einen relativ modernen Text, der für die damalige Zeit sehr fortschrittlich war. Bezüglich des Schutzes der Rechte ist die Verfassung verglichen mit anderen sehr progressiv. Aber es stimmt, dass man 1978 nicht die Fragen beantworten konnte, die sich heute als problematisch erweisen – insbesondere territoriale Fragen”, erläutert Arroyo Gil.

Die katalanische Frage verdeutlicht die Grenzen und Beschränkungen der spanischen Dezentralisierung, die den autonomen Regionen des Landes vergleichsweise große Kompetenzen einräumt.

Arroyo Gil: “Es muss eine umfassende öffentliche Debatte darüber eingeleitet werden, denn es gibt eine territoriale Krise. Aber nicht nur, um eine Antwort auf die katalanische Frage zu geben. Einige Aspekte sind in der Verfassung nicht gut geregelt: zum Beispiel die Organisation der öffentlichen Gewalten, die Kompetenzverteilung zwischen Staat und autonomen Gebieten sowie die Finanzierung. Es müssten grundlegende Prinzipien der interterritorialen Solidarität und einer gemeinsamen finanziellen Verantwortung festgelegt werden.”

Nach der Abdankung von König Juan Carlos zugunsten seines Sohnes Felipe hat die spanische Monarchie an Popularität zurückgewonnen. Wie ist die Zurückhaltung des Königs in der Verfassungsdiskussion zu deuten?

“Er hat sich nicht zur möglichen Abspaltung von Landesteilen geäußert und sollte es meiner Ansicht nach auch nicht tun”, meint Arroyo Gil. “Laut Verfassung ist er ein Symbol der Einheit des Staates und dementsprechend muss er seinen Einfluss so zurückhaltend ausüben, wie er es tut. Er hat Mitteilungen herausgegeben, um die Haltung der Institution, die er vertritt, zu verdeutlichen – und diese Haltung kann keine andere sein, als die Einheit des Staates zu verteidigen.”

#Titulares#Internacionales Rey Felipe VI ratificó que la Constitución prevalecerá en España pic.twitter.com/Frt0qCYLmC

— FM Center Es Noticia (@FMCenterNoticia) November 12, 2015

Vor welchen Herausforderungen steht also die künftige spanische Regierung in Bezug auf Verfassungsfragen?

Arroyo Gil: “Ich finde, dass der künftige Ministerpräsident einräumen müsste, dass ein gravierendes territoriales Problem besteht. Er sollte es nicht verstecken, sondern diesen politischen Prozess anführen. Er sollte alle politischen Kräfte an einem Tisch versammeln, um zu sehen, ob es einen Konsens für die Umsetzung der Verfassungsreform gibt. Und er sollte eine deutliche Botschaft an die katalanischen Bürger schicken, die der Meinung sind, dass der Staat und vor allem die Regierung die missliche Lage, die dort herrscht, nicht anerkannt haben.”

“Die Verfassungsreform gehört zu den großen Themen, die die spanische Demokratie nicht in Angriff genommen hat. Eine Reform, die die neugewählten Abgeordneten, werden genehmigen müssen”, kommentiert euronews-Reporter Paco Fuentes.

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