Theyyam-Ritualtheater - Göttlicher Tanz aus Urzeiten

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Durch Trommelmusik und den Gesang heiliger Verse geraten die niedrigkastigen Akteure in einen Zustand der Besessenheit, in welchem sie eine Gottheit verkörpern.

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Theyyam ist ein hinduistisches Ritual, dessen Ursprung bin in graue Vorzeiten zurückgeht. Über Generationen weitergegeben mischen sich darin volksreligiöse Vorstellungen mit brahmanischen Traditionen.

Die Klänge von Trommeln, die seit Urzeiten geschlagen werden – wir sind im südindischen Bundesstaat Kerala an der Malabarküste. Hier wird Theyyam aufgeführt, ein hinduistisches Ritualtheater, von dem einige glauben, dass die Ursprünge ins Neolithikum zurückgehen.

Der Kult, der in der nördlichen Malabarregion aufgeführt wird, ist eng mit der Natur verbunden. Für gut 400 männliche und weibliche Gottheiten, Geistwesen, mythische Vorfahren und personifizierte Tiere werden im Freien entsprechende Rituale veranstaltet.

Theyyam, a ritualistic folk art popular in north Malabar incorporating dance, mime and music.#culture#Kerala#India#travelpic.twitter.com/SfpS8tO613

— VAYU (@vayutravels) 25. April 2017

“Jede Gemeinschaft hat ihre eigenen Rituale. Wenn diese Rituale nach sorgfältigen Vorbereitungen aufgeführt werden, glaubt man, das Göttliche zu sehen, die Wahrheit zu sehen”, erklärt Darsteller Annooran Balan Nenikkem.

Mit 12 Jahren begann Balan als Darsteller der Theyyam-Rituale. Heute gibt er sein Wissen an seinen Enkel weiter:

“Es gibt keine Schulen, um Theyyam zu unterrichten. Die Ausbildung findet im Rahmen der Gurukula*-Tradition statt. Wenn die Älteren das Ritual aufführen, sehen die Schüler zu und lernen die Rituale durch Beobachtung und Wiederholung.”

  • Gurukula bedeutet auf Sanskrit Haus des Gurus. Das Wort bezeichnet die traditionelle indische Erziehungs- und Ausbildungsmethode, wonach der Schüler im Haus seines Lehrers (Guru) wohnte, diesem diente, und von ihm im praktischen Lebenszusammenhang unterwiesen wurde.

“Anfangs schaute ich mir mit meinem Vater Theyyam-Aufführungen an. Ich habe viele gesehen, es gefiel mit. Als ich ein bisschen älter war, half ich den Darstellern. Und dann fragte ich, ob ich mitmachen darf”, so Annooran Karthik, der Enkel Balans.

Seit über 300 Jahren organisiert die Krishnan-Familie den Ritus jedes Jahr auf ihrem Familienbesitz:

“Mein Urgroßvater, Großvater und Vater: Seit drei Generationen pflegt unsere Familie die Tradition von Theyyam-Ritualen auf unserem Stammsitz. Die Leute kommen von überallher. Ihr Glück ist unser Glück. Wenn Sie beispielsweise durch ihre Gebete ein Kind bekommen, beten sie auch für uns. Gott wird sie segnen. Und dadurch werden auch wir gesegnet sein”, sagt der Tempelpriester Krishnan.

Die Vorbereitungen beginnen Stunden vor der Aufführung: Die Darsteller nähen aufwendige Kostüme aus Palmblättern. Alle Bestandteile kommen aus der Natur. Abweichend von den traditionellen Rollen kommen Theyyam-Darsteller aus den unteren Kasten der hinduistischen Gesellschaft, Brahmanenpriester aus höheren Kasten wie Krishnan laden sie dazu ein:

“Sie stammen aus der unteren Kaste. Aber wenn sie das Ritual ausführen, verwandeln sie sich in Gottheiten, dann stehen sie sogar über uns.”

Nach dem Rhythmus der Trommeln verfallen die Darsteller in Trance. Ab einem gewissen Punkt ist der Tanzende kein Mensch mehr, sondern verwandelt sich nach dem Glauben in eine Gottheit. Theyyam-Aufführungen können bis zu 24 Stunden dauern. Das Publikum sucht die Verbindung mit dem Göttlichen, den göttlichen Segen.

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