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Faktencheck: Hat die NATO den Eurovision Song Contest ins Leben gerufen?

Der Gewinner des 69. Eurovision Song Contests, JJ aus Österreich. Basel, 17. Mai 2025
Der Gewinner des 69. Eurovision Song Contests, JJ aus Österreich. Basel, 17. Mai 2025 Copyright  Martin Meissner/Copyright 2025 The AP. All rights reserved.
Copyright Martin Meissner/Copyright 2025 The AP. All rights reserved.
Von James Thomas
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Nutzer sozialer Medien, sowie einige Nachrichtenagenturen behaupten, dass jahrzehntealte NATO-Dokumente Beweis dafür sind, dass das Militärbündnis hinter der Eurovision steckt.

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Eurovision ist zu Ende, aber online geht es rund um den Song Contest munter weiter. Das neuste Gesprächsthema: Der kultige Gesangswettbewerb soll von der NATO ins Leben gerufen worden sein.

In Beiträgen in sozialen Medien und sogar in einigen Nachrichtenagenturen wird behauptet, dass das Militärbündnis den Wettbewerb nutzen wollte, um seine Soft Power, sprich kulturellen Einfluss, während des Kalten Krieges und darüber hinaus zu verbessern.

In einigen Beiträgen wurden Screenshots eines Dokuments des NATO-Ausschusses für Informations- und Kulturbeziehungen vom November 1955 geteilt, in dem von einem "Nordatlantik-Festival" die Rede ist.

In dem Dokument heißt es, dass eine "Aufführung" ein subtiles Mittel sein könnte, um in der Bevölkerung eine pro-NATO-Narrative zu verbreiten.

"Es könnte in Erwägung gezogen werden, auf dem Festival Informationsbroschüren der NATO zu verteilen", heißt es in dem Dokument.

"Auf jeden Fall wäre es viel natürlicher, die öffentliche Meinung zugunsten der NATO durch die Aufführung selbst zu beeinflussen", so weiter im Dokument.

Die Behauptungen wurden in sozialen Medien und in Nachrichtenartikeln geteilt
Die Behauptungen wurden in sozialen Medien und in Nachrichtenartikeln geteilt Euronews

Das "Nordatlantik-Festival" ist nicht dasselbe wie der ESC

Das Dokument ist zwar echt,** aber es wurde aus dem Zusammenhang gerissen. Aus dem Dokument und anderen NATO-Archiven geht hervor, dass das Bündnis zwar die Idee eines "Nordatlantik-Festivals" in die Welt gesetzt hat, dass es aber nichts mit dem Eurovision Song Contest zu tun hat und in seiner ursprünglichen Form nie zustande kam.

Es sollte am Rande einer beliebten jährlichen Militärausstellung der französischen Armee stattfinden, die unter dem Namen "Les Nuits de l'Armée" bekannt war und von der französischen Zeitschrift Paris Match gesponsert wurde. Die Ausstellung bot verschiedene Vorführungen und zog jedes Jahr Tausende von Zuschauern in Paris an.

Die Idee war, kulturelle militärische Darbietungen verschiedener NATO-Mitglieder zu präsentieren, wie z. B. einen schottischen Marsch zu Dudelsackmusik aus dem Vereinigten Königreich, eine Vorführung belgischer Polizeihunde und eine Wachablösung durch kanadische Mounties.

Die Online-Behauptungen scheinen zum Teil auf dem Jahr zu beruhen, in dem der Eurovision Song Contest zum ersten Mal stattfand: 1956, ein Jahr nachdem die NATO einige dieser Dokumente veröffentlicht hatte.

In einem anderen Dokument wird erwähnt, dass die BBC vorschlug, das Festival in ganz Europa über das Eurovisionsnetzwerk der Europäischen Rundfunkunion (EBU) auszustrahlen.

"Das Projekt des Nordatlantikfestivals wurde kürzlich in London erwähnt, als die Informationsabteilung mit dem BBC-Fernsehdienst Kontakt aufnahm. Dieser erklärte sich bereit, das Programm über das Eurovisionsnetz (Vereinigtes Königreich, Frankreich, Deutschland, Italien und die Niederlande) auszustrahlen", heißt es in dem NATO-Dokument.

"Die BBC-Behörden erklärten, dass eine Veranstaltung wie das Nordatlantik-Festival genau die Art von Beitrag sei, die sie anstrebten", heißt es weiter.

JJ aus Österreich singt den Song „Wasted Love“ 69. Eurovision Song Contest, in Basel, Schweiz, am 17. Mai 2025.
JJ aus Österreich singt den Song „Wasted Love“ 69. Eurovision Song Contest, in Basel, Schweiz, am 17. Mai 2025. Martin Meissner/Copyright 2025 The AP. All rights reserved.

Das Eurovisionsnetzwerk ist jedoch nicht dasselbe wie der Eurovision Song Contest: Ersterer ist eine von der EBU 1954 geschaffene Sendeinfrastruktur zum Austausch von Fernseh- und Rundfunkinhalten in ganz Europa, während letzterer ein spezielles Unterhaltungsprogramm ist, das dieses Netzwerk zur Übertragung eines Live-Musikwettbewerbs zwischen den teilnehmenden Ländern nutzt.

Auf der Website des Eurovision Song Contest heißt es, dass die Idee für das Netz von Marcel Bezençon, dem Generaldirektor des Schweizerischen Rundfunks, und die Idee für den Wettbewerb von der RAI, dem nationalen italienischen Sender, stammt.

"Das populärste und erfolgreichste Programm, das das Eurovision Network produzieren würde, wäre sein Namensgeber: der Eurovision Song Contest", heißt es auf der Website. "Auf der Grundlage von Vorschlägen, die 1955 auf der Sitzung des Programmausschusses in Monte Carlo, Monaco, gemacht wurden, beschloss die EBU auf ihrer Generalversammlung in Rom im selben Jahr, den Eurovision Song Contest ins Leben zu rufen.

"Die Inspiration für den Wettbewerb kam von der RAI, die seit 1951 das Festival di Sanremo (das italienische Songfestival von Sanremo) in dem gleichnamigen Badeort veranstaltete", heißt es weiter.

Auch die Behauptung, der Eurovision Song Contest sei ins Leben gerufen worden, um Pro-NATO-Propaganda gegen die UdSSR und später Russland zu betreiben, wie in einigen Beiträgen in den sozialen Medien zu lesen war, ist unzutreffend.

Sowohl Russland als auch Weißrussland waren Vollmitglieder der EBU, was auch die Teilnahme am Eurovision Song Contest einschloss, bis sie 2022 bzw. 2021 suspendiert wurden.

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