Der französische Präsident hat sich um 13h im französichen TV geäußert, nachdem es monatelang Proteste gegen seine Rentenreform gegeben hat. Was hat er gesagt`?
Emmanuel Macron hat sich an diesem Mittwoch in einem mit Spannung erwarteten Fernsehinterview an die Französinnen und Franzosen gewandt, um die Wut über die von ihm durchgepeitschte Rentenreform zu besänftigen und zu erklären, wie er die Krise überwinden will.
Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron verteidigte an diesem Mittwoch in einem auf TF1 und France 2 ausgestrahlten Fernsehinterview die Notwendigkeit seiner umstrittenen Rentenreform. Sie soll bis Ende des Jahres in Kraft treten.
- Nach den teils gewaltsamen Protesten in mehreren französischen Großstädten erklärte Macron, dass man werder Ausschreitungen noch Auswüchse dulden könne.
- Er versprach, den Dialog mit den Arbeitnehmervertretungen über die Arbeitsbedingungen wieder aufzunehmen, um dem "Bedürfnis der Demonstrant:innen nach Gerechtigkeit" nachzukommen. Die Diskussion soll sich auf die Weiterentwicklung von Berufen und besonders schwerwiegende Fälle konzentrieren, sie werde in den "kommenden Wochen" stattfinden.
- Macron erklärte, dass er bereit sei, wegen seiner Rentenreform in Ungnade zu fallen, dies tue er im Interesse der Allgemeinheit.
- Während dieses Interviews sprach der Staatschef Ministerpräsidentin Elisabeth Borne sein "Vertrauen [aus], sein Regierungsteam zu leiten".
- Emmanuel Macron prangerte den "Zynismus" einiger "großer Unternehmen" an, die hohe Gewinne gemacht hätten und forderte sie zu einem "außergewöhnlichen Beitrag" auf, damit "die Arbeitnehmer von diesem Geld profitieren können".

Am Ende seiner Rede gab der französische Präsident seine Ziele für die nächsten vier Jahre bekannt:
- Höchststand der Beschäftigung ("Vollbeschäftigung") dank einer von kohlenstofffreien Energien getragenen Reindustrialisierung.
- Investitionen in die Sicherheitsstruktur und das Justizwesen (mehr Ordnungskräfte, neue Militärplanung, Berufung von Richtern)
- Bessere Bedingungen im Schul- und Gesundheitswesen und Fortschritte bei der ökologischen Transformation
Emmanuel Macron spricht das Thema Inflation an und fordert die Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter auf, daran zu arbeiten, "eine Antwort in all diesen Berufen zu finden, die unzureichend bezahlt werden".
Er weist darauf hin, dass der Mindestlohn in Frankreich in den vergangenen 18 Monaten um 9,5 Prozent erhöht wurde, ein Wert, der über der Inflationsrate liegt, dennoch "müssen wir hören, was uns unsere Landsleute sagen, die zu diesem Thema demonstrieren, bei dem es nicht um die Renten geht, sondern um die Arbeit, die zahlen muss."
Der französische Präsident Emmanuel Macron sagte in seiner Fernsehansprache am Mittwoch, dass er nach der Verabschiedung der Rentenreform keine "gewaltbereiten Aufwiegler" akzeptieren könne und prangerte die Ausschreitungen an:
"Wenn die Vereinigten Staaten von Amerika das erlebt haben, was sie im Kapitol erlebt haben, wenn Brasilien das erlebt hat, was es erlebt hat (...), dann sage ich es Ihnen sehr deutlich: man kann weder die Aufrührer noch die Splittergruppen akzeptieren", erklärte der Staatschef in Bezug auf die eskalierende Gewalt in den beiden Ländern. Er betonte weiter:
"Wir werden keine Ausschreitungen tolerieren. Wir werden dafür sorgen, dass ein möglichst normales Leben wieder aufgenommen werden kann, angesichts derer, die die Aktivitäten von einigen wenigen blockieren."
"Die Wut der aufgebrachten Menschen, die auf die Straßen gehen, betreffen nicht nur die Renten, (...) aber unser System heute, wir müssen es reformieren und daher tue ich das in Verantwortlichkeit und im Sinne des Allgemeininteresses."
"Zwischen den Umfragen, der Kurzfristigkeit und dem Allgemeininteresses des Landes entscheide ich mich für Letzeres. Und wenn man hinterrücks die Unpopularität auf sich nehmen muss, werde ich sie auf mich nehmen", erklärt Frankreichs Präsident Emmanuel Macron.
"Wir müssen in unsere öffentlichen Dienste, unsere Schulen und unser Gesundheitswesen investieren. Wir können dieses Geld nicht nehmen und es in die Renten stecken. Also lautet die Zauberformel, die implizit das Projekt derjenigen ist, die gegen diese Reform sind: das Defizit. Das Defizit bedeutet de facto, dass Sie sich dafür entscheiden, Ihre Kinder zur Kasse zu bitten", argumentiert Macron zur umstrittenen Rentenreform.
"Diese Reform ist notwendig. Und ich sage es den Franzosen: Sie macht mir keine Freude. Ich hätte sie lieber nicht gemacht", sagt Frankreichs Präsident Emmanuel Macron im TV-Interview mit den Journalisten Marie-Sophie Lacarrau von TF1 und Julian Bugier von France 2.
Frankreichs Präsident verteidigt erneut seine umstrittene Rentenreform, die u.a. die Beitragsdauer auf 43 Jahre erhöht. Macron begründet die Notwendigkeit der Rentenreform, damit, dass das umlagefinanzierte System ins Gleichgewicht gebracht werden muss.
"Als ich ins Berufsleben eintrat, gab es 10 Millionen Rentner, heute sind es 17 Millionen. In den 2030er Jahren werden es 20 Millionen sein", so Macron.
Zwischen 40 und 50% der Grundschullehrer:innen werden an diesem Donnerstag anlässlich des neuen gewerkschaftsübergreifenden Mobilisierungstages gegen die Rentenreform streiken, wie Snuipp-FSU, die mitgliederstärkste Gewerkschaft für Angestellte von Kitas und Grundschulen, mitteilte.
Die Gewerkschaft erwartet in zahlreichen Departements wie Bouches-du-Rhône, Pyrénées-Orientales oder Haute-Vienne eine hohe Beteiligung am Ausstand.
Der Staatschef wird um 13.00 Uhr live im Elysée-Palast den Journalisten Marie-Sophie Lacarrau von TF1 und Julian Bugier von France 2 Rede und Antwort stehen.
Unklar ist jedoch, was er den Menschen in Frankreich ankündigen wird. Aus dem Präsidenten-Umfeld verlautbarte, er habe weder die Absicht, das Parlament aufzulösen, noch die Regierung umzubilden oder ein Referendum durchzuführen, sondern wolle, im Gegenteil Premierministerin Elizabeth Borne beistehen.
"Der Mob hat keine Legitimität"
Bereits am Dienstagabend sagte er, die Wut der Franzosen müsse nach der umstrittenen Verabschiedung des Gesetzes angehört werden. Aber auch: "Der Mob, wer immer er auch sein mag, hat keine Legitimität gegenüber dem Volk, das sich souverän durch seine gewählten Vertreter ausdrückt", so Macron.
Aber die Entscheidung der Regierung, die umstrittene Reform quasi mit dem Brecheisen, ohne Abstimmung in der Nationalversammlung durchzubringen, hat zu einer schweren politischen Krise geführt.
Obwohl das Parlament am Montag seine wichtigste Reform endgültig verabschiedet hat, fordern alle Gewerkschaften und fast alle Oppositionsparteien weiterhin ihre Rücknahme und wehren sich gegen die Anhebung des gesetzlichen Rentenalters.
"Im Elysée-Palast gibt es einen Feuerwerker, der mit einer Fackel auf Pulverfässern herumläuft", schrieb der Chef der Sozialisten, Olivier Faure, auf Twitter. "Das Problem ist der Präsident der Republik", verlautbarte Olivier Marleix von den Konservativen Les Républicains.
Emmanuel Macron habe ein Feuer gelegt und "alle Notausgänge versperrt", kritisierte der Linke Jean-Luc Mélenchon. Marine Le Pen vom rechtspopulistischen Rassemblement National warnte in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP, der Präsident allein "die Schlüssel zu der von ihm erschaffenen politischen Krise" in der Hand.
Randale und Einsatz von Tränengas
Am Vorabend von Macrons TV-Interviews kam es in mehreren französischen Städten erneut zu zum Teil gewaltsamen Protesten gegen die beschlossene Rentenreform. In Paris wurden nach Auseinandersetzungen mit der Polizei Place de la République 46 Personen festgenommen. Weitere Demonstrationen fanden in Lille, Grenoble sowie in Rennes und Nantes statt, wo es zu Randale und dem Einsatz von Tränengas kam.
Der Protest ebbt nicht ab. Streiks bei der Müllabfuhr sorgen in Paris für riesige Müllberge. Und wegen Raffinerie-Blockaden an Öllagern gibt es zum Teil an Tankstellen keinen Kraftstoff mehr.
Das neue Gesetz, das eine Anhebung des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre vorsieht, war am Montag nach der Ablehnung von zwei durch die Opposition eingebrachte Misstrauensanträge verabschiedet worden - und gilt als eines der wichtigsten Vorhaben von Präsident Macron.
Für Donnerstag haben die Gewerkschaften zu einem neuen großen Aktiontag aufgerufen.