Nuit debout: Vorübergehender Sammelplatz für andere Bewegungen

Nuit debout: Vorübergehender Sammelplatz für andere Bewegungen
Von Euronews
Diesen Artikel teilenKommentare
Diesen Artikel teilenClose Button
Den Link zum Einbetten des Videos kopierenCopy to clipboardCopied

Die Nuit-debout-Bewegung in Frankreich wird mit anderen Bürgerprotesten wie Occupy Wall Street oder den Indignados verglichen.

Die Nuit-debout-Bewegung in Frankreich wird mit anderen Bürgerprotesten wie Occupy Wall Street oder den Indignados verglichen. Sie hat aber nicht deren Ausmaß erreicht. Viele Franzosen erwarten ihr baldiges Ende. Wir fragten Albert Ogien, Sozialforscher am französischen Zentrum für wissenschaftliche Forschung CNRS, nach seiner Prognose.

Sophie Claudet, euronews:
“Neben Frankreich und Spanien hat es auch in anderen Ländern solche Bürgerprotestbewegungen gegeben. Ist da eine Tendenz in Europa im Gange?”

Albert Ogien, Sozialforscher:
“Die Tatsache, dass das System der Parteien, der repräsentativen Demokratie, nach 70 Jahren in Frieden seit dem Zweiten Weltkrieg ein bisschen eingerostet ist, erklärt, warum die Bürger sich nicht mehr unbedingt in der Art wiederfinden, wie die Regierungen regieren. Das ist ein sehr, sehr generelles Phänomen in Europa. Und in einigen Gegenden hat sich diese Aversion gegenüber den Fehlleistungen des repräsentativen Systems schon in der Gründung neuer Parteien niedergeschlagen, die auch die Macht übernehmen können. Das ist der Fall von Podemos, von der Fünf-Sterne-Bewegung in Italien und in etwas anderer Weise von Syriza in Griechenland.”

euronews:
“Warum vereint Nuit debout nicht so viele Menschen wie damals die Indignados in Spanien? Ist die Bewegung schon im Niedergang?”

Albert Ogien:
“Am Anfang war es eine Überraschung, dass sie existiert, die Art, wie sie existierte, mit Menschenansammlungen, die aber nicht so groß waren wie die in New York, London oder Spanien. Die Schwierigkeit ist ja schon: Kann man das als Bewegung definieren? Es ist etwas, das passiert ist, eine Art Ereignis, eine spontane, ein bisschen organisierte Versammlung, die letztlich hervorgeht aus den verschiedensten Inititiativen, die die Bürger überall Frankreich in den vergangenen Jahren ergriffen haben, um über politische Fragen zu debattieren. Deshalb wird Nuit debout genauso, wie es nicht erst in dem Moment entstand, als die Leute den Platz der Republik in Paris besetzten, auch nicht in dem Moment sterben, in dem sich niemand mehr auf dem Platz versammelt. Die Leute, die in den Diskussionsforen waren, bei den Demonstrationen, die Aktivisten, die Militanten all überall in Frankreich – sie werden wieder zu ihren eigenen Demonstrationen zurückkehren, zu ihren eigenen Aktionen. Die Tatsache, dass die Bewegung dann nicht mehr sichtbar für die Medien existiert, heißt keinesfalls, dass die Leute, die einen politischen Wandel wünschen, nicht mehr für diesen Wandel arbeiten werden.”

Diesen Artikel teilenKommentare

Zum selben Thema

Weniger Schulden, mehr Arbeitslose: Madrids linke Bürgermeisterin Carmena ein Jahr im Amt

Frankreichs schlaflose "Aufrechte" kurz vorm Einschlafen?

Hat Frankreich aus den Terroranschlägen von 2015 seine Lehren gezogen?