Razzia in Flüchtlingsunterkunft in NRW, wo Gesuchter lebte

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Von Euronews mit dpa
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Der Verdächtige für den Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt war den Behörden bekannt. Gegen ihn wurde wegen der Vorbereitung einer staatsgefährdenden Straftat ermittelt.

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Nach dem Anschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt durchsucht die Polizei die Flüchtlingsunterkunft in Emmerich in Nordrheim-Westfalen, wo der mutmaßliche Angreifer auf den Weihnachtsmarkt in Berlin gemeldet war. Damit war schon gestern gerechnet worden. Laut Medienberichten wurden bei der Razzia vier Personen festgenommen.

Die Suche nach dem tatverdächtigen 24jährigen ist bisher ohne Erfolg geblieben. Die Polizei überprüfte am Abend im Zusammenhang mit der Tat im Stadtteil Kreuzberg einen Mann. Es handelte sich aber nicht um den gesuchten Tunesier.

Zwei Tage nach dem Terroranschlag von Berlin haben die Fahnder eine heiße Spur: Sie suchen nach einem abgelehnten Asylbewerber, der schon einmal im Visier der Ermittler war und abgeschoben werden sollte. Gegen den 24-jährigen Anis Amri wurde bereits früher in Berlin wegen Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat ermittelt. Laut Berliner Generalstaatsanwaltschaft hat sich dieser Verdacht trotz monatelanger Observation damals jedoch nicht bestätigt. Die Bundesanwaltschaft rief die Bevölkerung zur Mithilfe auf und setzte 100 000 Euro Belohnung aus. Zugleich mahnte sie zur Vorsicht: “Bringen Sie sich selbst nicht in Gefahr, denn die Person könnte gewalttätig und bewaffnet sein!”

Duldungspapiere im Lastwagen

Auch europaweit wird nach Amri gefahndet. Seine Duldungspapiere waren in dem Laster gefunden worden, der am Montagabend auf den Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche gefahren war. Bei der Tat kamen zwölf Menschen ums Leben, rund 50 wurden teils lebensbedrohlich verletzt. Ein zunächst festgenommener Pakistaner wurde wieder freigelassen.

Gemeldet war der gesuchte Tunesier in einer Asylbewerberunterkunft in Nordrhein-Westfalen, laut Spiegel Online in Emmerich bei Kleve. NRW-Innenminister Ralf Jäger sagte, der Mann sei 2015 über Freiburg nach Deutschland eingereist und habe mehrere Indentitäten verwendet. Seit Februar hielt er sich demnach vor allem in Berlin auf. Dort wurde Amri nach Hinweisen von Bundesbehörden überwacht, und zwar von März bis September dieses Jahres, wie die Generalstaatsanwaltschaft mitteilte. Es habe Informationen gegeben, wonach der in Nordrhein-Westfalen als islamistischer Gefährder geführte Verdächtige einen Einbruch plane, um Geld für den Kauf automatischer Waffen zu beschaffen – “möglicherweise, um damit später mit noch zu gewinnenden Mittätern einen Anschlag zu begehen”, hieß es.

Die Observierung und Überwachung der Kommunikation sei sogar verlängert worden, habe aber keine Hinweise auf ein staatsschutzrelevantes Delikt erbracht, erklärte die oberste Berliner Ermittlungsbehörde. Hinweise habe es lediglich gegeben, dass Amri als Drogendealer tätig und an einer körperlichen Auseinandersetzung, vermutlich in der Dealerszene, beteiligt gewesen sein könnte. Deshalb habe die Überwachung im September beendet werden müssen. Die Sicherheitsbehörden tauschten Jäger zufolge ihre Erkenntnisse über Amri im gemeinsamen Terrorabwehrzentrum aus, zuletzt im November 2016.

Ersatzpapiere für die Abschiebung kamen erst am Mittwoch

Amri wurde bereits im Juni als Asylbewerber abgelehnt, sagte NRW-Innenminister Jäger. “Der Mann konnte aber nicht abgeschoben werden, weil er keine gültigen Ausweispapiere hatte.”
Tunesien habe lange Zeit bestritten, dass es sich um seinen Staatsbürger handele. Die für die Abschiebung wichtigen tunesischen Ersatzpapiere seien erst an diesem Mittwoch bei den deutschen
Behörden eingetroffen, sagte der Minister.

In Tunesien verhörten Ermittler nach einem Bericht der Zeitung Al-Chourouk die Familie des mutmaßlichen Attentäters in der nordöstlichen Provinz Kairouan, einer Salafisten-Hochburg. Die Familie habe ausgesagt, dass sie keinen steten Kontakt mit Amri gehabt habe, seitdem er das Haus Ende 2010 verlassen habe. 2011 kam er als Flüchtling nach Italien, wie die dortige Nachrichtenagentur Ansa berichtete, und wurde in einem Auffanglager auf Sizilien untergebracht. Weil er Sachbeschädigungen und “diverse Straftaten” beging, kam er demnach in Palermo vier Jahre ins Gefängnis. Im Frühjahr 2015 wurde er laut Ansa entlassen, konnte wegen Problemen mit den tunesischen Behörden aber nicht ausgewiesen werden. Er sei dann nach Deutschland weitergereist, hieß es.

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