Algerien, wichtigster Erdgas-Exporteur für Spanien, rief den Botschafter aus Madrid zurück. Hintergrund ist ein politischer Schulterschluss im Westsahara-Konflikt zwischen Spanien und Marokko, dem Dauerrivalen Algeriens.
Der Konflikt um die ehemalige spanische Kolonie Westsahara an der Atlantikküste hat jahrzehntelang das Verhältnis zwischen Madrid und Marokko belastet. Jetzt hat sich die spanische Regierung überraschend auf die Seite Marokkos geschlagen, um die Autonomiebestrebungen der Provinz zu unterstützen.
Marokko kontrolliert weite Teile des rohstoffreichen Wüstengebiets, doch immer wieder flammen dort Kämpfe mit der Unabhängigkeitsbewegung Frente Polisario auf.
Der spanische Außenminister José Manuel Albares sprach in Madrid vom Beginn einer neuen Ära: "Wir sehen dieser neuen Phase mit der Entschlossenheit entgegen, gemeinsame Herausforderungen gemeinsam anzugehen, insbesondere wollen wir die Zusammenarbeit bei der Steuerung der Migrationsströme im Mittelmeer und im Atlantik verstärken und dabei stets im Geiste der uneingeschränkten Zusammenarbeit handeln."
Algerien und Ghali auf der Palme
Die diplomatische Kehrtwende Spaniens erboste nicht nur Polisario-Anführer Brahim Ghali, sondern auch dessen Unterstützer Algerien.
Die Regierung in Algier, die sich im Dauerkonflkt mit Marokko befindet, rief bereits ihren Botschafter aus Madrid zurück. Befürchtet wird, dass Algerien als Vergeltung den Gasexport nach Spanien einschränkt, das knapp die Hälfte seines Erdgases von dort bezieht. Algerien ist somit Spaniens wichtigster Gaslieferant.
Vorwurf der Kriegsverbrechen
Brahim Ghali wird von Marokko als Kriegsverbrecher eingestuft. Zu schweren Verwerfungen zwischen Spanien und Marokko kam es erst vor knapp einem Jahr, nachdem Spanien Gali vorübergehend aufgenommen hatte, weil er an Covid-19 erkrankt war.
Marokko lockerte im Verlauf des Streits die Grenzkontrollen zur spanischen Exklave Ceuta. Unter den Augen tatenloser marokkanischer Grenzschützer gelang es daraufhin tausenden meist jungen Menschen, die Grenzbefestigungen zu stürmen und teilweise zu überwinden, um auf EU-Gebiet zu gelangen.
Die meisten von ihnen mussten wieder nach Marokko zurückkehren. Hunderte unbegleitete Minderjährige durften aus rechtlichen Gründen nicht nach Marokko zurückgeschickt werden.