"Eine schöne Geste" schockt Frankreich: Intellektueller Henri-Lévy schüttelt Hände im Live-TV

Bernard-Henri Levy bei der Beerdigung des Gründers des Magazins Nouvel Observateur, 28. Februar 2020
Bernard-Henri Levy bei der Beerdigung des Gründers des Magazins Nouvel Observateur, 28. Februar 2020 Copyright STEPHANE DE SAKUTIN/AFP
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Von Alexandra Leistner
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Er ist genauso umstritten wie beliebt und macht seinem Ruf alle Ehre: Der Philosoph und Publizist Bernard-Henri Lévy hat am Wochenende bei einem Fernsehauftritt bleibenden Eindruck (oder Händedruck?) hinterlassen.

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Drehen jetzt alle durch? Oder nur Bernard-Henri Lévy? Der französische Philosoph, Publizist und Journalist, der gerade ein Buch mit dem Titel "Dieses Virus, das verrückt macht" herausgebracht hat, hat am Wochenende im französischen Fernsehen einen Auftritt hingelegt, der die französische öffentliche Meinung spaltet.

Der Mitbegründer der Nouvelle Philosophie war zu einer Talkshow im öffentlich-rechtlichen Sender France 2 eingeladen und schüttelte sowohl bei seiner Ankunft als auch am Ende der Sendung allen anwesenden demonstrativ die Hände.

Was in normalen Zeiten niemandem eigenartig erscheint, haben einige aufgrund der Covid-Pandemie als "absolute Dummheit", als "sich im öffentlichen Fernsehen über Schutzmaßnahmen lustig machen" interpretiert.

Laut offizieller Empfehlung der französischen Regierung gibt es zwar eine Lockerung der Ausgangssperren und auch sonst kehrt langsam das Leben vor dem Coronavirus zurück, dennoch sind die Menschen angehalten, sich zur Begrüßung keine Küsschen auf die Wange zu geben oder Hände zu schütteln.

Warum also diese Provokation durch Bernard-Henri Lévy? Der 71-Jährige sieht in der Coronavirus-Krise eine Panikmache der Wissenschaft. "Es hat in der heutigen Zeit, und an die ich mich erinnere, noch fiesere Viren gegeben, die noch ansteckender waren als Covid-19", erklärte BHL.

Zwar sei er nicht gegen die Ausgangssperren und andere Maßnahmen gewesen, doch er stört sich am Diskurs: "Man hat die Leute terrorisiert", die zwei französischen Wissenschaftsräte hätten sich des Betrugs schuldig gemacht, so Lévy.

Das Ende des Händeschütteln als "Verbrechen gegen die Höflichkeit" - BHL und sein umstrittener Fernsehauftritt.

"Händeschütteln ist eine schöne Geste, eine Geste der Brüderlichkeit, eine republikanische Geste- Alles, was Barrieren, Grenzen [...] setzt, läuft den guten Seiten der Welt vor dem Coronavirus zuwider".

Lévy sieht in den Maßnahmen eine Gefahr für das Vertrauen der Menschen ineinander. Die Regierung solle darüber nachdenken, wie dieses Grundvertrauen in Mitmenschen wieder hergestellt werden könne, sagte der Anteilseigner an der französischen Tageszeitung Libération.

In den sozialen Medien gab es für BHL Zuspruch und Kritik.

Ein Nutzer mutmaßt, dass die Geste vor allem dem Absatz des neu erschienen Buchs dient. "BHL schüttelt die Hände bei ONPC (Anm. d. Red. On n'est pas couché, Name der Sendung auf France 2), um zu zeigen, dass ihm Empfehlungen egal sind... und um sein Buch zu verkaufen. Erbärmlich."

Einige Zuschauer merkten an, dass der Sender über den Tag verteilt immer wieder Spots zeigt, die an die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie erinnern. Die Geste von BHL käme da als purer Hohn.

Auch der Moderator Laurent Ruquier geriet in die Kritik. Während BHL ihm die Hand reicht, sagte Ruquier, die Geste sei "normal" und gehe mit dem Titel des Buches (Das Virus, das verrückt macht) einher.

Auf die Frage hin, warum er sich die Hand schütteln ließ, sagte Ruquier später: "Wir sind das Risiko eingegangen, wie Sie gesehen haben. Wenn wir diese Woche sterben, können wir sagen, dass wir uns geirrt haben".

"Er lebt in einer anderen Welt. Bewusstseinsmangel, Dummheit, Beleidigung der #COVID19-Toten und des Pflegepersonals", findet Laurent Dogrel.

Andere empfinden wohl aber auch eine Art Erleichterung.

Frankreich hat bisher laut John Hopkins Universität rund 191.000 Coronavirus-Fälle erfasst, mehr als 29.500 Menschen sind an den Folgen der von dem Virus ausgelösten Krankheit Covid-19 gestorben.

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