Krieg in der Ukraine: Wieder heftige Kämpfe um Kiew erwartet

Krieg in der Ukraine: Wieder heftige Kämpfe um Kiew erwartet
Copyright Alexei Alexandrov/Copyright 2022 The Associated Press. All rights reserved
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Von euronews mit dpa
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In Kiew gilt in dieser Nacht eine verlängerte Ausgangssperre, aus Angst vor einem neuen, großen Angriff der russischen Truppen.

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Im Krieg Russlands gegen die Ukraine gerät die Hauptstadt Kiew mehr und mehr in den Fokus. Die Stadt war in der Nacht zum Samstag bereits stark beschossen worden. Unter anderem war ein Hochhaus in einer Wohngegend im Südwesten der Stadt getroffen worden.  Die Stadt befinde sich aber noch unter ukrainischer Kontrolle, auch wenn die russischen Kräfte versuchten, einzudringen, so der Bürgermeister der Stadt, Vitali Klitschko.

Der Kreml behauptete, die Ukraine habe am Samstag Friedensverhandlungen mit Russland abgelehnt. Daher werde der "Vormarsch der wichtigsten russischen Streitkräfte" wieder aufgenommen, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. Die ukrainische Führung dementierte. "Ihre Kommentare, dass wir Verhandlungen abgesagt hätten, sind lediglich Teil ihrer Taktik", sagte Präsidentenberater Mychajlo Podolak einer Mitteilung zufolge.

Der russische Präsident Wladimir Putin hatte am Donnerstagmorgen den Angriff auf die Ukraine begonnen. Bereits am Freitag drangen russische Truppen an den Rand der Hauptstadt Kiew vor, die auch aus der Luft beschossen wurde. In Kiew leben rund 2,8 Millionen Menschen. Kämpfe gab es auch um Odessa, Mariupol und andere Städte im ganzen Land. Die Europäische Union und die USA wollen nicht militärisch in den Konflikt eingreifen. 

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj rief seine Landsleute in Videobotschaften am Samstag zur Abwehr russischer Angriffe auSelenskyj berichtete in einer Videobotschaft über andauernde Kämpfe in Kiew und anderen Landesteilen. Russische Truppen wollten das Stadtzentrum von Kiew einnehmen und «hier ihre Marionetteninstallieren», warnte er. «Mehr als 100 000 Eindringlinge sind in unserem Land», schrieb das Staatsoberhaupt am Samstag bei Twitter.  Er appellierte an den UN-Sicherheitsrat, die Ukraine dringend politisch zu unterstützen. 

Der russische Ex-Präsident Dmitri Medwedew sagte, dass Russland trotz westlicher Sanktionen den Einmarsch in die Ukraine nicht abbrechen werde. «Die Militäroperation zum Schutz des Donbass wird vollständig und bis zum Erreichen aller Ergebnisse durchgeführt. Nicht mehr und nicht weniger», schrieb der Vize-Vorsitzende des russischen Sicherheitsrats im sozialen Netzwerk Vkontakte. Diplomatische Beziehungen zum Westen seien «nicht besonders erforderlich». Es seian der Zeit, «die Botschaften mit Schlössern zu verschließen». Nach der Suspendierung Russlands aus dem Europarat brachte er zudem die Wiedereinführung der Todesstrafe ins Spiel.

Aus Kiew wurden Gefechte gemeldet, unter anderem um ein Heizkraftwerk und eine Kaserne der ukrainischen Streitkräfte. Bilder zeigten Treffer in einem Wohngebäude. Die ukrainischen Behörden warnten: «Auf den Straßen unserer Stadt laufen jetzt Kampfhandlungen. Wir bitten darum, Ruhe zu bewahren und maximal vorsichtig zu sein!» 

Die ukrainische Armee forderte die Bevölkerung auf, den russischen Vormarsch mit allen Mitteln zu stoppen. «Fällt Bäume, baut Barrikaden, verbrennt Reifen! Nutzt alles, was Ihr zur Hand habt!», zitierte die Agentur Unian aus einer Mitteilung. Auch der Bau sogenannter Molotow-Cocktails könne helfen. «Die Besatzer müssen verstehen, dass sie hier nicht erwünscht sind und dass ihnen in jeder Straße Widerstand geleistet wird», hieß es weiter.

In den sozialen Medien tauchen derzeit viele Videos aus, die aus der Kriegsregion stammen sollen. Hier soll zu sehen sein, wie russische Soldaten ohne Treibstoff liegenbleiben. Die Authentizitätder Bilder lässt sich nicht immer überprüfen.

Nach Angaben des ukrainischen Gesundheitsministeriums wurden bis Samstag insgesamt 198 Zivilisten getötet. Russland bestreitet, dass zivile Einrichtungen angegriffen werden und warf seinerseits der ukrainischen Seite den Beschuss von Wohngebieten im Separatistengebiet Donbass vor.

Beide Kriegsparteien zogen erste Bilanzen: Das ukrainische Militär erklärte, man habe 3500 russische Soldaten getötet und 200 weitere gefangen genommen. Zudem seien 14 Flugzeuge, 8 Hubschrauber und 102 Panzer sowie mehr als 530 weitere Militärfahrzeuge zerstört worden.

Russland meldete, es seien mehr als 800 ukrainische Militärobjekte «außer Gefecht» gesetzt worden. 14 Militärflugplätze, 19 Kommandoposten, 24 Flugabwehr-Raketensysteme vom Typ S-300 und 48 Radarstationen seien zerstört, acht Marine-Boote der Ukraine getroffen worden. Russische Truppen hätten die Kontrolle über die südostukrainische Kleinstadt Melitopol. Diese Angaben der Kriegsparteien können nicht von unabhängiger Seite überprüft werden. 

Eine gegen den russischen Angriff gerichtete Resolution im UN-Sicherheitsrat scheiterte wie erwartet am Veto Moskaus. WestlicheDiplomaten werteten die Abstimmung dennoch als Erfolg beim Versuch, Russland international zu isolieren. Denn China - sonst enger UN-Partner der Russen - enthielt sich.

Um Druck auf Russland auszuüben, traten in der Nacht zum Samstag die neuen EU-Sanktionen in Kraft. Die Strafmaßnahmen sollen Russland und seiner Wirtschaft erheblichen Schaden zufügen. Dafür werden zum Beispiel die Refinanzierungsmöglichkeiten des Staates und von ausgewählten privaten Banken und Unternehmen eingeschränkt. Zudem erlässt die EU Ausfuhrbeschränkungen für strategisch wichtige Güter.

Darüber hinaus setzen die EU, Großbritannien und die USA Putin und den russischen Außenminister Sergej Lawrow auf ihre Sanktionslisten. Damit könnten ausländische Konten oder Vermögen eingefroren werden.

Die 30 Nato-Staaten hatten am Freitag ihre Entschlossenheit zur kollektiven Verteidigung der Alliierten bekräftigt. "Wir werden tunwas notwendig ist, um jeden Verbündeten und jedes Stück Nato-Gebiet zu beschützen und zu verteidigen" sagte Generalsekretär Stoltenberg. Rund um den Globus wird weiter aus Solidarität mit der Ukraine demonstriert. In mehreren deutschen Städten gingen Tausende auf die Straßen, vor allem in Düsseldorf, Frankfurt und München gab es größere Kundgebungen. In Berlin ist für Sonntag eine Demonstration geplant.

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