Einwanderer in Städten wie Chicago müssen sich auf mögliche Massenabschiebungen unter Donald Trumps neuer Regierung einstellen.
Seit Donald Trump im November die Präsidentschaftswahlen gewonnen hat, bereiten sich Einwanderer in den USA auf Massenabschiebungen vor. Berichte, dass er sich zunächst auf den Großraum Chicago konzentrieren würde, haben bei den Einwohnern der Stadt und Umgebung Angst ausgelöst.
Einige Einwanderer, die sich ohne legalen Status im Land aufhalten, haben Vorbereitungen getroffen: Sie haben vertrauenswürdigen Freunden Vollmachten erteilt, Pläne für die Kinderbetreuung im Falle einer Trennung gemacht und Sicherheitskameras an ihren Türen installiert, falls Einwanderungsbeamte kommen.
Andere haben das Land freiwillig verlassen, wozu sie von Trumps Beratern ermutigt wurden.
Die Pläne für die Abschiebungen sind noch nicht offiziell. Ein Beamter, der anonym bleiben möchte, sagte, dass die Beamten nach Trumps Amtsantritt am Montag zunächst mehr als 300 Personen ins Visier nehmen werden, die in der Vergangenheit schwere Gewaltverbrechen begangen haben.
Der Beamte sagte, die Operation werde sich auf den Großraum Chicago konzentrieren und die ganze Woche andauern - vorbehaltlich möglicher Wetterverzögerungen. Die Temperaturen in Chicago sanken auf fast -15 Grad Celsius. Für die ganze Woche werden kalte Temperaturen vorhergesagt.
Die US-amerikanische Einwanderungs- und Zollbehörde verhaftet bei solchen Aktionen nur einen Bruchteil der Zielpersonen. Es wird jedoch erwartet, dass unter Trump wesentlich mehr Menschen verhaftet werden als unter Präsident Joe Biden bisher.
Bidens Regierung beendete auch die Praxis der Massenverhaftungen auf Baustellen, die unter Trump üblich waren, einschließlich einer Aktion im Jahr 2019, die auf Hühnerfarmen in Mississippi abzielte.
Weitere Personen im Umfeld werden auch verhaftet
Trump-Mitarbeiter haben gesagt, dass sie auch andere Personen verhaften werden, wie Ehepartner oder Mitbewohner, die nicht zur Zielgruppe gehören, sich aber illegal im Land aufhalten. Der künftige Präsident sagte am Samstag gegenüber NBC News, dass Massenabschiebungen weiterhin oberste Priorität haben. Er nannte weder ein genaues Datum noch die Stadt, in der sie beginnen werden, aber er sagte, sie würden bald beginnen.
Die "Sanctuary Cities", die die Zusammenarbeit der örtlichen Polizei mit den Bundesbehörden für Einwanderung einschränken, waren eines von Trumps Lieblingszielen - insbesondere Chicago. Chicago wurde in den 1980er Jahren zu einer sogenannten "Sanctuary City" und hat seine Politik seitdem mehrfach verschärft, auch nach Trumps Amtsantritt 2017.
Vergangene Woche lehnte der Stadtrat einen weitreichenden Plan ab, der Ausnahmen vorsah, die es der örtlichen Polizei erlauben, mit ICE-Agenten (ICE: U.S. Immigration and Customs and Enforcement), bei Abschiebefällen von Menschen zusammenzuarbeiten, die eines Verbrechens beschuldigt oder verurteilt wurden.
Einwanderer sollen ihre Rechte wahrnehmen
Befürworter der Rechte von Einwanderern, darunter die demokratischen US-Abgeordneten Jesus Garcia und Delia Ramirez, forderten die Einwanderer in Chicago auf, Ruhe zu bewahren und ihre Rechte wahrzunehmen, insbesondere zu schweigen und sich zu weigern, Beamte ohne Durchsuchungsbefehl in ihre Wohnungen zu lassen.
Einige Interessengruppen haben in Erwartung von Massenverhaftungen in der folgenden Woche Rechtsworkshops geplant.
Carlos, ein Einwanderer aus Mexiko, lebt seit Jahrzehnten in den USA. Der 56-Jährige hat keinen legalen Aufenthaltsstatus, besitzt aber eine Arbeitsgenehmigung als Bauarbeiter und Schweißer.
Er lehnte es ab, seinen Nachnamen zu nennen und Einzelheiten zu seinem Einwanderungsstatus zu erörtern, da er befürchtete, abgeschoben zu werden.
Er hat drei Kinder mit einem legalen Aufenthaltsstatus im Rahmen der unter Obama eingeführten Deferred Action for Childhood Arrivals (DACA), die unter Trumps Agenda ebenfalls abgeschafft werden könnte.
Carlos sagte, die Notfallplanung der Familie für die Abschiebung umfasse die Suche nach jemandem, der ihre Bankkonten, ihr Haus und ihr Auto verwaltet. Außerdem haben sie eine Kamera in ihrem Haus in einem Vorort von Chicago installiert und werden alle Besucher kontrollieren.
Kinder könnten von ihren Eltern getrennt werden
Elena Barrera, die im Sommer als Imbisswagenverkäuferin und im Winter als Reinigungskraft arbeitet, ist Ende der 1990er Jahre über die Grenze aus Mexiko eingewandert.
Die 48-jährige alleinerziehende Mutter hat keinen legalen Aufenthaltsstatus, hat aber drei Kinder, die US-Bürger sind. Ihre größte Angst ist es, von ihren Kindern getrennt zu werden.
Sie sagte, dass die Familie Notfallpläne für den Fall einer Abschiebung ausgearbeitet hat, darunter auch, dass ihre älteren Kinder sich um die jüngeren kümmern, bis sie wieder zusammengeführt werden können.
Sie haben darüber gesprochen, in Mexiko zu leben, was bedeuten würde, dass eines ihrer Kinder sein Studium an einer renommierten Universität in Chicago aufgeben müsste. Wenn das Thema zur Sprache kommt, weint ihr jüngstes Kind, das 9 Jahre alt ist, sagt sie.
"Er sagt mir, er habe Angst, dass seine Mutter eines Tages nicht mehr nach Hause kommt. Er weint. Bis jetzt ist noch nichts passiert, aber er ist schon sehr besorgt."