Rassismus-Skandal erschüttert London: "Schäme mich, Fan zu sein"

Nationalcoach Gareth Southgate tröstet noch auf dem Rasen den erst 19-jährigen Elfmeterschützen Bukayo Saka
Nationalcoach Gareth Southgate tröstet noch auf dem Rasen den erst 19-jährigen Elfmeterschützen Bukayo Saka Copyright Laurence Griffiths/AP
Von Tadhg Enright mit Euronews, dpa
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Mit Empörung und Unverständnis haben britische Politiker auf die rassistischen Äußerungen gegenüber mehreren englischen Fußball-Nationalspielern reagiert. Diesen Ansichten schlossen sich auch von Euronews befragte Londonerinnen und Londoner an.

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Direkt vor dem Endspiel der Euro 2020 war die englische Fußball-Nationalmannschaft auf dem Rasen des Wembley-Stadions in die Knie gegangen, um vor einem internationalen Millionenpublikum gegen Rassismus und Diskriminierung zu demonstrieren. Nach dem Abpfiff kam es dann zum Skandal in Sozialen Medien.

Ausgerechnet mehrere der Sportler, die mit ihrer nicht unumstrittenen Geste gegen Ausgrenzung protestierten, wurden selbst zur Zielscheibe von Rassistinnen und Rassisten.

Premierminister Boris Johnson twitterte: "Die Verantwortlichen für diese entsetzlichen Beschimpfungen sollten sich schämen."

Prinz William, der mit Frau und Kind selbst im Stadion war, sprach von "abscheulichem Verhalten". Alle Beteiligten sollten zur Rechenschaft gezogen werden.

Euronews-Korrespondent Tahg Enright hat sich am Tag nach der Heimpleite im Zentrum von London umgesehen und umgehört. Er kommentierte: "Nun, es war ein spannendes Finale und ein niederschmetterndes Ergebnis für die englischen Fans, deren Hoffnung auf die Wiederherstellung des Fußballstolzes von Italien zunichte gemacht wurde. Es lag echte Zuversicht in der Luft, weil dies Englands Chance war, fünfundfünfzig Jahre nach dem letzten Sieg bei einem internationalen Turnier eine Trophäe mit nach Hause zu nehmen. Aber es sollte nicht sein."

"So ist Elfmeterschießen"

Ein Passant in London meinte: "Die Jungs haben ihr Bestes gegeben. Ich bin stolz auf die Nation. Sie sind rausgekommen und haben geliefert, was sie hatten. Mehr Glück beim nächsten Mal."

Eine Frau wirkte nach dem Herzschlagfinale noch etwas mitgenommen: "Ich wurde so nervös, dass ich den Fernseher ausschaltete und anfing, "Game of Thrones" zu schauen, aber ich hatte mein Fenster offen, der Pub ist zwei Türen weiter die Straße runter. Ich konnte es einfach nicht sehen. Ich habe mir aber die Elfmeter angeschaut und ich war sehr aufgeregt."

Ein anderer Londoner gab sich eher pragmatisch: "So ist Elfmeterschießen - fünfzig zu fünfzig, und einer wird gewinnen, einer muss verlieren, leider. Man weiß ja nie, nächstes Jahr ist Weltmeisterschaft, also werden wir wieder antreten."

Rassismus-Skandal wirkt nach

Tadhg Enright kommentierte weiter: "Der englische Fußballverband hat rassistische Botschaften und Posts in den sozialen Medien über die Spieler verurteilt, die gestern Abend im Elfmeterschießen nicht getroffen haben."

Eine Passantin äußerte sich beschämt: "Ich bin einfach enttäuscht von uns als Zuschauern, als Unterstützer. Was ich heute Morgen in den sozialen Medien gesehen habe und was ich mitbekommen habe, das Verhalten einiger Fans ist herzzerreißend.Diese Jungs haben es nicht verdient, so behandelt zu werden. Sie waren mit ganzem Herzen dabei. Ich schäme mich dafür, ein britischer Fußballfan zu sein."

Abschließend berichtete Tadhg Enright: "Englische Fans sprechen nicht nur oft von Enttäuschung, wenn sie beim Fußball verlieren, sondern sie spüren echten Schmerz und Herzschmerz. In der vergangenen Woche schwelgten sie in ihren Slogans, dass der Fußball nach Hause kommt. Das dachten sie, aber der Fußball ist nach Rom gegangen."

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