Tartu 2024: Was bietet die europäische Kulturhauptstadt?

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Von Anca UleaSabine Sans
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Nach Tallinn (2011) wird auch die zweitgrößte estnische Stadt Tartu 2024 für ein Jahr zur europäischen Kulturhauptstadt. In dieser Folge von Discover Estonia stellen wir die südestnische Universitätsstadt und Umgebung vor.

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Gemeinsam mit Bad Ischl (Österreich) und Bodø (Norwegen) wird Tartu 2024 eine von drei europäischen Kulturhauptstädten sein. Besucher der südestnischen Stadt erwartet dann ein buntes und reichhaltiges Programm. Tartu gilt als das heimliche kulturelle Zentrum des Landes. Ihre Tradition als Universitätsstadt macht sie seit jeher zum geistigen Brennpunkt Estlands. Seit 2015 ist sie außerdem als Internationale Literaturstadt Teil des UNESCO-Netzwerkes der weltweiten Kreativstädte.

In dieser Folge von Discover Estonia besuchen wir Tartu, die zweitgrößte Stadt Estlands, und eine der Kulturhauptstädte Europas 2024. Dort wurde das erste Theater Estlands gebaut, die erste Zeitung herausgegeben und das erste Sängerfest veranstaltet.

Vielfältige estnische Kultur

Tartu ist das kulturelle Zentrum Estlands. Dort scheint immer etwas los zu sein, in einem Park kann man zufällig auf eine Volkstanzvorführung stoßen. Der wichtigste der kreativen Räume der Stadt ist Aparaaditehas, ein ehemaliger Fabrikkomplex, der heute ein hipper Treffpunkt für Künstler ist. Dort gibt es viele Galerien mit internationalen Ausstellungen und Künstlern.

"Tartu ist eine sehr lebendige Stadt", findet Jaan Ulst, Leiter der Programmlinie Tartu 2024. _"_Die Atmosphäre ist von der Jugend geprägt. Die Universität Tartu zieht viele Studenten aus Estland, aber auch aus dem Ausland an."

Die Haki-Galerie in dem Kreativkomplex zeigt Werke junger, aufstrebender estnischer Künstler. Seit kurzem ist sie auch ein Zufluchtsort für die ukrainische Künstlerin Viktoria Berezina. Sie ist nach der russischen Invasion aus ihrer Heimatstadt Cherson geflohen.

_"Ich lebe sehr gerne in diesem kreativen Umfeld. Es gibt eine sehr große _Gemeinschaft von Künstlern hier", erzählt sie. _"_Es ist eine großartige Gelegenheit, sich kennenzulernen und zu unterhalten, meine Kunst zu zeigen und darüber zu reden, was in der Ukraine passiert."

Uralte Traditionen bewahren

Die moderne estnische Kultur entwickelt sich ständig weiter. Wir fahren in den Süden, um uns anzuschauen, wie eine der ältesten ethnischen Gruppen des Landes ihre uralten Traditionen bewahrt.

In Setomaa fühlt man sich in die Vergangenheit versetzt. Die Region an der Grenze zu Russland wird vom Volk der Seto bewohnt. Sie haben einen eigenen Dialekt, eine eigene Religion und Traditionen, die sie seit Jahrhunderten bewahren.

_"Vor hundert Jahren war das eine zu 100 % mündliche Kultur. Die Menschen waren Analphabeten, und alles Wissen musste man _mündlich weitergeben", erzählt Fremdenführerin Helen Külvik.

"Ich denke oft, dass es ein Leben wie in einem Musical gewesen sein muss, denn die Setos haben Lieder für jede Gelegenheit: für die Arbeit, für das Hüten, für das Feiern. So wurden Wissen, Traditionen und Geschichten weitergegeben."
Helen Külvik
Fremdenführerin

Helen Külvik lebt seit Jahren in Setomaa. Sie nimmt uns mit, um die Seto-Tradition des mehrstimmigen Gesangs, Leelo genannt, kennenzulernen. Die Gesangstradition steht seit 2009 auf der Repräsentativen Liste des Immateriellen Kulturerbes der Menschheit. 

Für die Setos ist Singen natürlich und ein alltäglicher Brauch. Es ist eine Art, um Gedanken und Gefühle auszudrücken, um Erinnerungen zu bewahren und an zukünftige Generationen weiterzugeben.

Die Gesangstradition von Setomaa wird von älteren und jüngeren Generationen bewahrt und gut gepflegt. Die berühmtesten lokalen Sänger im Verlauf der Geschichte waren in der Lage, bis zu 20.000 Verse zu rezitieren, und sie tragen die Auszeichnung "Seto Mutter der Lieder".

Aber zuerst müssen wir uns für den Anlass umziehen. In vielen Kulturen kann es problematisch sein, traditionelle Kleidung anzuziehen, wenn man nicht Teil der Kultur ist. In Setomaa ist es erwünscht. Warum ist das so?

Helen Külvik erklärt: "Wir wollen, dass man so viel wie möglich über die Gesellschaft und die Kultur lernt. Wenn man sich in der traditionellen Tracht kleidet, lernt man die Kultur viel besser kennen, weil man versteht, welcher Teil wo hingehört. Wir sehen auch gerne, wie sich eine Person durch diesen Prozess verändert."

Jede Frau hat eine andere Tracht. Alle Muster sind unterschiedlich. Es gibt keine Trachten, die gleich sind. Es heißt, dass man eine Seto-Frau hören kann, bevor man sie sieht, weil ihr ganzer Silberschmuck klappert.

Die Kopfbedeckung (Vanik) verrät, ob man verheiratet ist oder nicht. Verheiratete Seto-Frauen tragen auch eine große Silberbrosche, ein Symbol der Fruchtbarkeit, das über Generationen weitergegeben wird.

Der Leelo-Gesang soll etwa 2000 Jahre alt sein. Er gilt als wichtiger Teil der kulturellen Identität der Seto.

_"Ich singe ein Wort oder eine Zeile,_und der Chor wiederholt es", erklärt Jane Vabarna, Oberhaupt der Seto-Gemeinschaft. _"_Und es gibt eine Frau, die singt diese höhere Stimme, die Killõ heißt."

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Die Reise klingt aus mit einem Lied, in dem die Sonne gebeten wird unterzugehen,  damit die Arbeit endet.

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