TikTok-Nutzer und junge Menschen in Deutschland sind deutlich weniger misstrauisch und haben ein positiveres Bild von Moskau und Peking, so die Studie, die dies im Hinblick auf die bevorstehenden Wahlen in Deutschland als besorgniserregend einstuft.
Junge Deutsche, die TikTok nutzen, sind eher Klimaskeptiker, stehen Russlands Einmarsch in der Ukraine weniger kritisch gegenüber und glauben, dass das chinesische politische System besser ist als die Demokratie, so eine neue Studie.
Die Friedrich-Naumann-Stiftung für liberale Politik, die die Studie in Auftrag gegeben hat, sagte, dass sie zeige, wie Desinformationsnarrative und ausländische Propaganda Deutschland im Vorfeld der Wahlen im Februar beeinflussen.
"Im Vorfeld der Bundestagswahl wächst die Sorge vor ausländischer Desinformation", so die Stiftung. "Die Bundesregierung befürchtet, dass ausländische Staaten die öffentliche Debatte gezielt beeinflussen. Das Bundesamt für Verfassungsschutz warnt vor Falschmeldungen und Manipulationen."
Besonders junge Menschen und TikTok-Nutzer seien für diese Narrative empfänglich.
So bezweifeln 42 % der unter 29-Jährigen, dass Russland bewusst falsche Informationen verbreitet, verglichen mit 30 % aller Befragten.
Rund 50 % der TikTok-Nutzer bezweifeln, dass Russland Fake News verbreitet. In China sind es 59 %.
Dies zeigt, dass die TikTok-Nutzer deutlich weniger misstrauisch sind und ein positiveres Bild von Moskau und Peking haben, so die Studie des Allensbach-Instituts, für die 2.000 Personen aller Altersgruppen befragt wurden.
Ein Blick auf bestimmte Desinformationsnarrativen scheint dies zu bestätigen.
Rund 78 % aller Befragten stimmen zu, dass Russland einen illegalen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt - bei den unter 29-Jährigen sinkt diese Zahl jedoch auf 69,7 %. Bei den TikTok-Nutzern sinkt sie noch weiter: 66 %.
Mehr als ein Drittel aller TikTok-Nutzer glaubt, dass Russland den Frieden in der Ukraine mehr wünscht als der Westen, verglichen mit 23 % der jungen Menschen und 18 % der Allgemeinbevölkerung.
Wenn es um China geht, glauben 81 % der Deutschen im Allgemeinen, dass China eine Diktatur ist, aber 67 % der unter 29-Jährigen. Etwa ein Drittel der TikToker glaubt, dass China keine Diktatur ist. Fast 30 % der Deutschen glauben laut der Studie, dass Chinas autoritäres System effizienter ist als westliche Demokratien, bei den TikTok-Nutzern sind es sogar 42 %.
Prorussische und chinesische Propaganda gilt als gefährlich für die deutschen Wahlen, da sie die Wähler dazu bewegen könnte, Parteien zu unterstützen, die der westlichen Unterstützung für die Ukraine kritisch gegenüberstehen und sich von der EU distanzieren wollen.
Von der Politik zur Wissenschaft
Die Friedrich-Naumann-Stiftung hält es für "besonders erschreckend", dass viele junge Menschen und TikTok-Nutzer eine verzerrte Sicht auf grundlegende wissenschaftliche Erkenntnisse zu haben scheinen.
Rund 71 % der unter 29-Jährigen stimmen der Aussage zu, dass Impfstoffe dazu beigetragen haben, Millionen von Leben zu retten. Unter den TikTok-Nutzern ist die Zahl derjenigen, die dieser Aussage zustimmen, mit 69 % geringer.
"Mehr als 20 % der jungen Menschen, also jeder Fünfte, und rund ein Viertel aller TikTok-Nutzer zweifeln sogar offen an dieser seit Jahrzehnten gesicherten Erkenntnis", so die Stiftung.
Was den Klimawandel betrifft, so glauben nur 64 % der Befragten und 67 % der Jugendlichen, dass der Mensch den Klimawandel verursacht. Bei den TikTok-Nutzern ist es etwas mehr als die Hälfte.
Auch die Coronavirus-Pandemie ist nach Angaben der Stiftung fast fünf Jahre nach ihrem Ausbruch in Europa nach wie vor eine Quelle für Verschwörungstheorien.
Ein Viertel der Gesamtbevölkerung stimmt der Aussage zu, dass Regierungen oder Eliten die Pandemie absichtlich herbeigeführt haben, um die Bevölkerung besser kontrollieren zu können. Dieser Gedanke scheint besonders auf TikTok verbreitet zu sein, wo fast 44 % der Nutzer zustimmen.
Ein Aufruf zur Stärkung der traditionellen Medien
Die Umfrage zeigt, dass die Öffentlichkeit das Ausmaß und die Gefahr der Desinformation in unserer Gesellschaft noch nicht erkannt hat, so Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, stellvertretende Vorsitzende der Friedrich-Naumann-Stiftung und ehemalige Bundesjustizministerin.
"Junge Menschen sind viel anfälliger für Desinformation und TikTok spielt dabei eine entscheidende Rolle", sagte sie. "Wir dürfen nicht zulassen, dass sich chinesische und russische Desinformation weiter in unserer Mitte ausbreitet. Das ist eine Gefahr für unsere Demokratie."
Leutheusser-Schnarrenberger fügte hinzu, dass diejenigen, die traditionelle Medien konsumieren, "deutlich anfälliger für Desinformation" seien.
"Deshalb greifen Extremisten gezielt deren Glaubwürdigkeit an", sagte sie. "Das Vertrauen in die Medien ist auf einem Tiefpunkt angelangt. Wir müssen die traditionellen Medien stärken und endlich einen verantwortungsvollen Umgang mit den sozialen Medien in den Schulen lehren."