75 Jahre NATO: Alte Strukturen treffen auf neue Herausforderungen

Zum 75-jährigen Bestehen der NATO hat Washington den Nordatlantikpakt von 1949 nach Brüssel eingeflogen.
Zum 75-jährigen Bestehen der NATO hat Washington den Nordatlantikpakt von 1949 nach Brüssel eingeflogen. Copyright Virginia Mayo/Copyright 2024 The AP. All rights reserved
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Von Diana Resnik mit AP
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Die NATO feiert ihr 75. Jubiläum in Brüssel. Die militärische Allianz wurde 1949 vor dem Hintergrund des Kalten Krieges gegründet. Nach dem Zerfall der Sowjetunion hatte es sein Motiv verloren. Heute steht es vor neuen Herausforderungen.

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Zum 75-jährigen Bestehen der NATO hat Washington den Nordatlantikpakt von 1949 nach Brüssel eingeflogen. Der Vertrag wurde nach dem Zweiten Weltkrieg von 12 Ländern unterzeichnet und gilt als das Kernstück der NATO.

Die militärische Allianz wurde am 4. April 1949 vor dem Hintergrund des Kalten Krieges, als Gegengewicht zur wahrgenommenen sowjetischen Bedrohung gegründet. Das Ziel war, den internationalen Frieden herzustellen und die Sicherheit seiner Mitglieder zu garantieren.

Heute umfasst die NATO 32 Mitgliedsländer und ist für die Sicherheit von mehr als einer Milliarde Menschen verantwortlich.

Die Karte zeigt, welche Länder der NATO angehören oder dem Militärbündnis beitreten wollen.
Die Karte zeigt, welche Länder der NATO angehören oder dem Militärbündnis beitreten wollen.Euronews
Sie (die NATO) hatte einen klaren Feind, den Warschauer Pakt und die Sowjetunion.
André Lopes
Professor an Universität Portucalense

Angesichts der russischen Invasion in der Ukraine ist die Allianz heute so gefragt wie schon lange nicht mehr.

André Lopes, Professor an der Universität Portucalense, sagte: "Die NATO hatte drei Phasen. Die erste Phase reicht von ihren Anfängen bis zum Ende des Kalten Krieges. Sie war sehr aktiv, sie hatte einen Auftrag. Sie hatte einen klaren Feind, den Warschauer Pakt und die Sowjetunion." 

"Nach dem Ende des Kalten Krieges verlor sie ihre Bestimmung und so gesehen auch ihre Daseinsberechtigung" sagte er weiter. "Natürlich hat die NATO nach der Annektion der Krim 2014 verstanden, dass es an der Zeit war, sich wieder den Sicherheitsfragen in Europa zu widmen". 

Nach dem Ende des Kalten Krieges verlor sie ihre Bestimmung.
André Lopes
Professor an Universität Portucalense

Der russische Präsident Wladimir Putin hatte seine großangelegte Invasion in der Ukraine mit einer Bedrohung der NATO gerechtfertigt.

"Das ist Teil seines fehlerhaften historischen Narrativs", erklärte Marie Mendras, Professorin an der Sciences Po. in Paris. "Es gibt absolut keine Bedrohung, weder aus Europa noch aus den USA oder Kanada. Putin hat eindeutig die Entscheidung getroffen, gegen die Ukraine zu kämpfen."

Auf X, ehemals Twitter, schrieb Jens Stoltenberg, NATO-Generalsekräter, das Bündnis müsse noch mehr für die Ukraine tun. 

Immer mehr Länder fühlen sich von Russland bedroht

Immer mehr Länder fühlen sich von Russland bedroht. Zuletzt sind Finnland und Schweden der NATO beigetreten. Sie brachen damit mit ihrer militärischen Neutralität.

Denn Artikel 5 des NATO-Vertrags garantiert den Schutz vor einem bewaffneten Angriff. Darin heißt es, dass ein bewaffneter Angriff gegen ein Mitgliedsstaat als Anriff gegen alle gewertet wird. 

Ex-US-Präsident Donald Trump stellte diese Garantie bei einer Wahlveranstaltung jeoch in Frage. Trump sagte, er wolle die Länder, die nicht genügend in ihre Verteidigung investieren, auch nicht vor Russland schützen. 

Rechtsextreme Parteien konzentrieren sich zumeist auf nationale Themen.
André Lopes
Professor an der Universität Portucalense

Ob die europäischen Länder ohne die USA in der Lage wären, die fehlenden finanziellen Mittel auszugleichen, hängt nicht zuletzt vom Ausgang der Europawahlen ab. Tiago André Lopes, Professor an der Universität Portucalense, erklärte, warum gerade rechtsextreme Parteien europaweite Investitionen in eine gemeinsame Verteidigung behindern könnten: 

"Rechtsextreme Parteien konzentrieren sich zumeist auf nationale Themen. Sie sind nicht besonders international ausgerichtet", so Lopes. 

"Das andere Problem ist, dass die Europäer insgesamt mit einer Reihe von Problemen konfrontiert sind, darunter Inflation, (bezahlbarer) Wohnraum und steigende Lebenshaltungskosten. Das kann den Umfang der Verteidigungsausgaben einschränken."

Viele NATO-Mitglieder lehnen Ukraine-Beitritt ab

Hinzu kommen Ausgaben für die Ukraine-Hilfen. Russland ist dem Land an Soldaten und Munition weit überlegen. Kiew braucht dringend die Unterstützung seiner westlichen Verbündeten. Diese Fragen wurden anschließend auf einem Ukraine-Gipfel besprochen.

Die Ukraine möchte der NATO beitreten. Doch innerhalb des Bündnisses gibt es keinen Konsens darüber. Die meisten NATO-Mitglieder lehnen eine Mitgliedschaft der Ukraine im Moment ab. Einen späterer Beitritt des Landes schließt die Allianz in Zukunft jedoch nicht aus. Momentan konzentriert sich die NATO vor allem darauf, ihre Grenzen zu Russland zu verstärken.

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