Orlando und der Wahlkampf: "Clinton hat mehr Charakterstärke für den Kampf gegen Terrorismus"

Die eiligen Äußerungen von Donald Trump nach der Schießerei in Orlando zeigen: Das Thema ist kein Tabu für den US-amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf. Euronews-Journalist Nial O’Reilly im Gespräch mit Euronews-Korrespondent Stefan Grobe in Washington.
An die Gewalt gewöhnt wie an Wirbelstürme
Grobe: Orlando könnte man als die erste Feuerprobe für den Wahlkampf bezeichnen. Das Ereignis gibt beiden Kandidaten die Möglichkeit, sich wie ein Präsident zu präsentieren. Beide gehen dabei völlig unterschiedliche Wege. Donald Trump twittert, dass er das schon immer hat kommen sehen und klopft sich selbst damit auf die Schulter. Er fordert ein härteres und besseres Vorgehen gegen islamistischen Terrorismus und erneuert seine Forderung eines totalen Kriegs gegen den sogenannten Islamischen Staat im Nahen Osten. Er fordert außerdem wieder ein Einreiseverbot für Muslime.
Hillary Clinton war weitaus zurückhaltender, viel kultivierter. Sie lobte die Heldenhaftigkeit der Notfallhelfer und natürlich rief sie zu nationaler Einheit auf. Sie sagte: “Dies ist ein Zeitpunkt um zusammenzustehen, es ist kein Zeitpunkt, Bürger der amerikanischen Nation zu verteufeln.” Natürlich ist sie gegen Reisebeschränkungen, sie sagt, wir können die muslimische Gemeinde nicht verteufeln. Wir müssen den Kampf gemeinsam mit der muslimischen Gemeinde führen. Und natürlich hat sie auch andere Aspekte dieser grausamen Geschichte erwähnt, wie die Gewalt gegen die Gemeinschaft der Lesben, Schwulen und Bisexuellen, Waffengewalt und Hass im Allgemeinen als eines der größten gesellschaftlichen Probleme. Der Präsidentschaftswahlkampf hat also die Ereignisse bereits aufgenommen. Terrorismus steht ganz oben auf der Tagesordnung.
Für Amerikaner, egal mit welchem persönlichen Hintergrund, ist Terrorismus ein Topthema in diesem Wahlkampf. Umfragen zeigen, dass eine Mehrheit der Amerikaner Trump ein härteres Vorgehen gegen den Terrorismus zutraut, aber eine Mehrheit meint auch, dass Clinton mehr Charakterstärke hat als Trump und außerdem mehr Erfahrung. Beides braucht man, will man den Terrorismus bekämpfen. Übrigens haben die Amerikaner überraschend zurückhaltend auf die Tat reagiert. Vielleicht, weil es ein heißes Hochsommerwochenende war. Oder, und das wäre wohl die schlimmere Erklärung, weil sich die Amerikaner an diese Art der Gewalt gewöhnt haben, so wie an die Wirbelstürme, die immer wieder über das Land ziehen.