Russland beißt sich am Messengerdienst Telegram die Zähne aus

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Russland hat etwa 2 Millionen Internet-Adressen von Google- und Amazon-Netzwerken blockiert, um den Zugriff auf den Messenger-Dienst Telegram einzuschränken. Die Kontrollbehörde Roskomnadzor hat ganze Subnetzwerke gesperrt. Trotzdem ist Telegram nach wie vor von Russland aus zugänglich

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Russland hat etwa 2 Millionen Internet-Adressen von Google- und Amazon-Netzwerken blockiert, nach erfolglosen Versuchen, den Zugriff auf den Messenger-Dienst Telegram einzuschränken. Die Kontrollbehörde Roskomnadsor hat ganze Subnetzwerke gesperrt. Viele Drittanbieter sind betroffen, sie verloren den Zugriff auf wichtige technische Verbindungen oder sogar ihre eigenen IP-Adressen. Darunter - Online-Spiele, virtuelle Shops, finanzielle Plattformen, mindestens eine Sprachschule. Das Problem: Durch diesen Angriff auf breiter Front geraten auch völlig „unschuldige“ Seiten, die dort gehostet sind, ins Schussfeld der Behörden. Der Telegram-Konkurrent und Messenger-Dienst Viber beispielsweise klagte über Ausfälle. Selbst einige russische Online-Zeitungen waren zeitweise nicht erreichbar.

Trotzdem scheint Telegram von den Blockaden fast unberührt. Es ist nach wie vor von Russland aus zugänglich und wird aktiv genutzt. Zwar warnte Firmengründer Pawel Durow Nutzer: „Ohne VPN-Verbindung kann der Service instabil arbeiten“, doch erreichbar ist das Netzwerk trotz gelegentlicher Ausfälle immer noch. Vor allen Dingen, weil viele der 15 Millionen Nutzer inzwischen tatsächlich auf eine VPN- oder Proxy-Verbindung umgestiegen sind.

Ein russisches Gericht hatte in der vergangenen Woche im Streit um die Herausgabe von Daten die Sperre des Chatdienstes in Russland angeordnet.

Die Behörden vermuten, dass Terroristen den Dienst bei der Planung von Angriffen nutzen. Die Sperre soll erst aufgehoben werden, wenn Telegram alle geforderten Daten an den Geheimdienst FSB weiterleitet.

Die russische Kommunikationsbehörde Roskomnadsor hat ganze Subnetzwerke gesperrt, um Dienste von Telegram-Dienste in Russland zu blockieren.

Viele Drittanbieter sind betroffen, sie verloren den Zugriff auf wichtige technische Verbindungen oder sogar ihre eigenen IP-Adressen. Darunter - Online-Spiele, virtuelle Shops, finanzielle Plattformen, mindestens eine Sprachschule.

Anton Merkurov, Internet-Veteran:

„Tatsache ist: Wir haben im Internet einen Bürgerkrieg, mit all diesen Berichten, was funktioniert oder nicht, wie man die Blockierungen bei verschiedenen Gelegenheiten umgehen kann. Und Roskomnadsors Chef Alexander Scharow sagt selbst: Ich bin jetzt im Krieg und ihr wollt, dass ich ankündige, wann ich angreife. Das ist die Lage, ausgedrückt“.

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Scharow bezeichnete die aktuelle Situation als „Panzerkampf“ (Zeitung "Wedomosti"). Er kündigte an, so weiterzumachen, bis der Messengerdienst die Dechiffrier-Schlüssel dem FSB-Inlandsgeheimdienst zur Verfügung stellt. Roskomnadsor droht „virtuelle private Netzwerke“ (VPN) und Proxy-Dienste zu blockieren, wenn sie Zugang zu Telegram ermöglichen.

Ramil Akhmetgaliev, Telegram-Anwalt:

"Was die Strafverfolgungsbehörden betrifft, verhandeln sie jetzt nicht. Sie verfolgen eine Art Ultimatum: Entweder ihr gebt uns alles, oder wir blockieren euch. Nichts dazwischen."

DEMO VOR INLANDSGEHEIMDIENST

Bei einer Demonstration gegen die Blockade von Telegram vor der FSB-Zentrale (auf dem Lubjanka-Platz im Zentrum von) in Moskau wurden mindestens 10 Aktivisten festgenommen. Sie müssen sich auf Haftstrafen wegen "Organisation eines unerlaubten öffentlichen Ereignisses" gefasst machen. Internetexperte Merkurov erwartet keine ernsthaften Proteste – wer das Internet aktiv nutze, dürfte auch Wege finden, die Blockaden zu überwinden.

TELEGRAM

Der russische Telegram-Gründer Pawel Durow weigerte sich bislang, die Verschlüsselung herauszugeben. Er hält die Forderung für verfassungswidrig. Durows Anwälte kündigten an, das Urteil anzufechten. Mit Telegram kann man zum Einen ähnlich wie bei WhatsApp oder Facebook Messenger chatten, Fotos und Videos austauschen oder telefonieren. Einzelne Nachrichten kann man auch so einstellen, dass sie sich nach dem Lesen automatisch löschen. Die App ermöglicht aber auch, ähnlich wie bei Twitter, bestimmte Kanäle zu abonnieren.

Seit Jahren zirkuliert der Verdacht, dass Gruppierungen wie der sogenannte „Islamische Staat“ Telegram offenbar nutzen, um extremistisches Gedankengut zu verbreiten und um Mitglieder bei der Planung und Durchführung von Anschlägen in privaten Chats fernzusteuern. Telegram weigert sich bisher, mit Geheimdiensten zu kooperieren und Nutzerdaten herauszugeben.

Weltweit nutzen mehr als 100 Millionen Menschen die App, davon zehn Millionen in Russland. Dort wurden 2016 strenge Anti-Terror-Gesetze erlassen, die Messaging-Dienste verpflichten, Behörden das Mitlesen zu ermöglichen. übrigens: Im Iran hat auch die Totalkontrolle über das Internet nicht gegen die Verbreitung von Telegram geholfen.

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Sigrid Ulrich mit dpa

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