Neuneinhalb Jahre Gefängnis für Lula

Neuneinhalb Jahre Gefängnis für Lula
Von Andrea Büring

Der frühere Präsident von Brasilien Lula da Silva ist wegen Korruption zu fast zehn Jahren Gefängnis verurteilt worden. Bis zum Urteil des Berufungsgerichts bleibt er auf freiem Fuß. Seine Anwälte wollten das Urteil vorerst nicht kommentieren.

Lula da Silva war von 2003 bis 2010 Präsident des lateinamerikanischen Landes. Er kurbelte die Wirtschaft an und verbesserte die Lebensbedingungen von Millionen armen Brasilianern. Dabei profitierte er von den Ölvorräten. Die Haftstrafe ist ein Dämpfer für sein politisches Comeback, obwohl er nach wie vor sehr beliebt in der Bevölkerung ist.

Korruptionsskandale


Er ist in eine Reihe von Korruptionsskandalen verwickelt. Für den Richter Sergio Moro ist es erwiesen, dass Lula vom Baukonzern OAS mit Leistungen im Wert von mehr als 1 Million Euro bestochen wurde. Unter anderem soll der Konzern ihm eine Ferienwohnung renoviert haben. Dafür schanzte er der Firma nach Einschätzung der Ermittler Aufträge des halbstaatlichen Ölkonzerns Petrobras zu. Lula hatte die Vorwürfe zurückgewiesen und bestritten, Eigentümer der Immobilie zu sein.

Nach Meinung von Staatsanwälten ist das nur die Spitze des Eisbergs: Lula habe ein korruptes System rund um Petrobras aufgebaut. Es laufen noch vier weitere Gerichtsverfahren wegen mutmaßlicher Korruption gegen den ehemaligen Staatschef.

Kritik am Urteil


Die Anwälte des früheren Präsidenten kündigten bereits vor dem Urteil an, bei einem Schuldspruch in Berufung zu gehen. Sie bezeichneten den Prozess als eine Hexenjagd, die von Lulas politischen Gegnern initiiert werde und warfen Moro vor, nicht unabhängig zu sein. Dieser weist die Vorwürfe von sich. Die Vorsitzende der Arbeiterpartei Gleisi Hoffmann sagte, das Urteil solle eine erneute Präsidentschaftskandidatur Lula da Silvas im kommenden Jahr verhindern. Lula gilt als der aussichtsreichste Kandidat, er hat sich bereits als Bewerber aufstellen lassen. Eine Umfrage von Ende Juni sah ihn bei 30 Prozent mit weitem Vorsprung in Führung. Solange das zuständige Berufungsgericht in Porto Alegre das Urteil nicht bestätigt hat, darf Lula bei der Präsidentenwahl antreten.

Seine Nachfolgerin und Parteifreundin Dilma Rousseff war vor knapp einem Jahr vom Parlament wegen Unregelmäßigkeiten bei der Aufstellung des Staatshaushalts des Amtes enthoben worden. Sie sprang Lula zur Seite und erklärte ihn für unschuldig.


Ihr Nachfolger Michel Temer, von der konservativen Partei der Demokratischen Bewegung Brasiliens, ist wie Lula wegen Korruption angeklagt worden. Die Abgeordnetenkammer muss in den
nächsten Wochen abstimmen, ob sie die Immunität Temers aufhebt und somit den Prozess gegen ihn genehmigt.

Nach der Urteilsverkündung verzeichneten die Märkte einen Aufwärtstrend. Investoren befürchten eine Rückkehr zu einer eher staatlich gelenkten statt einer wirtschaftsfreundlichen Politik, sollte Lula zurück an die Macht kommen.

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