Newsletter Newsletters Events Veranstaltungen Podcasts Videos Africanews
Loader
Finden Sie uns
Werbung

Frankreichs Wirtschaftsprognose 2026: Wie schwer wiegt die Schuldenlast?

Archivbild. Im Grand Palais in Paris laufen Menschen auf einer Eisbahn Schlittschuh. `16. Dez. 2025
Archivbild. Menschen laufen Schlittschuh auf der Eisbahn im Grand Palais in Paris. 16. Dez. 2025 Copyright  AP/2025
Copyright AP/2025
Von Piero Cingari
Zuerst veröffentlicht am
Teilen Kommentare
Teilen Close Button

Frankreichs Ausblick 2026 ist schwach: steigende Schulden, hohe Defizite, Stillstand. Wachstum erholt sich nur leicht. Kaum Sparkurs, Reformmüdigkeit belastet.

Frankreich steuert auf 2026 zu. Die Wirtschaft bleibt widerstandsfähig, doch hohe Staatsdefizite und eine langwierige politische Blockade setzen sie zunehmend unter Druck.

Das Wachstum dürfte sich moderat erholen, da die Inflation nachlässt und sich die Finanzierungskonditionen verbessern. Dennoch warnen Ratingagenturen und Banken: Schwache Haushaltskonsolidierung und die Blockade im Parlament sind inzwischen strukturelle Merkmale des französischen Ausblicks.

Diese Sorgen wurden jüngst bekräftigt: Die Ratingagentur KBRA stufte Frankreichs langfristiges Staatsrating in der vergangenen Woche auf AA- herab. Begründung: anhaltend hohe Defizite und eine sich verschlechternde Schuldenentwicklung. Den Ausblick hob die Agentur von negativ auf stabil. Sie warnte jedoch, ohne entschiedene Reformen und Ausgabendisziplin blieben die Kennzahlen der Staatsbonität unter Druck.

„Trotz Frankreichs außergewöhnlichem Zugang zu Liquidität belastet ein zersplittertes politisches Umfeld die Kreditkennzahlen. Es verhindert eine spürbare Haushaltskonsolidierung und hält die Defizite hoch“, sagte Ken Egan, Senior Director für Staaten bei KBRA, gegenüber Euronews.

Frankreichs Wachstum bleibt verhalten

Frankreich steht vor einem heiklen Übergang. Das Wachstum kühlt ab, die Schulden steigen. Vor der Präsidentschaftswahl 2027 schrumpft der Spielraum für Haushaltskonsolidierung.

Eine Rezession ist zwar wenig wahrscheinlich. Doch der Spielraum, die öffentlichen Finanzen zu korrigieren, ohne die Konjunktur zu gefährden, wird enger.

Das BIP-Wachstum sank 2024 auf eins Komma eins Prozent und dürfte 2025 bei rund null Komma acht Prozent liegen, so KBRA. Die Wirtschaftsleistung leidet unter schwacher Binnennachfrage, verhaltenen Investitionen und anhaltender Unsicherheit durch Geopolitik und die Zersplitterung des Welthandels.

Die privaten Konsumausgaben bleiben zurückhaltend. Die Inflation fällt, die Reallöhne steigen. Dennoch sparen die Haushalte weiter viel.

Investitionen leiden unter den verzögerten Effekten höherer Zinsen, besonders im Bau und in anderen zinssensitiven Branchen. Die Aufbau- und Resilienzfazilität (RRF) und das Programm France 2030 sollen stützen. Ohne breitere Reformen dürfte die Gesamtwirkung jedoch begrenzt bleiben.

Positiv: Die Inflation ist in Frankreich deutlich gesunken. Das verschafft den Haushalten nach einer langen Phase hoher Preise etwas Luft.

Die harmonisierte Gesamtinflation fiel Ende 2025 auf null Komma neun Prozent im Jahresvergleich. Sie lag damit klar unter dem Ziel der Europäischen Zentralbank und unter dem Durchschnitt des Euroraums.

Die schnelle Disinflation spiegelt regulierte Energiepreisanpassungen und eine gemäßigte Lohnentwicklung wider.

Politik bremst die Haushaltsumsetzung

Ein zentraler Hemmschuh ist das zunehmend zersplitterte politische Umfeld in Frankreich.

In der zweiten Amtszeit von Präsident Emmanuel Macron gab es wiederholt Haushaltsblockaden. Er verlor die absolute Mehrheit im Parlament. Gesetze durchzubringen fällt immer schwerer.

Mehrere Misstrauensvoten und der häufige Rückgriff auf verfassungsrechtliche Instrumente unterstreichen eine tieferliegende, strukturelle Blockade in der Politikgestaltung.

Versuche, Haushaltsreformen voranzutreiben – darunter die umstrittene Rentenreform 2023 – wurden verzögert oder ausgesetzt, weil die Regierung um brüchige Mehrheiten ringt.

Die vorläufige Aussetzung von Rentenmaßnahmen, die bis 2027 jährlich elf Milliarden Euro einsparen sollten, zeigt den Preis dieser politischen Kompromisse.

Anpassungen der Reform bringen 2026 voraussichtlich nur 100 Millionen Euro Einsparungen.

Egan von KBRA warnte, die Unsicherheit über den Kurs der Politik „schlage inzwischen als Aufschlag auf französische Staatsanleihen“ zu Buche – ein Zeichen wachsender Vorsicht bei Investoren. Zudem könne es zwar Phasen begrenzter politischer Geschlossenheit geben, „doch das Gesamtbild bleibt eines anhaltender Zersplitterung, die kaum nachlässt und sich sogar noch verstärken könnte“.

Die öffentlichen Finanzen bleiben die zentrale Schwachstelle

Der Internationale Währungsfonds (IWF) erwartet, dass die Schuldenquote Frankreichs von rund 116 Prozent im Jahr 2025 bis 2030 auf fast 130 Prozent steigt – und sich damit von den Konsolidierungspfaden vieler Euro-Länder entfernt.

Steigende Zinszahlungen verschärfen die Last. Das französische Schatzamt rechnet damit, dass die Schuldendienstkosten 2026 auf 59,3 Milliarden Euro anschwellen – nach 36,2 Milliarden Euro im Jahr 2020.

Frankreich weist zudem weiterhin ein Primärdefizit aus. Für 2026 bis 2030 wird es auf drei Komma vier Prozent geschätzt. Das erschwert die Stabilisierung der Schuldenentwicklung.

„Steigende Finanzierungskosten und zunehmender Ausgabedruck bedeuten, dass eine spürbare Konsolidierung einen mehrjährigen Kraftakt erfordert“, warnte KBRA in seinem Bericht.

Obwohl die Staatseinnahmen mit über 51 Prozent des BIP hoch sind, ist der Spielraum für weitere Anhebungen gering. Frankreich zählt bereits zu den OECD-Ländern mit den höchsten Steuerquoten.

Zugleich halten strukturelle Ausgabenbelastungen an, vor allem bei Renten und Verteidigung.

Guter Marktzugang dämpft kurzfristige Risiken

Trotz dieser Schwächen betont KBRA, dass Frankreich außergewöhnliche Finanzierungsspielräume behält. Französische Staatsanleihen profitieren von hoher Liquidität, einer breit gestreuten Anlegerbasis und dem Kernstatus des Landes im Euroraum.

Diese Faktoren sichern weiterhin einen reibungslosen Marktzugang – auch bei erhöhter politischer Unsicherheit.

Mit Blick auf 2026 sieht KBRA den Ausblick Frankreichs von diesem Spannungsfeld geprägt: starker Marktzugang auf der einen, schwache fiskalische Fundamentaldaten auf der anderen Seite.

Hohe Liquidität nimmt zwar kurzfristige Risiken. Doch ohne anhaltende Haushaltskonsolidierung und mehr politische Stabilität dürfte die Schuldenlast weiter steigen und den politischen Spielraum mittelfristig einengen.

Zu den Barrierefreiheitskürzeln springen
Teilen Kommentare

Zum selben Thema

BIP-Wachstumsprognosen: Welche europäischen Volkswirtschaften wachsen am stärksten?

Griechenland zahlt EU-Gläubigern vorzeitig zurück und stärkt Marktvertrauen

Spanien sperrt Grenzübergang Biriatou für Lkw wegen französischer Bauernproteste