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Frankreich: Gisèle Pelicot zur Persönlichkeit des Jahres gekürt

DATEI - Gisele Pelicot, die angeblich von ihrem jetzigen Ehemann unter Drogen gesetzt wurde, damit er und andere sie überfallen konnten, kommt vor dem Gericht an.
DATEI - Gisele Pelicot, die angeblich von ihrem jetzigen Ehemann unter Drogen gesetzt wurde, damit er und andere sie überfallen konnten, kommt vor dem Gericht an. Copyright  Lewis Joly/Copyright 2024 The AP. All rights reserved
Copyright Lewis Joly/Copyright 2024 The AP. All rights reserved
Von Tamsin Paternoster & Nela Heidner (deutsche Fassung)
Zuerst veröffentlicht am Zuletzt aktualisiert
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Pelicot hatte in einem öffentlichen Vergewaltigungsprozess gegen ihren Ex-Mann und Dutzende anderer Männer auf ihre Anonymität verzichtet. Sie bestand darauf, dass "die Scham die Seite wechseln sollte". Laut einer französischen Meinungsumfrage ist Pelicot nun die Persönlichkeit des Jahres 2024.

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Gisèle Pelicot wurde in einer französischen Meinungsumfrage zu Frankreichs Persönlichkeit des Jahres gekürt. Grund dafür war der vielbeachtete Prozess gegen ihren Ex-Mann und 50 weitere Männer, die für schuldig befunden wurden, sie systematisch vergewaltigt zu haben, als sie bewusstlos war.

Die 72-jährige Pelicot setzte sich damit gegen eine Reihe von Staatsoberhäuptern durch, darunter den französische Präsident Emmanuel Macron und den ukrainische Ministerpräsident Wolodymyr Selenskyj. 38 % der Befragten gaben in einer Umfrage des Odoxa-Instituts für französische Regionalzeitungen an, dass es Pelicot war, die sie in den letzten 12 Monaten am meisten bewegt habe.

Der designierte US-Präsident Donald Trump kam mit 37 % auf den zweiten Platz, gefolgt von Selenskyj mit 28 %.

Odoxa erklärte, dass Pelicots "Persönlichkeit (und) ihre Würde, aber auch das Grauen, dem sie ausgesetzt war, die Franzosen beeindruckt haben".

Pelicot wurde in Frankreich und in weiten Teilen der Welt bekannt, nachdem sie im Prozess gegen ihren Ex-Mann Dominique Pelicot und 50 weitere Männer, die sie über ein Jahrzehnt hinweg vergewaltigt hatten, auf ihr Recht auf Anonymität verzichtet hatte.

Dominique Pelicot und alle bis auf einen Mitangeklagten wurden im Dezember in einem Prozess, der ganz Frankreich schockierte, wegen sexueller Nötigung verurteilt. Dominique Pelicot zeigte sich reuig erklärte, er werde keine Berufung gegen seine Verurteilung zu 20 Jahren Haft einlegen, weil er seine Ex-Frau unter Drogen gesetzt, vergewaltigt und andere Männer dazu angeworben hatte.

Gisèle Pelicot selbst hatte verlangt, dass die Beweise für die Verbrechen ihres Ex-Mannes, darunter auch selbst gedrehte Vergewaltigungsvideos, vor einem öffentlichen Gericht angehört werden, damit "die Schande die Seite wechselt" - vom Opfer zum Vergewaltiger.

"Ich wollte, dass die ganze Gesellschaft Zeuge der Debatten wird, die hier stattgefunden haben. Ich habe diese Entscheidung nie bereut", sagte sie, nachdem das Gericht ihren Ex-Mann für schuldig befunden hatte.

"Ich vertraue auf unsere Fähigkeit, uns gemeinsam auf eine Zukunft vorzubereiten, in der alle, Frauen und Männer, in Harmonie, mit Respekt und gegenseitigem Verständnis leben können", fügte Gisèle Pelicot hinzu.

Der Schuldspruch ihres Ex-Mannes sorgte weltweit für Schlagzeilen und löste Reaktionen von Tausenden von Menschen, darunter auch zahlreichen Politikern aus, die ihre Tapferkeit lobten.

Der französische Präsident Emmanuel Macron dankte Gisèle Pelicot dafür, dass sie sich geäußert hat, und lobte ihren Mut, der "Frankreich und die Welt bewegt und inspiriert" habe.

"Die Scham muss die Seiten wechseln. Danke, Gisèle Pelicot", schrieb Bundeskanzler Olaf Scholz auf der sozialen Plattform X. "Sie sind mutig aus der Anonymität an die Öffentlichkeit getreten und haben für Gerechtigkeit gekämpft. Sie haben Frauen weltweit eine starke Stimme gegeben. Die Schande ist immer die des Täters."

"Zu oft wird den Opfern sexualisierter Gewalt nicht geglaubt oder gar eine Mitschuld gegeben", so Innenministerin Nancy Faeser auf X. Der spanische Premierminister Pedro Sanchez lobte "Pélicots Würde".

Aktivisten, die sich für die Opfer sexueller Übergriffe in Frankreich einsetzen, sagten, dass Gisèle Pélicots Leidensweg eine landesweite Diskussion über die Vergewaltigungskultur in Frankreich ausgelöst hat - ein Land, in dem 94 % der Vergewaltigungsfälle, die der französischen Polizei gemeldet werden, ohne Konsequenzen eingestellt werden.

Der Prozess hat eine Diskussion über eine Änderung der französischen Vergewaltigungsgesetze ausgelöst, in denen der Begriff "Einwilligung" derzeit nicht ausdrücklich erwähnt wird.

Sowohl Macron als auch der damalige Justizminister Didier Migaud erklärten im Dezember, sie seien offen für eine Aktualisierung des Gesetzes. Frankreich (und übrigens auch Deutschland) hatte zuvor die Aufnahme einer Definition von Vergewaltigung in eine europaweite Richtlinie blockiert.

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