Welche Haushaltsposten können gekürzt werden?

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“In dem Gebäude hinter mir soll die Zukunft der EU für die kommenden sieben Jahre entschieden werden. Am Donnerstag und Freitag kommen die Staats- und Regierungschefs zusammen, um über den Haushalt 2014 bis 2020 zu beraten”, erläutert unsere Korrespondentin Margherita Sforza. “Das Gesamtvolumen umfasst etwas weniger als eine Billion Euro. Pro Jahr sind das etwa 250 Euro pro Bürger. Die einen verteidigen die hohen Ausgaben für die Agrarpolitik, andere wünschen wettbewerbsfähige Regionen und wieder andere begnügen sich mit weniger Europa. Wo kann man Abstriche machen?” Auch kleinen Unternehmen kommen Mittel aus dem Haushalt zugute. Eines davon ist die französische Firma Phytorem, die Abwässer mittels Bambus-Kulturen reinigt. 2009 erhielt Phytorem von der EU 350.000 Euro. Das Geld sowie britische und deutsche Partner ermöglichten die Entwicklung des Projekts. “Der Schlüssel zum Erfolg war für uns die Partnerschaft mit kleinen und mittleren Unternehmen sowie die Zusammenarbeit mit der Industrie. Die europäische Finanzierung machte für uns den Weg zur industriellen Entwicklung frei”, sagt Veronique Arfi von Phytorem. Das Hilfsprogramm für kleine und mittlere Unternehmen mit einem Volumen von 2,5 Milliarden Euro macht jedoch nur 0,2 Prozent des gesamten Haushalts aus. Der Präsident des Europäischen Rates, Herman Van Rompuy, schlägt für die folgenden sieben Jahre ein Budget von 973 Euro Milliarden vor. Obwohl der Haushalt Wachstum schaffen soll, wurden beim vergangenen Haushalts-Gipfel vor allem die Mittel für kleine und mittlere Unternehmen sowie für den Ausbau der Infrastruktur gekürzt, während zwei Drittel der Mittel für die Agrarpolitik und für die verschiedenen Strukturfonds bestimmt sind, die ärmeren Regionen zugute kommen. London fordert weitere Kürzungen um fast 20 Milliarden. Doch die meisten dürften ein solches Budget ablehnen.

Euronews:
In Zeiten der Krise ist das Ringen um einen Kompromiss für den EU-Haushalt heftiger als sonst. Darüber sprachen wir mit dem für den Haushalt zuständigen Kommissar, Janus Lewandowski.

Janus Lewandowski:
Danke für die Einladung.

Euronews:
Muss es bei dem Gipfeltreffen um jeden Preis einen Kompromiss geben?

Janus Lewandowski:
Wir brauchen einen solchen Kompromiss, um finanzielle Klarheit zu bekommen, um Investitionen tätigen zu können, um in Wachstum und Jobs zu investieren. Der Haushaltsgipfel ist ein Test für die EU, wobei es bei dem Treffen am 7. und 8. Februar nicht allein um den Haushalt sondern auch um die Fähigkeit der EU geht, ihre Zukunft zu gestalten. Ohne den finanziellen Rahmen bleiben politische Erklärungen leere Worte.

Euronews:
Die Krise hat in Griechenland, Irland, Portugal, Spanien zu Kürzungen des Haushalts geführt. Sind größere Kürzungen bei den Ausgaben für den europäischen Verwaltungsapparat nötig?

Janus Lewandowski:
Zusammen mit der EU ist in den vergangenen 50 Jahren auch die Anzahl der Stellen gewachsen. In diesem Jahr sollten wir die Tendenz umkehren und weniger Angestellte haben als 2012. Zwar machen die Ausgaben für die Verwaltung nur sechs Prozent des Haushalts aus, doch wir sollten sparen, selbst wenn diese Ausgaben ganz Europa und nicht allein Brüssel betreffen.

Euronews:
Nimmt Frankreich die Kommission quasi in Geiselhaft, was die Gemeinsame Agrarpolitik anbelangt?

Janus Lewandowski:
Die Stimmen der Nettozahler, die in der Minderheit sind, haben mehr Gewicht, denn ihre Steuerzahler sind es, die entscheidend zum EU-Haushalt beitragen.

Euronews:
Ein weiteres Problem sind Rabatte für Länder wie Großbritannien, Deutschland oder die Niederlande. Kann man diesen Dschungel lichten?

Janus Lewandowski:
Die Gelegenheit, dieses System zu reformieren und Eigenmittel einzubeziehen, wurde verpasst. Doch der Widerstand dagegen war stark. Wir behalten somit das undurchsichtige System der Rabatte für Großbritannien und andere, das auf den Lebensstandard in den Mitgliedsstaaten zugeschnitten ist.

Euronews:
Werden 26 Mitgliedsländer einen Kompromiss für den Fall finden, dass London ein Veto einlegt?

Janus Lewandowski:
Im vergangenen Jahr gab es diese Überlegung zu einem Haushalt der 26 plus Kroatien und ohne Großbritannien. Doch es ist besser, die Briten davon zu überzeugen, dass wir Europa und Großbritannien in der Zeitspanne zwischen 2014 und 2020 einiges zu bieten haben.

Euronews:
Wie weit wollen Sie gehen, um London an Bord zu behalten?

Janus Lewandowski:
Einiges ist bereits in der ersten Runde der Verhandlungen im vergangenen November getan worden. Jedermann weiß, dass Einsparungen Grenzen gesetzt sind, wenn wir eine Modernisierung des Haushalts wollen und wenn nicht allein nationale Interessen bei den Ausgaben für die Landwirtschaft oder den Strukturfonds verteidigt werden. Wir sollten Programme wie Connecting Europe, die Forschung, Erasmus-Stipendien für die Studierenden nicht vernachlässigen. Ein Programm wie Erasmus macht Europa sichtbar.

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