Kasten und Stände: Die Gliederung der indischen Gesellschaft

Kasten und Stände: Die Gliederung der indischen Gesellschaft
Von Euronews
Diesen Artikel teilenKommentare
Diesen Artikel teilenClose Button

Das indische Kastensystem unterteilt die Gesellschaft in mehrere Gruppen. Das Wort Kaste leitet sich von casta (portugiesisch für Rasse oder

WERBUNG

Das indische Kastensystem unterteilt die Gesellschaft in mehrere Gruppen. Das Wort Kaste leitet sich von casta (portugiesisch für Rasse oder Herkunft) oder von castus (lateinisch für pur, rein) ab. Indien war einst eine portugiesische Kolonie, die Eroberer versuchten, die Gesellschaftsstruktur zu verstehen und zu gliedern, da sie ein solches System aus der Heimat nicht kannten.

Mit der Zugehörigkeit zu einer Kaste waren eine eindeutige soziale Stellung, aber auch Rechts- und Glaubenszuordnungen verbunden. Die Kastenzugehörigkeit regelte in traditioneller Anschauung unter anderem die Partner- und Berufswahl. Zudem waren gemeinsame Mahlzeiten von Mitgliedern unterschiedlicher Kasten nicht erwünscht. Insbesondere in ländlichen Gebieten bestehen diese Regelungen nach wie vor. Regional gab und gibt es teils erhebliche Abweichungen und Eigenheiten.

Wie das hierarchische System entstanden ist, wird bei Wissenschaftlern kontrovers diskutiert. Eine verbreitete Theorie bietet eine mythologische Erklärung an, in der die vier gebräuchlichsten Gruppen (Varna) vom Purusha, dem höchsten Wesen oder Urgeist, abgeleitet werden.

Traditionelle Gliederung

Demzufolge gliedert sich das traditionelle indische Kastensystem in vier Varnas

An der Spitze stehen die Brahmanen, zu denen unter anderem Priester und Gelehrte zu zählen sind.

Zur Gruppe der Kshatryas gehören Krieger und Mitglieder von Adelsgeschlechtern.

Bauern, Händler und Handwerker werden als Vaishyas eingeordnet.

Shudras sind Hausangestellte und einfache Arbeiter.

Darüber hinaus gibt es noch die Dalits, Harijans und Parias, die als “Unberührbare” keiner der vier Kasten angehören und hierarchisch untergeordnet sind. Auch Menschen nicht-hinduistischen Glaubens stehen außerhalb dieses Systems.

Innerhalb der Varnas gibt es weitere Unterteilungen (Jati), die auf Familien- und Clanstrukturen zurückgehen.

Das Erbe des Kastensystems

Vor allem die Zuordnung von Berufen und Tätigkeiten zu bestimmten Kasten hat sich im Laufe des 21. Jahrhunderts aufgeweicht, was teils auf eine sich verändernde Arbeitswelt und vorher unbekannte Berufe zurückzuführen ist. Offiziell besteht die Kastenzuordnung nicht mehr, allerdings gibt es Regelungen, die zeigen, dass die Unterteilung der Gesellschaft bloß theoretisch abgeschafft ist. Durch Quoten werden niedrigere Schichten auf dem Arbeitsmarkt unterstützt, um die Benachteiligung gegenüber Bessergestellten zu überwinden. Oft wird in diesem Zusammenhang von “positiver Diskriminierung” gesprochen.

Und es bestehen weitere konkrete Auswirkungen im heutigen Indien: Mitglieder eines höheren Standes leben öfter in den Stadtzentren, “die unteren Klassen” sind hingegen vermehrt in den Vororten angesiedelt. Generell gilt: Je niedriger der Stand, desto größer sind die staatlichen Subventionen. Einem Bericht der Vereinten Nationen von 2005 zufolge kommt es immer wieder zu standesbedingter Gewalt. Mittlerweile wird in der indischen Gesellschaft nach folgenden Ständen unterschieden:

Fotoquelle: http://beinecke.library.yale.edu/

Diesen Artikel teilenKommentare

Zum selben Thema

Maharashtra: Streik gegen kastenbasierte Diskriminierung

Indien: Krise um Jat-Kaste beruhigt sich

Irlands Regierungschef Leo Varadkar tritt zurück