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EU-Kommissar Wojciechowski fordert Verlängerung des Importverbots für ukrainisches Getreide

Janusz Wojciechowski, EU-Kommissar für Landwirtschaft, will den Import von zollfreiem Getreide aus der Ukraine bis Ende des Jahres verlängern.
Janusz Wojciechowski, EU-Kommissar für Landwirtschaft, will den Import von zollfreiem Getreide aus der Ukraine bis Ende des Jahres verlängern. Copyright European Union, 2022.
Copyright European Union, 2022.
Von Jorge Liboreiro
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Dieser Artikel wurde im Original veröffentlicht auf Englisch

Janusz Wojciechowski, EU-Kommissar für Landwirtschaft, fordert, das temporäre Importverbot von zollfreiem ukrainischem Getreide bis Ende des Jahres zu verlängern – und stellt sich damit gegen die Line der Europäischen Kommission.

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Seit dem 2. Mai verbieten Polen, Ungarn, die Slowakei, Rumänien und Bulgarien Getreideimporte aus der Ukraine. Man wolle die eigene Landwirtschaft schützen, hieß es damals.

Weizen, Mais, Raps und Sonnenblumen aus der Ukraine dürfen zwar durch die fünf osteuropäischen Länder transportiert werden, sie dürfen dort jedoch weder angekauft noch gelagert werden.

Kiew kritisierte die Verbote scharf, Präsident Wolodymyr Selenskyj bezeichnete die Entscheidung als "absolut inakzeptabel". Auch aus Deutschland und Frankreich kam Kritik.

Eigentlich sollen die Verbote im September auslaufen

Die Europäische Kommission hatte eigentlich ein Ende der Verbote bis zum 15. September ausgehandelt. Am Donnerstagmorgen stellte sich jedoch der polnische EU-Kommissar Wojciechowski gegen die Linie der Kommission und sprach sich ausdrücklich für eine Verlängerung der Importverbote bis Ende des Jahres aus.

"Meine Beobachtung ist, dass dieses lokale Verbot gut funktioniert, die direkten Importe in diese fünf Länder wurden gestoppt, aber wir haben negative Folgen für den EU-Markt festgestellt, weil die Importe in andere Länder, die ukrainisches Getreide benötigen, wie Spanien, die Niederlande und Italien, weitergehen", sagte Wojciechowski den Mitgliedern des Europäischen Parlaments während einer Anhörung des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung.

"Wir können davon ausgehen - das ist meine Beobachtung -, dass wir, wenn dieses Verbot nicht verlängert wird, das gleiche Problem (wie) zuvor mit den Grenzstaaten haben werden."

Die vollständige Öffnung oder Schließung des Marktes seien "verschiedene Extreme". Stattdessen schlug der EU-Kommissar eine dritte Möglichkeit vor, bei der die vorübergehenden Verbote zwar in Kraft bleiben würden, aber der Getreidetransport finanziell unterstützt werden solle.

Nach Angaben Wojciechowskis würden nur 2 bis 3% des ukrainischen Getreides in Länder außerhalb der EU verschifft, weil sich zum Beispiel der Transport nach Afrika wirtschaftlich nicht lohne. Der Großteil des Getreides verbleibe dementsprechend auf dem europäischen Markt. "Das ist das Haupthindernis: Der Transit funktioniert nicht gut", so Wojciechowski.

Wojciechowski schlägt Subventionsprogramm vor

Der EU-Kommissar schlug ein neues Subventionsprogramm vor, das ukrainische Unternehmen dabei unterstützen soll, ihre Ware in EU-Häfen zu bringen und weltweit zu verkaufen. Zwischen 20 und 30 Euro Subventionen solle pro Tonne Getreide gezahlt werden, erklärte er. Daraus würde sich ein 600 Millionen Euro umfassendes Programm ergeben, das aus dem EU-Haushalt finanziert werden solle. Insgesamt 20 Millionen Tonnen Getreide könnten so bis Ende des Jahres verschifft werden.

"Die einzige Lösung besteht darin, den Transit zu unterstützen und das Verbot bis zum Ende des Jahres aufrechtzuerhalten, denn nach dem 15. September wird es große Probleme geben, das gleiche Problem - sogar noch größer als zuvor", sagte Wojciechowski den Abgeordneten.

Der Kommissar betonte, dass es sich um einen "persönlichen Vorschlag" handele, der allerdings bereits mit Kommissions-Kolleg:innen sowie Vertreter:innen Polens, Ungarns, der Slowakei, Rumäniens und Bulgariens sowie der Ukraine diskutiert worden sei.

"Ich denke, dass es die beste Lösung ist und ich hoffe, dass die gesamte Kommission sich damit befassen und grünes Licht geben wird", sagte er und wechselte ins Polnische: "Das Problem ist schwierig und wir müssen im Geiste der Solidarität mit den Landwirten, mit den Mitgliedstaaten, die unter der Situation gelitten haben, aber auch mit der Ukraine, handeln."

Die Europäische Kommission distanziert sich

Kurz nach Ende der parlamentarischen Anhörung distanzierte sich die Europäische Kommission von den Äußerungen des Kommissars und betonte, dass die Verbote wie geplant am 15. September enden würden.

"Zunächst einmal möchte ich betonen, dass der Kommissar heute Morgen bei der Anhörung des Europäischen Parlaments seine Meinung geäußert hat. Er hat klar gesagt, dass seine Ansichten nicht die Position der Kommission repräsentieren", sagte ein Sprecher.

Die Arbeiten zur Erhöhung der Transportkapazitäten über alternative Routen wie die Donau seien noch nicht abgeschlossen, so der Sprecher weiter. Auch die Engpässe, die die ukrainischen Getreideexporte vergangenes Jahr antrieben, seien noch nicht beseitigt.

"All diese Arbeiten werden vor dem 15. September abgeschlossen, um sehr gut vorbereitet sein zu können und sicherzustellen, dass wir alle Fragen, die vor ein paar Monaten aufgeworfen wurden, angehen können", sagte er.

Trotz der schnellen Reaktion der EU-Kommission auf Wojciechowskis unerwarteten Vorschlag ist deutlich geworden, wie kontrovers das Thema nach wie vor in der EU diskutiert wird.

In Polen stehen Parlamentswahlen an

Polen, Ungarn, die Slowakei, Rumänien und Bulgarien haben Brüssel bereits gebeten, die Verbote bis Ende des Jahres zu verlängern. Außerdem forderten sie die Möglichkeit, potenziell weitere ukrainische Waren auf die Verbotsliste zu setzen. Geflügel, Eier und Himbeeren aus der Ukraine solle die EU im Blick behalten, so Wojciechowski.

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Für Polen sind die Importverbote aufgrund der bevorstehenden Parlamentswahlen von besonderer Brisanz: Die Wähler:innen auf dem Land gelten als wichtige Zielgruppe der rechten Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS). Wojciechowski ist seit 2010 Mitglied der PiS.

Für die Ukraine wäre eine Verlängerung der Verbote über den 15. September hinaus ein absolutes No-Go.

"Dieser Schritt würde gegen das Abkommen zwischen der Ukraine und der EU verstoßen. Vor allem aber würde dieser Schritt gegen das Solidaritätsprinzip verstoßen, auf dem die Europäische Union beruht", reagierte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba Anfang der Woche bei einem Besuch in Prag auf die Forderungen der fünf Mitgliedsstaaten.

"Wenn sie sich so verhalten, haben wir keine andere Chance, als unsere Rechte und die Rechte der ukrainischen Landwirte vehement zu verteidigen."

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