Von Functional-Drinks und Olivenöl-Shots bis zu McDonald’s „Migräne-Menüs“: 2025 bringt viele virale Gesundheitstrends. Doch taugen sie etwas?
Zum Ende des Jahres 2025 ist klar: Soziale Medien prägen weiterhin, wie wir essen, trinken, ausruhen und unsere Gesundheit „optimieren“, mit guten und schlechten Folgen.
Im Laufe des Jahres haben TikTok, Instagram und Reddit alte Wellness-Ideen wiederbelebt und neue, teils sehr spezielle, mitunter skurrile und gelegentlich riskante Gewohnheiten befeuert.
Von „Functional Drinks“ und extremen Diäten bis zu viralen Selfcare-Tricks: Ein Rückblick auf die Gesundheits-, Wellness- und Beauty-Trends, die 2025 unsere Feeds dominierten, und darauf, was Fachleute wirklich über ihren Nutzen sagen.
„Enhanced“ oder „Loaded Water“
Wer dieses Jahr auf #WaterTok unterwegs war, hat wohl gesehen, wie Influencer und Wellness-Fans „Loaded Water“ feiern.
Dabei werden große Wasserflaschen mit Elektrolyt-Pulvern, bunten Aromastoffen, Nahrungsergänzung, Kokoswasser oder Obst gemischt. Die leicht zu Hause herzustellenden Getränke sollen Energie, Verdauung oder Konzentration fördern.
Das kann spielerisch zum Trinken motivieren. Belege dafür, dass die meisten Menschen täglich Elektrolyte brauchen, gibt es jedoch kaum. Die Nieren regulieren den Elektrolythaushalt. Für die meisten reicht normales Wasser aus.
Manche Rezepte bringen zudem unnötig Zucker und Kalorien mit.
„Ein übermäßiger Konsum mancher Elektrolyte, etwa Natrium und Kalium, kann für bestimmte Personen riskant sein, zum Beispiel bei Bluthochdruck oder Nierenerkrankungen“, sagte Helen Tieu, Ernährungsberaterin und Gründerin von Diet Redefined, Anfang des Jahres Healthline.
Den Bedarf deckt oft eine ausgewogene Ernährung mit unverarbeiteten Lebensmitteln, ergänzte sie.
„Greifen Sie lieber zu ganzen Obstscheiben statt zu Säften, Sirupen oder Pulvern. Das ist weniger verarbeitet und zuckerärmer“, riet Tieu.
„Säfte und Sirupe sollten Sie begrenzen. Wenn Sie sie verwenden, verdünnen Sie sie im Verhältnis eins zu fünf bis zehn mit Wasser.“
Fazit: im Allgemeinen sicher, aber für die meisten unnötig, und am besten zuckerarm.
Die Carnivore- und „Lion“-Diät
Die Carnivore-Diät – nur Fleisch, Fisch, Eier und etwas Milchprodukte – erlebte online ein Comeback. Noch strenger ist die „Lion“-Diät. Sie erlaubt nur Rindfleisch, Salz und Wasser.
Anhänger versprechen bessere Haut, eine gesündere Verdauung und Schlaf, weil „unnatürliche“ Lebensmittel wegfallen. Fachleute widersprechen deutlich.
„Ich halte die Carnivore-Diät für unausgewogen“, sagte Dr. Bhavini Shah von LloydsPharmacy Online Doctor dem Magazin Glamour.
„Kein einzelnes Lebensmittel oder eine Gruppe deckt alle für gute Gesundheit nötigen Nährstoffe ab. Deshalb würde ich eine Ernährung wie die Carnivore-Diät nicht empfehlen – auch nicht kurzfristig.“
Fleisch liefert zwar Eiweiß, Eisen und B-Vitamine. Ein Zuviel wird jedoch mit Bluthochdruck, hohen Cholesterinwerten, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes in Verbindung gebracht.
Eine Studie aus 2025 von Forschenden der Mass General Brigham, der Harvard University und des MIT zeigte: Kognitives Altern beschleunigte sich um rund eineinhalb Jahre pro durchschnittlicher Portion verarbeitetem roten Fleisch.
Wenn man eine Portion verarbeitetes Fleisch durch Nüsse oder Hülsenfrüchte ersetzt, sinkt das Demenzrisiko um 19 Prozent und das Risiko eines selbst berichteten kognitiven Abbaus um 21 Prozent.
Fazit: hohes Risiko, wenig Evidenz, nicht zu empfehlen.
LED-Gesichtsmasken
In der Hautpflege waren LED-Heimmasken überall. Die leuchtenden Geräte in Rot, Blau oder nahem Infrarot versprechen klarere, strahlendere Haut und sehen dabei ziemlich gruselig aus.
„LED-Technologie wirkt, indem die Haut Lichtenergie aufnimmt und dadurch zelluläre Veränderungen auslöst. Dieser Prozess heißt Photobiomodulation (PBM)“, erklärte der Dermatologe Dr. Jonathan Kentley der BBC.
So bilden sich neue Blutgefäße und Hautzellen, außerdem mehr Kollagen und Elastin. PBM wird auch bei Akne eingesetzt, da es Entzündungen mindert und die Talgproduktion reduziert.
Die Datenlage ist jedoch nicht eindeutig. Dr. Justine Kluk, auf Akne spezialisierte Dermatologin, sagte der BBC, Heimmasken klängen „vielversprechend“, doch viele Hersteller „spekulieren“ über die Effekte.
„Niemand testet diese Geräte mit großen Probandenzahlen über lange Zeiträume. Deshalb sind wir nicht wirklich sicher. Ich glaube, die Vorteile sind eher bescheiden“, so Kluk.
Fachleute betonen zudem: Heimmasken sind schwächer als medizinische Geräte. „Heimmasken sind meist weniger wirksam als Behandlungen in der Praxis“, sagte die Dermatologin Janiene Luke Consumer Reports. „Wer sie zusätzlich zu verschriebenen Medikamenten nutzt und sich an die Anleitung hält, kann davon profitieren.“
Fazit: allgemein sicher und eine nette Ergänzung zur Pflegeroutine, aber keine Wunder. Verschreibungspflichtige Therapien oder eine solide Routine ersetzen sie nicht.
Functional Drinks und Kaffee
Functional Drinks – von Pilzkaffee bis zu mit CBD versetzten Sprudelgetränken, die „Ruhe“ oder „Fokus“ versprechen – sind 2025 im Mainstream angekommen und vom Reformhaus in den Supermarkt gezogen.
Laut Grand View Research könnte der weltweite Markt bis 2030 auf 248,51 Milliarden Dollar (212 Milliarden Euro) wachsen. Zugleich greifen 44 Prozent der britischen 18- bis 24-Jährigen inzwischen zu alkoholarmen oder alkoholfreien Alternativen, ergab eine YouGov-Umfrage.
Oft stecken darin Ashwagandha, Lion’s Mane, Magnesium und L-Theanin.
„Es gibt für einige dieser Inhaltsstoffe vielversprechende Hinweise, die Ergebnisse variieren jedoch und die Forschung ist begrenzt“, sagte Nicole Cucco, Ernährungsberaterin und zertifizierte Personal Trainerin bei der Gesundheits-App Muscle Booster, Euronews Health.
„Ashwagandha und L-Theanin zeigten in randomisierten Studien Vorteile, vor allem bei Stress, Angst oder Aufmerksamkeit. Magnesium ist besser untersucht, aber eine Ergänzung hilft nur bei einem Mangel – sind die Werte normal, bringt mehr Magnesium kaum etwas“, sagte sie.
„Der Placeboeffekt ist hier besonders stark, weil Stimmung und Fokus subjektiv sind“, erklärte Cucco. „Wenn man glaubt, ein Getränk werde beruhigen, verändert das tatsächlich, wie das Gehirn Stress wahrnimmt. Das macht die Produkte nicht nutzlos, aber Erwartungen können ihre Wirkung verstärken.“
„Verbraucher sollten innehalten, hinter die Werbung schauen und kurz recherchieren, bevor sie kaufen“, so Cucco.
Fazit: für manche gibt es Vorteile, aber Marketing ist oft schneller als die Evidenz.
Bed Rotting
„Bed Rotting“ ist TikToks jüngste Antwort auf Burnout: stundenlang im Bett bleiben, nicht zum Schlafen, sondern zum Scrollen, Snacken und Serien-Binge.
Besonders beliebt ist es bei der Gen Z. Viele fühlen sich erschöpft von Arbeit, Studium und dem ständigen Druck, immer „on“ zu sein. In kleinen Dosen, sagen Expertinnen und Experten, ist der Reiz nachvollziehbar.
„Bed Rotting hat seine Vorzüge“, sagte Courtney DeAngelis, Psychologin am NewYork-Presbyterian/Columbia University Irving Medical Center, dem Magazin Health. In Maßen könne es den Körper beruhigen und Stress sowie Erschöpfung lindern.
Es kann auch die Schuldgefühle beim Ausruhen verringern. „Unsere Gesellschaft legt zu viel Gewicht auf – und in gewisser Weise glorifiziert – ständige Beschäftigung und Produktivität“, sagte Nicole Hollingshead, Psychologin und klinische Assistenzprofessorin am Ohio State University Wexner Medical Center, Health.
Wichtig sind jedoch Dauer und Kontext. „Wenn Bed Rotting zur Gewohnheit wird, kann das auf Depressionen oder andere psychische Probleme hinweisen“, sagte Ryan Sultan, Assistenzprofessor für klinische Psychiatrie am Columbia University Irving Medical Center/New York State Psychiatric Institute.
Lange Zeiten im Bett stören zudem den Schlaf. „Kurz gesagt, der Körper könnte nachts verwirrt sein und nicht wissen, ob Sie einschlafen wollen oder bed rotting betreiben“, so DeAngelis.
Auch vor zu viel Bildschirmzeit wird gewarnt.
„Immer mehr Studien belegen die negativen Auswirkungen von Social Media und Handynutzung auf die mentale Gesundheit, besonders bei jungen Erwachsenen“, sagte Hollingshead.
Fazit: kurze Ruhephasen können helfen. Häufiges Bed Rotting kann Schlaf stören, Aktivität senken und die psychische Gesundheit verschlechtern, das rechte Maß zählt.
Kolostrum-Präparate vom Rind
Rinderkolostrum – pulverisierte Erstmilch der Kuh nach der Geburt – wurde dieses Jahr in sozialen Medien stark beworben.
Laut Dr. Catherine Stanton und Dr. Kevin Linehan von Teagasc in Irland deuten Studien darauf hin, dass solche Präparate Erwachsenen Vorteile bringen könnten, „vor allem, wenn sie Immunität stärken, den Darm schützen oder Regeneration und Haut verbessern wollen“.
Die Forschung weist jedoch große Lücken auf.
Hinzu kommen ethische Fragen zur Beschaffung von Kalbsnahrung für Supplemente, Qualitätsprobleme in einem kaum regulierten Markt und Gesundheitsrisiken für Menschen mit Milchallergien, Laktoseintoleranz sowie für Schwangere und Stillende.
Fazit: vielversprechend, aber schlecht reguliert, ethisch umstritten und definitiv nicht für alle geeignet.
Zähnebleichen mit Wasserstoffperoxid
Von einem Trend raten Fachleute klar ab: Zähne zu Hause mit Wasserstoffperoxid (also Bleichmittel) aufhellen. In Videos tupfen Nutzerinnen und Nutzer drei Prozent Wasserstoffperoxid direkt mit Wattestäbchen auf die Zähne. Aua.
Wasserstoffperoxid desinfiziert und steckt in Reinigungsprodukten oder wird zur Wundsterilisation genutzt, nicht zur direkten Anwendung im Mund. Das Vorgehen oben kann starke Zahnsensibilität auslösen, chemische Verbrennungen an Zahnfleisch und Lippen verursachen und im Extremfall zu Zahnverlust oder notwendigen Zahnfleischtransplantationen führen.
Richtig eingesetzt kann Wasserstoffperoxid beim Bleichen helfen, aber nur unter fachlicher Aufsicht. Zu Hause lieber die Finger davon lassen.
Fazit: unsicher und besser ganz vermeiden.
Olivenöl-Shots
Natives Olivenöl extra (EVOO) gilt als gut fürs Herz und entzündungshemmend. Manche Influencer empfehlen nun tägliche „Shots“ für Verdauung und Haut.
Was sagen Fachleute? Annie Fenn, Autorin von The Brain Health Kitchen, sagte Real Simple, sie bevorzuge EVOO zusammen mit Essen. „EVOO ist von sich aus gesund und verbessert zudem die Aufnahme von Nährstoffen aus Lebensmitteln.“
„Wer Olivenöl nur als Shot nimmt, verpasst diese Vorteile“, so Fenn. Olivenöl hilft dem Körper, Nährstoffe aus Gemüse, Vollkorn, Hülsenfrüchten, Fisch und Meeresfrüchten aufzunehmen.
Fazit: gesund, aber am besten zu den Mahlzeiten, nicht pur.
Fibremaxxing
Als Teil der Online-„Maxxing“-Kultur fordert „Fibremaxxing“ dazu auf, so viel Ballaststoffe wie möglich zu essen.
Der britische Gesundheitsdienst NHS empfiehlt 25 Gramm Ballaststoffe pro Tag für Frauen und 38 Gramm für Männer, doch die meisten Erwachsenen liegen deutlich darunter.
„Es ist gut dokumentiert, dass eine ballaststoffreiche Ernährung mit niedrigeren Cholesterin- und Blutzuckerwerten sowie weniger Entzündungen einhergeht und vor Darmkrebs schützt“, sagte Boushra Dalile, Postdoktorandin an der KU Leuven, Euronews Health.
Eine im Auftrag der WHO durchgeführte Studie ergab, dass eine Steigerung der Aufnahme von 25 auf 29 Gramm pro Tag die Gesamtsterblichkeit und Todesfälle durch Herzkrankheiten um bis zu 30 Prozent senkte.
Wer jedoch zu schnell erhöht, riskiert Beschwerden.
„Dann können Schmerzen und sogar Verstopfung auftreten, weil das System plötzlich mit Dingen bombardiert wird, die es nicht verdauen kann“, warnte Dalile. Viel Wasser zu trinken sei dabei entscheidend.
Fazit: positiv, wenn Schritt für Schritt gesteigert.
Das „Migraine Meal“
Das „Migraine Meal“ – meist eine große Cola und Pommes von McDonald’s – ging auf TikTok und Reddit viral als angebliche Migräne-Kur.
Fachleute sehen plausible Gründe, warum es manchen hilft.
Koffein lindert Schmerzen und verstärkt gängige Migräne-Medikamente, Salz und Kohlenhydrate können Elektrolyte und Blutzucker stabilisieren. Gelüste sind zudem Teil der Vorbotenphase.
Eine allgemeingültige Lösung ist es nicht. Es wirkt nicht bei allen, und McDonald’s ist bekanntermaßen keine gesunde Gewohnheit.
Fazit: kann manchen kurzfristig helfen, aber nichts, worauf man sich verlassen sollte.