Neu veröffentlichte E-Mails zeigen, dass jemand unter dem Decknamen "A" im Jahr 2001 vom schottischen Anwesen der königlichen Familie aus schrieb und die verurteilte Sexhändlerin Ghislaine Maxwell um etwas Besonderes bat.
Das US-Justizministerium hat in der Epstein-Affäre jetzt E-Mails aus dem August 2001 freigegeben. Diese dokumentieren die Korrespondenz zwischen Epsteins Lebensgefährtin Ghislaine Maxwell und einer Person mit dem Decknamen "A", die offenbar mit der britischen Königsfamilie in Verbindung steht.
"Ich bin hier oben im Balmoral Summer Camp für die königliche Familie", schrieb die Person am 16. August 2001 in einer E-Mail an die inzwischen wegen des Missbrauchs von Minderjährigen verurteilte Maxwell.
Balmoral ist die schottische Sommerresidenz der britischen Königsfamilie, ein privates Anwesen in Aberdeenshire, wo die Royals traditionell den August verbringen.
Die E-Mails sind nur mit "A" unterzeichnet, der Absender wird als "The Invisible Man" (der Unsichtbare) mit der Adresse "abx17@dial.pipex.com" angegeben.
Frage nach "inappropiate friends"
Die Person in der E-Mail wird nicht explizit als Andrew Mountbatten-Windsor identifiziert. Mountbatten-Windsor wurde Epstein jedoch 1999 von Maxwell, Epsteins damaliger Freundin, vorgestellt. Ghislaine Maxwell ist 1961 in Frankreich geboren und im britischen Oxford aufgewachsen.
Aufsehen erregt vor allem die Frage nach neuen "inappropiate friends" - also nach "ungemessenen Freunden", die natürlich auch Freundinnen sein können.
"Wie ist LA?", fragte "A" per E-Mail. "Hast du ein paar neue, unangemessenen Freunde für mich gefunden? Sag mir Bescheid, wann du vorbeikommst, denn ich habe vom 25. August bis zum 2. September frei und möchte mit ein paar lustigen Leuten an einen heißen und sonnigen Ort, bevor ich mich im Herbst wieder an die Arbeit machen muss."
Maxwell antwortete: "Es tut mir leid, dass ich enttäuschen muss, aber die Wahrheit muss gesagt werden. Ich habe nur geeignete Freunde finden können."
"A" schreibt später: "Ich bin ein wenig aus dem Gleichgewicht, da nicht nur mein Büro umstrukturiert wurde, sondern ich auch die RN verlassen habe und nun mein ganzes Leben in Aufruhr ist, da ich niemanden habe, der sich um mich kümmert. Er war ein echter Fels in der Brandung und fast ein Teil der Familie".
"Wenn du eine gute Idee hast, wie ich wieder auf die richtige Spur kommen kann, wäre ich für einen Ratschlag dankbar. Wir sehen uns bald wieder ... Ich hoffe, du kommst vorbei", schloss die E-Mail.
Öffentlichen Unterlagen zufolge verließ Mountbatten-Windsor im Juli 2001 die britische Royal Navy - was in der E-Mail mit RN gemeint sein könnte.
Mountbatten-Windsors Epstein-Verbindung
Im Oktober entzog König Charles III. seinem jüngeren Bruder Andrew Mountbatten-Windsor seine königlichen Titel und wies ihn an, die Royal Lodge, seine Residenz auf dem Gelände von Schloss Windsor, zu verlassen.
Diese Entscheidung folgte auf eine jahrelange Kontroverse über Mountbatten-Windsors Verbindung zu Epstein. Nach einem desaströsen BBC-Interview über seine Freundschaft mit Epstein zog er sich 2019 von seinen königlichen Pflichten zurück.
Mountbatten-Windsor wurde im Zusammenhang mit Epstein keiner Straftat angeklagt und hat wiederholt jegliches Fehlverhalten abgestritten.
Im Jahr 2022 zahlte der damalige Prinz Andrew einen Vergleich an Virginia Giuffre, die ihn beschuldigte, sie im Alter von 17 Jahren sexuell missbraucht zu haben. Die Höhe der Entschädigung wurde nicht bekannt gegeben, in Berichten wurde sie jedoch auf bis zu 13 Millionen Euro geschätzt.
Mountbatten-Windsor räumte zwar kein Fehlverhalten ein, erkannte aber in dem Vergleich das Leiden von Virginia Giuffre als Opfer von sexuellem Missbrauch an.
Mountbatten-Windsor sagte, er könne sich nicht daran erinnern, Giuffre getroffen zu haben, obwohl ein Foto ihn mit seinem Arm um die Taille der 17-Jährigen neben Maxwell zeigt.
Virginia Giuffre nahm sich im April 2025 im Alter von 41 Jahren auf ihrer Farm in Westaustralien das Leben. Ihre posthumen Memoiren "Nobody's Girl" wurden im Oktober veröffentlicht.
Was wir über die jüngste Veröffentlichung wissen
Die E-Mails sind Teil der vierten Veröffentlichung von Dokumenten aus den Epstein-Akten. Das US-Justizministerium hat seit Freitag auf der Grundlage des Epstein Files Transparency Act, der die Veröffentlichung aller nicht als geheim eingestuften Unterlagen vorschreibt, mehr als 300.000 Seiten an Unterlagen aus den Ermittlungen gegen Epstein freigegeben.
Zu den Akten gehören Fotos, Gerichtsakten, Dokumente des FBI und des Justizministeriums, E-Mails, Zeitungsausschnitte und Videos im Zusammenhang mit Epsteins kriminellen Aktivitäten und seinem Selbstmord im Jahr 2019 im Gefängnis.
Unter den veröffentlichten Dokumenten befinden sich auch Bilder prominenter Persönlichkeiten, darunter der ehemalige US-Präsident Bill Clinton, der Schauspieler Kevin Spacey, der Sänger Michael Jackson, der Regisseur Woody Allen und der linke Politikwissenschaftler Noam Chomsky.
Keines der freigegebenen Bilder zeigt sexuelle Handlungen. Dass jemand auf den Fotos erscheint, deutet nicht unbedingt auf die Kenntnis von oder auf die Beteiligung an Epsteins Verbrechen hin.
Maxwell, eine britische Prominente und langjährige Mitarbeiterin Epsteins, wurde im Dezember 2021 wegen Sexhandels zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt.
Sie wurde in fünf Anklagepunkten für schuldig befunden, unter anderem weil sie minderjährige Mädchen für Epstein rekrutiert und für den sexuellen Missbrauch vorbereitet hatte.
Jeffrey Epstein, ein reicher Finanzier, starb im August 2019 offensichtlich durch Selbstmord in einem New Yorker Gefängnis, während er auf seinen Prozess wegen Sexhandels wartete.
Die jüngste Veröffentlichung von Dokumenten umfasst anonyme Hinweise, die den Strafverfolgungsbehörden in Bezug auf Mountbatten-Windsor übermittelt wurden, Gerichtsprotokolle, Flugprotokolle und andere Materialien.
In einem Dokument des US-Justizministeriums aus der Untersuchung heißt es, dass "schließlich" Beweise dafür vorlägen, "dass Prinz Andrew an sexuellen Handlungen mit einem von Epsteins Opfern beteiligt war".
Die Demokraten im US-Repräsentantenhaus haben Mountbatten-Windsor zu einer Befragung über Epstein aufgefordert, aber er hat auf ihre Vorladung nicht reagiert, was sie als "weiteres Verstecken" bezeichneten.
Der britische Premierminister Keir Starmer schlug Mountbatten-Windsor vor, vor dem US-Kongress auszusagen.
Auch die US-Staatsanwälte wollten Mountbatten-Windsor unter Vorbehalt zu den Vorwürfen des Sexhandels mit Epstein befragen.
Weder das britische Königshaus noch die Vertreter von Mountbatten-Windsor haben sich zu den am Dienstag veröffentlichten E-Mails geäußert.