Hauchdünne Entscheidung in Polen - der liberale Rafał Trzaskowski hat die erste Runde der Präsidentschaftswahlen knapp gewonnen. Ihm folgt Karol Nawrocki aus dem nationalkonservativen Lager. Die beiden werden am 1. Juni erneut gegeneinander antreten - für Europa eine Schicksalswahl.
Am Ende war es eine verdammt knappe Sache: Der liberale Kandidat der Regierungskoalition, Rafał Trzaskowski, hat den ersten Durchgang der Präsidentschaftswahl in Polen mit 31,3 Prozent der Stimmen gewonnen.
Mit hauchdünnem Abstand folgt dahinter auf 29,5 Prozent sein rechtskonservativer Konkurrent, Karol Nawrocki von der PiS-Partei. Die beiden trennen nur 0,8 Prozentpunkte, es ist ein deutlich engeres Ergebnis als erwartet.
Der Grund dafür liegt vor allem in der Überperformance von Nawrocki - die Umfragen hatten ihm noch ein Ergebnis zwischen 25 und 26 Prozent vorhergesagt. Trzaskowski kam hingegen relativ genau auf sein erwartetes Resultat.
Aber auch abseits der zwei Spitzenreiter zeichnete sich ein Trend ab: Rechtsgerichtete, regierungskritische Kandidaten schlugen sich besser als prognostiziert.
Auf Platz drei kam der Rechtsaußen-Kandidat Sławomir Mentzen, mit 14,8 Prozent. Dahinter auf Platz vier: Gregorz Braun, ein kontroverser Rechtspopulist, der Aufmerksamkeit damit erregt hatte, dass er im polnischen Parlament Sejm die zu Ehren des jüdischen Chanukka-Fests aufgestellten Kerzen mit einem Feuerlöscher erstickte.
Dass sich die für das regierungskritische Lager antretenden Politiker erstaunlich gut schlugen, ist in erster Linie eine gute Nachricht für Nawrocki. Er könnte in der Stichwahl am 1. Juni somit viele Stimmen jener Kandidaten einsammeln, die es nicht in den zweiten Wahlgang geschafft haben.
Für Trzaskowski wird es hingegen wichtig werden, die Wähler der linksgerichteren Kandidaten, darunter jene von Adrian Zandberg (Razem), für sich zu begeistern.
Wichtig für Tusk, richtungsweisend für Europa
Die Wahl gilt als richtungsweisend für Polen - und als entscheidend für die Regierungskoalition von Ministerpräsident Donald Tusk. Sie hatte in den vergangen zwei Jahren seit ihrem Sieg über die PiS 2023 immer wieder damit zu kämpfen, dass Präsident Andrzej Duda viele ihrer Reformen blockierte.
Dementsprechend essenziell ist es für Tusk, mit seinem Parteikollegen Trzaskowski wieder einen Verbündeten im Präsidentenpalast in Warschau zu wissen.
Damit die Koalition ihr Ziel tatsächlich erreichen kann, muss Trzaskowski zunächst in der Stichwahl bestehen. Die Umfragen haben ihm im direkten Duell mit Nawrocki bisher einen relativ klaren Sieg prognostiziert - allerdings wird der Warschauer Bürgermeister von dem knappen Ergebnis des ersten Durchgangs alles andere als beruhigt sein.
Sollte er es tatsächlich schaffen, die Wahl zu gewinnen, wird Tusks Regierung auch außenpolitisch in Europa deutlich gestärkter agieren können. Polen ist derzeit federführend bei Vorhaben wie der "Koalition der Willigen", einem Zusammenschluss von verschiedenen europäischen Ländern, die sich bereit erklären, nach einem möglichen Friedensschluss langfristige Sicherheitsgarantien für die Ukraine zu übernehmen.
Sollte Trzaskowski Anfang Juni hingegen verlieren, kommt die Regierungskoalition ins Wanken - und stünde vor der nächsten Parlamentswahl 2027 mit dem Rücken zur Wand.