Frankreich: Tod eines 24-Jährigen löst Debatte um Polizeigewalt aus

Frankreich: Tod eines 24-Jährigen löst Debatte um Polizeigewalt aus
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Von Euronews und dpa
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Der junge Erzieher war nach einem umstrittenen Polizeieinsatz bei der Fête de la Musique verschwunden. Seine Leiche wird erst Wochen später gefunden. Welche Rolle spielt die Polizei in diesem Fall?

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Der Todesfall Steve Caniço hat in Frankreich eine Debatte über Polizeigewalt ausgelöst. Der junge Erzieher war Ende Juni nach einem umstrittenen Polizeieinsatz bei der Fête de la Musique verschwunden. Unter dem Hashtag #JusticePourSteve wird in den sozialen Medien Aufklärung über die Umstände des Polizeieinsatzes gefordert. Die Leiche des wochenlang vermissten Mannes war am Montag in der Loire entdeckt worden. Die Behörden bestätigten, dass es sich um den 24-Jährigen handele.

Was war passiert?

Während der landesweiten Fête de la Musique hatte der 24-jährige Steve Maia Caniço in der Nacht vom 21. zum 22. Juni ein Festival für Elektrofans an der Loire in Nantes besucht. Die Polizei beendete die Feier gewaltsam. Bei dem Einsatz stürzten mindestens 14 Menschen in die Loire. Einige konnten sich selbst retten, andere wurden von Feuerwehrleuten aus dem Fluss gezogen. Caniço wurde seitdem vermisst. Verwandte sagen laut Medienberichten, dass er nicht schwimmen konnte.

Besucher der Feier werfen der Polizei vor, Tränengas und Gummigeschosse eingesetzt zu haben, wie unter anderem die französische Zeitung "Le Monde" berichtete. Daraufhin sei Panik ausgebrochen. Nach Angabe eines Polizisten hätten die Einsatzräfte lediglich auf Angriffe der Feiernden reagiert.

Französische Justiz ermittelt

In Frankreich hatten viele Menschen mit Bestürzen auf das Verschwinden des jungen Mannes reagiert. Es gab Demonstrationen und Mahnwachen. Politiker forderten eine schnelle Aufklärung. Der französische Innenminister Christophe Castaner hatte sich bereits kurz nach dem Polizeieinsatz in den Fall eingeschaltet und eine Untersuchung eingeleitet. Ein erster Polizeibericht habe keinen Zusammenhang zwischen der Intervention der Beamten und dem Verschwinden Caniços erwiesen.

Die Kontrollbehörde der französischen Polizei war angewiesen worden, den Vorfall zu prüfen. "Mehr als fünf Wochen nach den Ereignissen bleibt der Verlauf des Abends unklar. Damit kann ich mich natürlich nicht zufrieden geben", so Premierminister Édouard Philippe am Montag. Er versprach, dass die ganze Wahrheit mithilfe der Justiz ans Licht kommen werden. Ziel sei es, die "Ursachen der Tragödie" aufzuklären und daraus die Konsequenzen zu ziehen.

#JusticePourSteve

In den sozialen Medien wird unter dem Hashtag #JusticePour Steve vor allem das Verhalten der Polizei kritisiert. Ihr Vorgehen sei ein weiterer Fall der unnötigen Gewaltanwendung - und mit Einsätzen gegen Demonstrationen der Gelbwesten zu vergleichen.

Laut Polizeibericht ergibt sich keine Verbindung zwischen dem Eingreifen der Polizei und dem Verschwinden des 24-Jährigen. Das sehen nicht alle so.

Trauer um den jungen Erzieher

Am Dienstag gab es in ganz Frankreich Gedenkveranstaltungen, in Bordeaux warfen Menschen während einer Schweigeminute Blumen in die Garonne:

In Paris wurde ein Trauerbanner angefertigt, das am kommenden Samstag nach Nantes gebracht werden soll:

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