Mafia greift nach Corona-Fonds - Schlägt Stunde der Geheimdienste?

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Copyright Luca Bruno/AP2006
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Von Giorgia OrlandiEuronews
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Italien ist der größte Profiteur des EU-Corona-Fonds. Das hat natürlich auch die in dem Land traditionell grassierende Organisierte Kriminalität auf den Plan gerufen.

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Seit mehreren Jahren hat die organisierte Kriminalität in Italien ein Auge auf EU-Gelder geworfen. Da Italien den größten Teil der Zuschüsse und Darlehen der EU für die Zeit nach der Corona-Pandemie erhält, scheint das Geld aus Brüssel noch attraktiver geworden zu sein.

In den vergangenen Jahren haben sich die mafiösen Organisationen immer professioneller auf das Geschäftsmodell konzentriert. Die Pandemie hat ihnen mehr Möglichkeiten gegeben, die legale Wirtschaft zu infiltrieren und mehr Geld zu verdienen, indem sie Unternehmen mit knapper Kasse geholfen haben.

Der Direktor der Direktion für Mafia-Bekämpfung, Maurizio Vallone, erläuterte im Euronews-Interview, inwiefern sich die kriminellen Organisationen angepasst haben: "Es gibt weniger Morde oder Schießereien als in der Vergangenheit, weniger Blutvergießen und viel mehr Unterwanderung der legalen Wirtschaft. Wir sprechen über öffentliche Ausschreibungen, Unternehmertum und sogar den Bereich der öffentlichen Verwaltung. In einem Zeitraum von 6 Monaten haben wir nur zwei Morde im Zusammenhang mit der Mafia verzeichnet. Das ist seit 30 Jahren nicht vorgekommen. Das ist ein Rekord."

Durch den Corona-Notstand in Italien stieg die Zahl der öffentlichen Ausschreibungen in mehreren Sektoren, insbesondere im Gesundheitswesen.

"Wir müssen Geheimdienste einsetzen"

Dazu sagte Maurizio Vallone: "In einer Notsituation, in der die Dinge schnell erledigt werden müssen, werden die Kontrollen öffentlicher Ausschreibungen vereinfacht, und wenn das passiert, steigt das Risiko, dass sie nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden. Das hat es Unternehmen, die mit dem organisierten Verbrechen zusammenarbeiten oder direkt von Mafiosi geführt werden, ermöglicht, an solchen Ausschreibungen teilzunehmen."

Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass die Herausforderungen für die Ermittelnden im Bereich der organisierten Kriminalität weitaus größer geworden sind als in der Vergangenheit.

Maurizio Vallone fordert deshalb: "Wir müssen unsere Geheimdienste einsetzen, um diese Kriminalität zu verhindern. Es ist wichtig, jede einzelne Ausschreibung und jedes Unternehmen, das sich daran beteiligen will, zu überprüfen. Das gilt sowohl für Fonds der Europäischen Union als auch für nationale Fonds. Das ist notwendig, um die Situation richtig einzuschätzen und zu vermeiden, dass sich mafiöse Unternehmen um diese Mittel bewerben."

Die an einer Ausschreibung Teilnehmenden werden in der Regel von Polizeikräften überprüft, bevor die Ausschreibung überhaupt offiziell beginnt. Doch angesichts der Tatsache, dass angeschlagene Unternehmen verzweifelt nach finanzieller Hilfe suchen, werden strengere Anti-Mafia-Kontrollen bei öffentlichen Aufträgen von entscheidender Bedeutung sein, um das organisierte Verbrechen von Italiens Weg zum Aufschwung fernzuhalten.

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