Weniger Lebensmittelkontrollen: EU macht Großbritannien Angebote

EU-Kommissions-Vizepräsident Maros Sefcovic
EU-Kommissions-Vizepräsident Maros Sefcovic Copyright ARIS OIKONOMOU/AFP
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Von Euronews mit dpa
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Im Streit um das Nordirland-Protokoll geht die EU einen Schritt auf London zu: Lebensmittelkontrollen und Zoll-Formalitäten sollen drastisch reduziert werden.

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Der Brexit ist zurück - und zwar mit einem Knall. Nach monatelangem politischem Gezerre, erklärte sich die EU bereit, Zugeständnisse zu machen.

Ein Großteil der Kontrollen für britische Waren, die nun nach Nordirland eingeführt werden, soll ausgesetzt werden. Brüssel will die wachsenden Spannungen mit London durch erhebliche Erleichterungen beim Warenverkehr in die Provinz abbauen.

Nur noch eine Bescheinigung anstatt 100

Der Brexit-Beauftragte der EU-Kommission Maros Sefcovic erklärte, die Lebensmittelkontrollen würden um 80 Prozent reduziert werden: "Ein Lkw, der Lebensmittel wie Milchprodukte, Fleisch, Fisch, Obst und Gemüse von Großbritannien aus zu Supermärkten in Nordirland transportiert, benötigt nur noch eine einzige Bescheinigung", so der Vizepräsident der Europäischen Kommission.

Aus dieser müsse hervorgehen, dass alle Waren unterschiedlichster Art, Klasse oder Beschreibung den Anforderungen des EU-Rechts entsprechen würden. "Wenn Sie also 100 verschiedene Lebensmittelprodukte transportieren, brauchen Sie nur noch eine Bescheinigung statt 100."

Weniger Zoll-Formalitäten an Grenze

Ein weiteres Angebot der EU-Kommission sieht vor, den Papieraufwand bei Zoll-Formalitäten um die Hälfte zu reduzieren. London müsse den EU-Behörden dazu aber Zugang zu IT-Systemen in Echtzeit gewähren, so die Forderung.

Keine Erwähnung fand die Rolle des Europäischen Gerichtshofs bei Anwendung des EU-Rechts in Nordirland. Der britische Brexit-Minister Lord David Frost will ein unabhängiges Streitbeilegungsverfahren, wie bei anderen Handelsabkommen: "Unser Vorschlag ähnelt eher einem Vertrag, mit einem neutralen Schiedsgericht anstelle eines Systems, das vom Gericht einer der Parteien, dem Europäischen Gerichtshof, überwacht wird."

Kein "Friss-oder-stirb"-Paket

Brexit-Kommissar Sefcovic ist da anderer Meinung: Es gebe keinen Zugang zum Binnenmarkt, ohne die Aufsicht des EuGH, so der slowakische Politiker. "Doch ich denke, dass wir das Gerede um rote Linien und Fristen doch besser beiseite lassen sollten."

Brüssel deutete zudem Gesprächsbereitschaft an. Die Vorschläge würden der britischen Regierung nicht als ein "Friss-oder-stirb"-Paket vorgelegt.

Nordirland-Protokoll regelt neue Grenze auf irischer Insel

Die überarbeiteten Vorschläge Sefcovics beziehen sich auf das sogenannte Nordirland-Protokoll. Damit gelang während der britischen Austrittsverhandlungen der Durchbruch im Streit um die frühere Bürgerkriegsregion. Darin ist geregelt, dass Nordirland weiterhin den Regeln des EU-Binnenmarkts und der Zollunion folgt. Eine harte Grenze zwischen Nordirland und dem EU-Mitglied Republik Irland - und ein neuerlicher Ausbruch des Konflikts um eine Wiedervereinigung der Insel - solle so verhindert werden.

Um auszuschließen, dass unkontrolliert Waren in die EU gelangen können, wurden Kontrollen zwischen Nordirland und dem Rest des Vereinigten Königreichs vereinbart. Das führte teils zu Problemen im Handel, für die sich London und Brüssel gegenseitig verantwortlich machen.

Die britische Regierung erklärt das Protokoll inzwischen für gescheitert und verlangt eine grundlegende Neuverhandlung, die Brüssel jedoch ablehnt.

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