Warschauer Ghetto-Aufstand: Eine Überlebende erzählt von der Hölle

"Wir hatten keine Chance": Krystyna Budnicka erinnert sich noch lebhaft an die Kämpfe im Ghetto.
"Wir hatten keine Chance": Krystyna Budnicka erinnert sich noch lebhaft an die Kämpfe im Ghetto. Copyright Euronews
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Krystyna Budnicka überlebte die Grausamkeiten im Warschauer Ghetto als 10-Jährige, versteckt in einem Bunker. Ihr Wunsch: "Dass sich nie wieder jemand so minderwertig und fremd fühlen muss wie wir damals."

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Am 19. April jährt sich der Aufstand im Warschauer Ghetto zum achtzigsten Mal. Krystyna Budnicka erinnert sich noch lebhaft an die Kämpfe. 

Acht Monate im Bunker

Sie hat die Aufstände als Zehnjährige überlebt – in einem von ihren Brüdern gebauten unterirdischen Bunker, in dem sie monatelang ausharrten.

"Der Schrecken des Krieges, das Verschwinden von Menschen, Deportationen, Hungersnöte, Seuchen – das alles war uns voll bewusst", sagt die inzwischen 90-Jährige. "Alles begann mit dem Verstecken von Gegenständen und endete mit dem Verstecken von Menschen. Bereits Anfang 1943 legten wir einen ersten Bunker an und als dann ein paar Monate später die Nazis das Ghetto in Brand steckten, wurde der Boden so heiß, dass es sich im Bunker anfühlte wie in einem Backofen."

Später flüchtete die Familie tiefer in die Kanalisation. Dort war es kühler. "Bis die Wände abgekühlt waren, war es schrecklich. Erst später hat uns der Hunger gepackt, wir mussten fliehen, weil wir nichts mehr zu essen hatten, weil unsere Vorräte verbrannt waren", erklärt Budnicka. 

Fäuste gegen Panzer: "Wir hatten keine Chance"

Der Aufstand am 19. April 1943 war der größte bewaffnete Widerstandsakt von Juden in Europa gegen die Nazis. Doch er war zum Scheitern verurteilt. Das Ghetto wurde niedergebrannt und dem Erdboden gleichgemacht. Tausende von Menschen starben.

"Wir hatten keine Chance auf einen Sieg, denn das war eine Gruppe von jungen Menschen, die mit bloßen Fäusten gegen Panzer kämpfte. Es war ihnen klar, dass sie sterben würden, aber sie wollten wenigstens mit Ehre sterben. Meine sechs Brüder – tot , meine Eltern – tot. Es gibt niemanden mehr. Ich bin allein."

Ausstellung zeigt Fotos aus dem Inneren des Ghettos

Zum 80. Jahrestag hat das Museum der Geschichte der polnischen Juden in Warschau eine Ausstellung organisiert, mit bisher noch nie gezeigten Zeitdokumenten und Fotos – wie die von einem polnischen Feuerwehrmann.

Marta Dziewulska, Pressesprecherin des Museums, zeigt auf Fotos an der Wand und sagt: "Das hier ist ein Negativfilm, der einzige, den es auf der Welt noch gibt vom Aufstand im Warschauer Ghetto, aus dem Inneren. Der Blickwinkel auf diese Menschen und auf das, was im Ghetto geschah, ist hier also völlig anders. Wir haben eine einzigartige Situation: Ein polnischer Feuerwehrmann versteckt sich und riskiert sein Leben, um Bilder von dem Massaker, von der Tragödie des Warschauer Ghettoaufstands zu machen.“

"Ich will, dass sich wieder jemand so fühlen muss wie wir damals"

Beim Blick auf das, was heute in der Welt passiert, hat die Überlebende Krystyna Budnicka Angst, dass die Menschen nichts aus der Geschichte gelernt haben. Ihr Wunsch: "Dass sich nie wieder jemand so entfremdet, minderwertig, überflüssig oder fremd fühlen muss wie wir damals. Dass sich jeder zu Hause fühlt und respektiert wird.“

Wo sich früher das jüdische Ghetto ist heute ist es ein beliebtes Warschauer Viertel mit vielen Cafés. Aber die Erinnerung an die Grausamkeiten des Zweiten Weltkriegs ist nicht ausgelöscht, dank Stimmen wie der von Krystyna Budnicka. Sie hallen durch die ganze Welt mit einer klaren Botschaft: Nie wieder.

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