Spanien vor der Wahl: Zwei Parteien mischen die Politik auf

Spanien vor der Wahl: Zwei Parteien mischen die Politik auf
Copyright 
Von Euronews
Diesen Artikel teilenKommentare
Diesen Artikel teilenClose Button
Den Link zum Einbetten des Videos kopierenCopy to clipboardCopied

Wie sich die 350 Sitze im spanischen Parlament nach der Wahl am Sonntag verteilen werden? Dieses Mal ist es besonders schwer vorherzusagen

WERBUNG

Wie sich die 350 Sitze im spanischen Parlament nach der Wahl am Sonntag verteilen werden? Dieses Mal ist es besonders schwer vorherzusagen, angesichts der großen Zahl an Unentschlossenen.

Der derzeitige Ministerpräsident Mariano Rajoy will auf jeden Fall im Amt bleiben. Sein Problem: Die Umfragen sagen für seine Volkspartei nur einen knappen Vorsprung voraus. Rajoy hat daher vorsorglich schon einmal eine Koalition ins Gespräch gebracht.

Doch welche Partei schwebt ihm da vor? Mit der Frage will sich Rajoy angeblich erst am Montag nach der Wahl beschäftigen. Nur ein Bündnis scheint er auszuschließen: Er denke nicht über eine große Koalition mit den Sozialisten nach, erklärte er. Deren Spitzenkandidat Pedro Sánchez hatte ihn im TV-Duell scharf wegen seiner Wirtschaftspolitik kritisiert.

Die Umfragen sehen die Sozialisten derzeit als zweitstärkste Kraft. Ihnen ist es bislang allerdings nicht gelungen, aus der Wut der Spanier über die Einschnitte im Sozialsystem Kapital zu ziehen. Auch die Korruptionsskandale bei der Volkspartei trieben ihr die Wähler bislang nicht in die Arme.

Der Grund: Die beiden Großen haben starke Konkurrenz bekommen. Die Krise hat u.a. eine neue konservative Partei hervorgebracht: Ciudadanos. Laut Umfragen derzeit auf Platz drei. Dieses Bündnis würde als Koalitionspartner schon besser zur Volkspartei passen. Doch dessen Chef, Albert Rivera, hat eine Koalition mit Konservativen und Sozialisten bereits ausgeschlossen. Schlechte Karten also für Rajoy.

Bliebe noch Podemos. Die neue Linke liegt in dem Umfragen an vierter Stelle und ist ebenfalls ein Produkt der Krise.Allerdings dürfte sie mit ihren Forderungen als Juniorpartner kaum in Frage kommen, u.a. will man den Mindestlohn und die Steuern für Reiche anheben sowie Zeitverträge eindämmen.

euronews

“Uns zugeschaltet ist der Analyst für Meinungsumfragen Lluís Orriols von der Universität Carlos III in Madrid. Herr Orriols, herzlich willkommen. Seit Monaten heißt es, die Parlamentswahlen werden das bisherige Zweiparteiensystem auf den Kopf stellen. Wird das durch die Umfragen bestätigt? Wer wird gewinnen?”

Lluís Orriols

“Ja, sie bestätigen es. Die jüngsten Umfragen sehen durchweg die Volkspartei in Führung. Wir wissen also fast sicher, dass die Volkspartei die Wahlen gewinnen wird. Aber erstmals in der Geschichte wird derjenige, der siegt, nicht automatisch auch regieren. Es könnte Alternativen geben.

euronews

“Welche der Koalitionen, die sich für nach der Wahl abzeichnen, halten sie für am erfolgsversprechensten?

Wäre es denkbar, dass sich die Oppositionsparteien vereinen und die stärkste Partei in die Opposition drängen?”

Lluís Orriols

“Am erfolgreichsten wäre ein Zusammengehen der Volkspartei mit Ciudadanos, dem neuen Bündnis von Albert Rivera. Eine Koalition aus zwei Parteien.

Wenn sie aber zusammen nicht die absolute Mehrheit holen, dann könnte es eine andere Regierung geben. Angeführt bei der zweitgrößten Partei im Parlament.

Deshalb ist es dieses Mal so wichtig und entscheidend, wer zweiter wird.

Denn es ist nicht sicher, dass die Sozialisten zweiter werden. Auch wenn die Umfragen das so vorhersagen.”

WERBUNG

euronews

“Die Wirtschaftskrise, Sparmaßnahmen, Arbeitslosigkeit, Korruption und Unabhängigkeitsbestrebungen: Es gibt einige Gründe, warum die Wahl das Parteiensystem erschüttern könnte. Aber warum kommt das alles jetzt?”

Lluís Orriols

“Tatsächlich ist das schon länger spürbar. Der Zusammenbruch des Zweiparteiensystems ist seit 2013 zu beobachten, aber erst bei den Europawahlen vor einem Jahr wurde das dann wirklich spürbar.

Dieser Prozess setzte sich dann in diesem Jahr fort. Wir hatten Kommunal- und Regionalwahlen und da sahen wir das Zweiparteiensystem kollabieren.

WERBUNG

Das kann nun wieder passieren oder auch nicht.

All die vorherigen Wahlen waren das Vorspiel für das, was wir bei den Parlamentswahlen erleben werden.

Seit gut einem Jahr können wir den Zusammenbruch des Zweiparteiensystems beobachten.”

euronews

“Ciudadanos und Podemos treten das erste Mal an und werden gleich zu den wichtigsten Parteien im Parlament gehören. Worin ähneln und worin unterscheiden sich die Wähler der beiden Parteien.”

WERBUNG

Lluís Orriols

“Schauen Sie, beide ähneln sich, denn sie kanalisieren den Ärger der Bürger, die Unzufriedenheit mit den Parteien und dem politischen System, von dem so viele enttäuscht sind. Darin sind sie sich gleich. Worin sie sich unterscheiden? Die eine Partei hat sich auf den linken Flügel spezialisiert. Podemos vereint die Wut der Linken. Ciudadanos macht das gleiche auf der rechten Seite. Sie haben beide ein klares ideologisches Profil, obwohl sie beide den Ärger der Bürger vereinen.”

euronews

“Am Montag gab es zwischen den Chefs der beiden wichtigsten Parteien eine der spannensten Debatten an die man sich erinnern kann Am Mittwoch schlug ein Jugendlicher dem Ministerpräsidenten ins Gesicht. Welche Auswirkung hat das auf das Wahlergebnis?

Lluís Orriols

WERBUNG

“Die Debatte wird in einem gewissen Umfang einen Einfluss haben. Man sollte diesen nicht überschätzen, aber er wird eine Rolle spielen.

Das Rededuell hat den Sozialisten geholfen, sich von der Volkspartei abzugrenzen und sie hat mit der Vorstellung Schluss gemacht, dass die großen Parteien sich nicht unterscheiden. Das ist das Bild, was Ciudadanos und Podemos im Wahlkampf vermittelt haben.

Also, die Debatte half den Sozialisten sich abzugrenzen.

Der Angriff auf Rajoy fand ein großes Echo in den Nachrichten, aber ich glaube nicht, dass er Folgen haben wird. Der Einfluss auf die Abstimmung wird sehr gering sein.”

4:14 Euronews
Merci monsieur Orriols

WERBUNG
Diesen Artikel teilenKommentare

Zum selben Thema

Rajoy: hartnäckig, aber unbeliebt

Pedro Sánchez - der Schönling, der Rajoy in die Rente schicken will

Albert Rivera - ein smarter Bürger Spaniens