Kurz zu Kickl: "Kein Bewusstsein für Aufarbeitung"

Österreichs Innenminister Herbert Kickl
Österreichs Innenminister Herbert Kickl Copyright REUTERS/Leonhard Foeger
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Von Carolin KuterChristoph Wiesel mit dpa
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Nach dem Rücktritt von Vizekanzler Heinz-Christian Strache soll offenbar auch FPÖ-Innenminister Herbert Kickl seinen Posten räumen. Die Rechtspopulisten protestieren. Kanzler Kurz schießt scharf.

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Nach dem Bruch der rechtskonservativen Koalition in Österreich hat Bundeskanzler Sebastian Kurz der FPÖ einen "falschen Zugang zur Politik" bescheinigt. Die Rechtspopulisten hätten die "Zusammenarbeit dieser Regierung zerstört" und dem Ansehen Österreichts in der Welt geschadet, so Kurz in Wien. 

Der Kanzler kritisierte insbesondere Innenminister Herbert Kickls Verhalten nach der Veröffentlichung des Ibiza-Videos mit Heinz-Christian Strache. Kickl habe seinen Vertrauten, Peter Goldgruber, vom Generalsekretär zum Generaldirektor für öffentliche Sicherheit ernannt. Dieser kann laut österreichischen Medien im Amt bleiben, auch wenn der Minister wechselt. "Dies zeigt, dass es kein Bewusstsein für Aufarbeitung und Umgang mit dem Skandal gibt", so Kurz. Von einer Entlassung des FPÖ-Ministers sagte er nichts. Diese hatte er zuvor ins Spiel gebracht. 

Kurz lobte anschließend die Arbeit der Regierungskoalition. Dies sei auch vom ÖVP-Parteivorstand bestätigt worden. Er sprach sich dafür aus, den Kurs fortzusetzen, aber "ohne Korruption, Skandale und immer wiederkehrende Einzelfälle" sowie "ohne den Hemmschuh, den wir die ganze Zeit erleben mussten". Er und Bundespräsident Alexander van der Bellen würden dafür sorgen, dass die Vorfälle um Strache aufgeklärt werden.

Zuvor hatte der designierte neue FPÖ-Chef Norbert Hofer mit dem Rücktritt aller seiner Minister gedroht, sollte Kurz auf der Entlassung Kickls bestehen. Dieser habe sich nichts zu schulden kommen lassen, so Hofer auf einer Pressekonferenz in Wien. Normalerweise würden aber alle Minister so lange im Amt bleiben, bis neue vereidigt werden. Er erwarte eine "solide Abwicklung der Übergabe". Die FPÖ werde sich um einen "respektvollen Wahlkampf" bemühen.

Nach der Veröffentlichung des Ibiza-Videos hatte Kurz gegenüber dem "Kurier" gesagt, Kickl könne als Innenminister nicht gegen sich selbst ermitteln. Es wurde davon ausgegangen, dass Kurz noch am Montag Bundespräsident Alexander van der Bellen vorschlagen wird, Kickl zu entlassen.

Kickl: Vorgehen der ÖVP "kalte und nüchterne Machtbesoffenheit"

Auch Kickl wehrte sich gegen die Entlassungsforderung. Diese sei reines Machtkalkül der ÖVP von Kurz. "Die ÖVP versucht ihre eigene Mehrheit innerhalb der Regierung auszubauen, so der Innenminister. Straches Äußerungen auf dem Video seien eine "verblödete Besoffenheit" gewesen, das Vorgehen der ÖVP aber sei "kalte und nüchterne Machtbesoffenheit". Kickl: "Es gibt keine Staatskrise, was es vielleicht gibt, ist eine taktische Krise der ÖVP."

Kurz wird heute nach einer Sitzung des Parteivorstands der konservativen ÖVP eine Erklärung abgeben.

Am Freitag waren Videoaufnahmen von FPÖ-Chef Strache öffentlich geworden. Sie zeigen ihn dabei, wie er einer vermeintlichen russischen Oligarchin öffentliche Aufträge in Aussicht stellt. Als Konsequenz trat Strache als Vizekanzler und FPÖ-Vorsitzender zurück.

Nach rund 18 Monaten ist damit auch die Koalition aus ÖVP und FPÖ am Ende. Kurz kündigte Neuwahlen zum "schnellstmöglichen Zeitpunkt" an.

Die Neuwahlen sollen im September stattfinden. Ob die Affäre Auswirkungen auf die Wahlergebnisse der FPÖ hat, könnte sich aber schon in wenigen Tagen bei der Europawahl zeigen. Laut Experten der Forschungsgruppe Wahlen dürfte der Skandal anti-populistische Wähler zur Stimmabgabe motivieren.

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