Aufschrei gegen mehr als 200 weitere Festnahmen in der Türkei

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Von Euronews mit dpa
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Menschenrechtsorganisationen kritisieren die neue Welle von Festnahmen in der Türkei.

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Einige wenige der mehr als 200 am Freitagmorgen festgenommenen Akademiker, Kulturschaffenden und Aktivisten sind inzwischen wieder freigelassen worden. Doch die meisten bleiben trotz der Kritik von Menschenrechtsorganisationen wie AMNESTY INTERNATIONAL in Haft.

Wie türkische Medien berichteten, wird den Festgenommenen vor allem die Finanzierung der Gezi-Park-Proteste in Istanbul im Jahr 2013 zur Last gelegt. Andere wurden - wie schon bei zahlreichen Verhaftungswellen zuvor - ihre Nähe zum in den USA lebenden Prediger  Fethulla Gülen vorgeworfen.

Mehrere der Festegenommenen sind aus dem Umfeld des Vorsitzenden des Kulturinstituts Anadolu Kültür, Osman Kavala. Er ist ein renommierter Geschäftsmann und Intellektueller, der schon vor mehr als einem Jahr festgenommen worden war. Seitdem sitzt Kavala ohne Anklageschrift in Untersuchungshaft, was international scharf verurteilt wurde. Kavalas Anwälte sagen, ihm werde vorgeworfen, in Verbindung mit Ausländern gestanden zu haben, die eine «Rolle» beim Putschversuch vom Juli 2016 gespielt haben sollen. Außerdem werde ihm im Zusammenhang mit den regierungskritischen Gezi-Park-Protesten von 2013 versuchter Umsturz der Regierung vorgeworfen.

Laut DHA sind unter den Festgenommenen der Vizechef von Anadolu Kültür, Yigit Ekmekci, der Dekan einer juristischen Fakultät und eine prominente Mathematikprofessorin. Drei der 13 Inhaftierten - unter anderem der Dekan - sollen am späten Abend Medienberichten zufolge wieder freigelassen, aber mit einer Ausreisesperre belegt worden sein.

Sprecher der EU nannten die Festnahmen der Akademiker und Aktivisten am Freitagabend «alarmierend». Die Behörden müssten «eine sehr schnelle Lösung» finden. Die EU werde die wiederholten Festnahmen von Kritikern und den Druck auf Vertreter der Zivilgesellschaft weiter zum Thema machen - als nächstes bei einem hochrangig besetzten «Politischen Dialog» - unter anderem mit der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini - am 22. November in Ankara.

Gleichzeitig wurden im Rahmen von Operationen gegen angebliche Mitglieder der Bewegung des Predigers Fethullah Gülen in Istanbul weitere 14 Personen wegen «Terrorfinanzierung» festgenommen. Die Regierung macht Gülen für den Putschversuch von 2016 verantwortlich. Wegen angeblicher Gülen-Verbindungen hat die türkische Regierung seit dem Putschversuch Zehntausende Menschen festnehmen lassen. Die Festnahmen gehen auch nach Ende eines zweijährigen Ausnahmezustands weiter und werden international kritisiert.

Im westtürkischen Izmir gingen Sicherheitskräfte laut DHA unterdessen auch gegen Kleinhändler vor, die der Gülen-Bewegung angehören sollen, und nahmen 17 Menschen fest. Gleichzeitig begann die Staatsanwaltschaft in Ankara im Rahmen einer weiteren Anti-Gülen-Operation, nach insgesamt 188 Menschen aus 26 Provinzen zu fahnden. Unter ihnen seien 100 Mitglieder der Luftwaffe sowie 88 Imame. Einige der Gesuchten seien bereits in Haft.

Am Donnerstag hatte Innenminister Süleyman Soylu laut staatlicher Nachrichtenagentur Anadolu im Parlament in Ankara neue Zahlen zu den umfassenden Fahndungsaktivitäten gegen angebliche Gülenisten und Terroristen vorgestellt. Seit dem Putschversuch hat die Türkei demnach wegen angeblicher Verbindungen zu den Putschisten rund 218 000 Menschen festnehmen lassen. 16 684 der Betroffenen wurden demnach bereits verurteilt. 14 750 befänden sich weiter in Untersuchungshaft.

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