Trans-Rechte in Europa: Wo steht Ihr Land?

Ein Trans-Rechte-Protestler geht in London auf die Straße
Ein Trans-Rechte-Protestler geht in London auf die Straße Copyright Vuk Valcic/SOPA Images/LightRocket via Getty Images
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Von Saskia O'Donoghue
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Dieser Artikel wurde im Original veröffentlicht auf Englisch

Eine Reihe von europäischen Ländern ernten Lob von führenden Trans-Organisationen - für ihr Engagement zur Verbesserung der Rechte dieser marginalisierten Gruppe. Andere Staaten hätten aber noch einen weiten Weg vor sich.

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Über die Rechte von Transgender-Personen wird in vielen Ländern hitzig debattiert. 

In dieser Woche hat der Oberste Gerichtshof Japans ein Gesetz für verfassungswidrig erklärt, das Trans-Personen eine geschlechtsangleichende Operation vorschreibt, sofern sie ihre Geschlechtsidentität offiziell - also behördlich - ändern lassen wollen. 

Die Entscheidung des mit 15 Richtern besetzten Obersten Gerichts war die erste, die sich mit der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes aus dem Jahr 2003 befasste. Die bisher geltende Praxis war von internationalen Menschenrechts- und Ärztegruppen kritisiert worden.

Und in Europa?

Ein kürzlich veröffentlichter Bericht der Organisation Transgender Europe (TGEU) hat gezeigt: Die Rechte von Trans-Personen haben sich vielerorts verbessert. Doch auch in Europa ist noch immer transfeindliches Verhalten zu verzeichnen. Im Fokus dabei: Regierungen und Medienorgane. 

Wie schneiden europäische Ländern mit Blick auf Trans-Rechte ab?

Das Bild ist nicht nur positiv

Laut TGEU bleibt das Risiko von Rückschritten und transfeindlichen Reaktionen ein dringendes Problem in der EU. In der Slowakei sei diese Gefahr besonders hoch. Dort wird über ein mögliches Verbot der gesetzlichen Geschlechtsanerkennung debattiert.

Auch Rumänien, Lettland, Litauen, Zypern, Belarus und Bulgarien gelten mit Blick auf den Schutz von Trans-Menschen weiterhin als schwach. 

Am anderen Ende der Skala stehen die Länder Spanien, Moldawien, Andorra, Finnland und Island, die für ihre Entwicklung der Trans-Rechte gelobt werden.

In diesem Jahr gelang es Island, Malta zu überholen und sich an die Spitze der Rangliste zu setzen.

Spanien hat mit seinem weitreichenden Gesetz zur Beschäftigung und zum Schutz von Trans-Migranten und zur Diskriminierung ebenfalls große Veränderungen vorgenommen und damit Fortschritte gemacht. In Spanien dürfen Menschen selbst über ihr Geschlecht entscheiden - so wie in zehn weiteren europäischen Ländern. Für nicht-binäre Menschen gebe es allerdings keine gesetzliche Lösung, so die Kritik.

Mit Stand März 2023 verfügten elf europäische Staaten über gesetzliche Verfahren zur Geschlechtsanerkennung auf Grundlage der Selbstbestimmung: Belgien, Dänemark, Finnland, Island, Irland, Luxemburg, Malta, Norwegen, Portugal, Spanien und die Schweiz.

Das Vereinigte Königreich hinkt den fortschrittlicheren Ländern in Europa deutlich hinterher.

Premierminister Rishi Sunak wurde beschuldigt, sich über Trans-Menschen lustig zu machen. Führende konservative Abgeordnete haben ihre Besorgnis darüber geäußert, dass das Thema die Partei in dieser Frage spalten könnte. Einige Abgeordnete haben die Sorge geäußert, dass ein völliges Verbot von Transkonversionspraktiken jene Eltern oder Lehrer ungewollt kriminalisieren könnte, die Kinder beraten.

Anfang dieses Jahres blockierte Westminster einen Gesetzentwurf zur Unterstützung der Selbstbestimmung, der von der schottischen Regierung verabschiedet worden war. Diese Entscheidung hat zu Klagen wegen Diskriminierung geführt und wird derzeit vor Gericht verhandelt.

"Die Aufhebung von Einschränkungen bei der rechtlichen Anerkennung des Geschlechts und die Gesetzgebung zur Nichtdiskriminierung von Transsexuellen sind die Bereiche, in denen die meisten Verbesserungen erzielt wurden. Wir dürfen jedoch nicht davon ausgehen, dass Fortschritte selbstverständlich sind. Das Vereinigte Königreich und Ungarn sind weit abgeschlagen."
Freya Watkins
TGEU Research Officer

Interessanterweise haben auch weniger säkulare Länder wie Spanien und Griechenland Fortschritte beim Verbot der so genannten Konversionstherapie gemacht. Die Republik Moldau hat Maßnahmen ergriffen, um transsexuelle Menschen vor Diskriminierung sowie vor Hassverbrechen und Hassrede zu schützen.

Im Großen und Ganzen scheint es so, als ginge die Entwicklung in die richtige Richtung, aber Nadya Yurinova von TGEU sagt, es müsse noch mehr getan werden. 

"Wir fordern auch einen trans-informierten Journalismus und eine Sensibilisierung der Öffentlichkeit für das Leben von Trans-Personen sowie für die Diskriminierung und Gewalt, der Trans-Personen täglich ausgesetzt sind", erklärt Yurinova.

In einem Bericht, der Euronews vorliegt, kritisiert die TGEU, dass viele EU-Mitgliedsstaaten ihren Verpflichtungen gegenüber transsexuellen Menschen nicht nachkommen".

„Selbst in Ländern, in denen eine aktive Zusammenarbeit mit Regierungen stattfindet, wird den Betroffenen meiner Meinung nach zu wenig zugehört. Man muss zuhören und agieren."
Pekka Rantala
Vorstandsvorsitzende Person der Organisation SETA – LGBTI-Rechte in Finnland

Neun Länder - Bulgarien, Dänemark, Estland, Frankreich, Litauen, Polen, Rumänien, Tschechien und Ungarn - würden keinen Asylschutz gewähren und damit gegen EU-Recht verstoßen. Die TGEU ist der Ansicht, dass durch die Beibehaltung der starren Regeln für Asylbewerber mit unterschiedlichem - insbesondere transsexuellem - Hintergrund die betreffenden Personen bei der Aufnahme in einem neuen Land sofort benachteiligt werden.

Pekka Rantala, der Vorsitzende Person von SETA - Finnlands ältester und bekanntester Organisation für LGBTI-Rechte - erklärte Euronews, dass die Situation selbst in dem fortschrittlichen nordischen Land düster sei.

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"Basierend auf meinen Erfahrungen in Finnland und Gesprächen mit LGBTIQA+-Aktivisten auf der ganzen Welt ist die Situation in Bezug auf Hassrede weiterhin schlecht. Ausgehend davon würde ich sagen, dass sich die Situation bis 2022 nicht verändert hat", sagt er.

Rantala erklärt, dass der Konservatismus in der Politik und das "aggressive Vorgehen von Anti-Trans-Gruppen in den sozialen Medien" dafür verantwortlich sind. Rantala glaubt aber, dass es für die Trans-Gemeinschaft Hoffnung für die Zukunft gibt.

"Allgemeine Sensibilisierungskampagnen für die Öffentlichkeit, Schulungen für Beamte und Medien, Vorbeugung und Bekämpfung von Hassreden und die Sicherstellung angemessener Schutzmaßnahmen zur Verhinderung von Diskriminierung in der Gesellschaft sind wichtige Maßnahmen", so Rantala.

"Diese Maßnahmen würden nicht nur das Bewusstsein und das Verständnis der Gesellschaft für die Trans-Gemeinschaft schärfen, sondern auch dazu beitragen, dass das oft gespannte - wenn nicht gar zerrissene - Band zwischen der Trans-Gemeinschaft und der breiteren Gesellschaft zu heilen beginnt", sagte Rantala weiter.

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