Ali Akbar Salehi: "Eine Atombombe verstößt gegen islamische Prinzipien"

Ali Akbar Salehi: "Eine Atombombe verstößt gegen islamische Prinzipien"
Von Euronews
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Im Iran werden immer wieder Proteste der Opposition gewaltsam beendet. Mit Euronews-Reporter Mohamed Abdel Azim spricht der iranische Außenminister Ali Akbar Salehi über die Demonstrationen, die seiner Meinung nach vom Ausland provoziert werden, über die Anwesenheit iranischer Schiffe vor der Küste von Syrien und über das iranische Atomprogramm.

Euronews:

In Ägypten, Tunesien und Libyen ist es zu einer Protestwelle gekommen. Wie beurteilen Sie diese Unruhen im arabischen Raum?

Ali Akbar Salehi:

Nun, wir denken, dabei handelt es sich um authentische Bürgerbewegungen. Die Menschen in diesen Ländern sind der Tyrannei und der Despoten müde, ebenso wie auch der Arroganz ihrer Regierungen. Mit diesen Protesten versuchen sie, ihre Würde zurückzubekommen und Position zu beziehen.

Euronews:

Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat die Unterdrückung in Libyen verurteilt. Ist das die offizielle iranische Position?

Ali Akbar Salehi:

Wir verurteilen jede Form von Gewalt gegen Bürger eines Landes oder einer Nation, die im Rahmen solcher Bewegungen Reformen fordern. Die Art und Weise, wie das libysche Regime gegen die eigenen Leute vorgeht, ist vollkommen ungerechtfertigt.

Euronews:

Berichten zufolge wendet aber auch der Iran Gewalt gegen Demonstranten und Oppositionelle an.

Ali Akbar Salehi:

Zwischen diesen beiden Ländern, dem Iran und Libyen, besteht ein großer Unterschied, ein ganz grundlegender Unterschied. Diese Protestbewegungen auf der Straße bei uns könnten von Ihnen provoziert worden sein.

Euronews:

Wer manipuliert wen?

Ali Akbar Salehi:

Ich glaube, die Europäer, die westlichen Regierungen stellen Vergleiche an, aber es gibt keinerlei Grundlage für solche Vergleiche. Vor ein paar Monaten etwa gab es auch in Frankreich Proteste, es gibt überall in der Welt Demonstrationen.

Euronews:

Aber was in Frankreich geschieht hat nichts mit dem zu tun, was in der arabischen Welt passiert, vor allem in Teheran. Glauben Sie an eine Verschwörung, die von Europa angezettelt wird?

Ali Akbar Salehi:

Nein, aber ich sage, dass die wenigen Demonstrationen, die es in Teheran und im Iran gab, provoziert worden sind.

Euronews:

Aber im Iran wurden einige führende Oppisionsmitglieder festgenommen.

Ali Akbar Salehi:

Nein, das ist nicht richtig. Diejenigen, auf die Sie da anspielen, befinden sich in ihren Häusern, sie können dort ganz normal ihr Leben führen.

Euronews:

Es gibt Berichte, wonach sie sich in Haft befinden und sich in Teheran nicht frei bewegen können.

Ali Akbar Salehi:

Das habe ich auch gerade in den Nachrichten gehört, aber das stimmt nicht. Das weisen wir zurück.

Euronews:

Sie stehen in Teheran unter Bewachung…

Ali Akbar Salehi:

Sie sind daheim, in ihren Häusern. Jedes Land hat seine eigenen Regeln und Regulative. Es gibt Gesetze, das ist auch in europäischen Ländern so, und man muss handeln, wenn jemand gegen diese Gesetze verstößt. Niemand kann das Gesetz in seine eigenen Hände nehmen.

Euronews:

Sprechen wir über Mehdi Karoubi und Hussein Moussavi: Berichten zufolge wurden sie an einen unbekannten Ort gebracht.

Ali Akbar Salehi.

Darüber habe ich keine Informationen. Meines Wissens nach sind sie daheim, aber es gibt natürlich auch eine andere Möglichkeit, dieseLeute reisen viel im Land herum, sie können ihre Familien oder Verwandte besuchen. Also könnten sie auch die Entscheidung getroffen haben, zu verreisen.

Euronews:

Niemand weiß, wo sie sind, auch ihre Familien nicht.

Ali Akbar Salehi.

Wie gesagt, in Teheran gibt es nur provozierte Demonstrationen von ein paar Leuten.

Euronews:

Journalisten und Reporter dürfen in Teheran und anderen Städten nicht frei arbeiten…

Ali Akbar Salehi:

Nein, das stimmt nicht. Es mag einige Fälle geben, in denen die Menschen auf der Straße das Recht in ihre eigenen Hände genommen haben, aber das ist nicht die Politik des Landes. Die Medien sind frei. Wir haben die freieste Medienlandschaft im Mittleren Osten.

Euronews:

Aber Twitter, Facebook und das Internet abzuschalten, die Kommunikation zwischen Familien in Teheran abzuschneiden, was bedeutet all das?

Ali Akbar Salehi:

Wenn es Demonstrationen im Westen gibt, und man diese Demonstrationen kontrollieren will, was tut man? In Großbritannien gab es vor ein paar Monaten heftige Studentenproteste. Haben die britischen Sicherheitskräfte diese Studenten mit Tee und Kuchen versorgt? Ich meine, die Polizei hat die Verantwortung, solche Demonstrationen, die sich nicht im Rahmen des Gesetzes bewegen, zu kontrollieren.

Euronews:

In Israel gibt es große Bedenken. Der israelische Ministerpräsident hat gesagt, dass die iranischen Kriegsschiffe vor der syrischen Küste eine Provokation sind.

Ali Akbar Salehi:

Dahinter steckt nur wieder die Abneigung gegen den Iran. Israelische Politiker sagen immer wieder solche Dinge. Aber die Staaten in der Region kennen die Absichten des Iran sehr gut. Wir waren immer gute Freunde mit einer vertrauenswürdigen Regierung. Die Schiffe liegen nur wegen einer Übung dort.

Euronews:

Netanjahu sagte aber, es sei eine gefährliche Situation.

Ali Akbar Salehi:

Das ist sein privater Eindruck. Aus Israel kommen immer wieder solche Aussagen, die keinerlei jeden zur Realität haben.

Euronews:

Steckt hinter dieser Operation etwas anderes?

Ali Akbar Salehi:

Nein, an dieser Mission ist nichts Geheimnisvolles. Wir haben erklärt – und ich habe mehrmals wiederholt -, dass es sich nur um eine Militärübung handelt.

Euronews:

Es gibt Bedenken, dass diese Schiffe Waffen vom Iran nach Syrien bringen könnten.

Ali Akbar Salehi:

Nein, wir haben ganz explizit erklärt, dass diese Schiffe keinerlei Waffen transportiert haben.

Euronews:

Wie reagieren Sie auf Anschuldigungen, dass der Iran den Besitz von Nuklearwaffen anstrebt?

Ali Akbar Salehi:

Das weisen wir zurück. Unser Präsident, der auch eine religiöse Position vertritt, hat ein Dekret erlassen, das sowohl religiös als auch politisch ist. Darin heißt es ausdrücklich, dass der Besitz, die Herstellung und der Gebrauch von Nuklearwaffen gegen die Prinzipien unserer Religion verstoßen.

Euronews:

Israel behauptet, der Iran könne in einem Jahr seine erste Atombombe bauen.

Ali Akbar Salehi:

Das haben sie schon oft gesagt, manche sprechen von einem Jahr, andere von zwei oder drei Jahren, da gibt es verschiedene Spekulationen und Interpretationen. Diese Aussagen sind nur dazu da, in anderen Ländern der Region die Furcht vor dem Iran zu schüren. Und das lehnen wir ab. Wenn wir tatsächlich eine Atombombe herstellen wollten, hätten wir es längst getan, warum hätten wir zögern sollen? Aber wir stehen weiterhin zum Atomwaffensperrvertrag, wir glauben an ihn und wir bestehen darauf, dass die Herstellung einer Atombombe gegen die Grundsätze des Islam verstößt.

Euronews:

Warum arbeitet der Iran nicht mit der Internationalen Atomenergiebehörde zusammen?

Ali Akbar Salehi:

Darüber spreche ich doch gerade. Wir haben sehr gute Beziehungen mit der Behörde und diese hat das in ihrem jüngsten Bericht ausdrücklich bestätigt. In meinem Land sind rund um die Uhr Inspektoren der IAEA tätig, Kameras laufen, es gibt auch permanente Inspektoren. Wir haben unsere Nuklearanlagen für Besucher aus aller Welt geöffnet.

Euronews:

Aber nicht in Natans…

Ali Akbar Salehi:

Wie bitte?

Euronews:

In Natans gibt es keine Kameras.

Ali Akbar Salehi:

Bitte kommen Sie dorthin. Und wenn sie die Kameras in Natans sehen, dann zeigen Sie sie auf Euronews.

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