Nach den Warnungen von Verteidigungsminister Pistorius vor einem möglichen russischen Angriff wirft der Kreml Berlin Kriesgstreiberei vor und betont erneut, Moskau "müsse seine Sicherheit gewährleisten".
Ein möglicher russischer Angriff auf die NATO könnte bereits in wenigen Jahren erfolgen, warnte Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ).
Pistorius Aussage wurde bereits vom Kreml kritisiert: Die Sprecherin des Außenministeriums, Maria Sacharowa, kommentierte Pistorius Aussage, wie die staatliche russische Nachrichtenagentur TASS berichtete. Ihrer Meinung nach würden nun keine Zweifel mehr daran bestehen, wer der Aggressor ist.
Dmitri Peskow, Pressesprecher des russischen Präsidenten Wladimir Putin, sagte ebenfalls, dass eine "solch militaristische und kriegsbefürwortende Rhetorik zunehmend aus europäischen Hauptstädten zu hören ist". Eine Konfrontation mit der NATO würde Russland Peskow zufolge nicht anstreben, jedoch müsse Moskau Maßnahmen ergreifen, um "seine Sicherheit und Interessen zu gewährleisten", wie russische Medien berichten.
Ähnliche Aussagen sind bereits 2021 gefallen
Eine ähnliche Aussage hatte Peskow im November 2021, vor der großangelegten russischen Invasion der Ukraine, bereits getätigt: "Russland hat nicht vor, jemanden anzugreifen, und hegt keinerlei aggressive Absichten", so der Kreml-Sprecher laut der russischen staatlichen Nachrichtenagentur TASS.
Die russische Sicherheit wurde auch vom russischen Außenminister Sergei Lawrow einen Monat nach Beginn der russischen Vollinvasion der Ukraine erwähnt. Im März 2022 sagte er: "Was Ihre Frage betrifft, ob wir vorhaben, andere Länder zu überfallen, so haben wir keine Pläne, andere Länder zu überfallen. Wir haben auch die Ukraine nicht überfallen. In der Ukraine sind wir einfach... Wir haben das schon oft erklärt. Die dortige Entwicklung stellt eine direkte Bedrohung für die Sicherheit Russlands dar."
"Letzter Sommer im Frieden"
Ob und wann Russland das Bündnis angreifen könnte, begründete Pistorius im Interview mit der FAZ damit, dass man sehen würde, wie "Putin trotz des Krieges in der Ukraine schnell wachsende Arsenale anlegt". Er stellte daraufhin die spekulative Frage, ob es möglich sei, dass Russland das Bündnis schon viel früher angreife.
"Militärexperten und Nachrichtendienste können in etwa abschätzen, wann Russland seine Streitkräfte so wiederhergestellt haben wird, dass es in der Lage wäre, einen Angriff auf ein NATO-Mitgliedsland im Osten zu führen. Wir haben immer gesagt, das könnte ab 2029 der Fall sein. Jetzt gibt es allerdings andere, die sagen, dies sei schon ab 2028 denkbar, und manche Militärhistoriker meinen sogar, wir hätten schon den letzten Sommer im Frieden gehabt", so Pistorius, der damit auf die Aussage des Militärhistorikers Professor Dr. Sönke Neitzel vom März dieses Jahres anspielte.
Neitzel sagte im Interview mit der Bild im März, dass die Schlussforderung aus den vergangenen drei Jahren nur sein können: "We have to be capable - wir müssen vorbereitet sein, müssen fähig sein."
"Alles, was wir im Bundestag besprochen haben – das ist keine Schattenboxerei, sondern es kann in einem schlimmsten Fall wirklich so kommen, dass die NATO sich fragt: Müssen wir nicht auch gegen Russland kämpfen? Ob ein solcher Krieg kommt, hängt davon ab, wie die NATO insgesamt reagiert, welche Rolle Trump spielt, welche Rolle die Europäer spielen, ob es einen Frieden gibt in der Ukraine, wie auch immer der aussieht. Denn: Ich glaube nicht, dass Putin einen solchen Schritt täte, solange er noch in der Ukraine kämpfen muss. Der Ausdruck 'Letzter Sommer im Frieden' ist eben leider nichts völlig Irreales mehr, sondern es kann so kommen", so Neitzel im Gespräch mit der Bild.