Gabriel in Ankara: Einigungsversuch im Streit um Incirlik gescheitert

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Nach monatelangem Streit mit der Türkei über Politikerbesuche bei deutschen Soldaten in Incirlik hat Außenminister Sigmar Gabriel den Abzug der Bundeswehr angekündigt.

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Ein letzter Einigungsversuch im Streit um den Bundeswehr-Einsatz in Incirlik ist gescheitert. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel sagte am Montag nach einem Gespräch mit seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu in Ankara, die Türkei werde kein grundsätzliches Besuchsrecht für Bundestags-Abgeordnete bei den deutschen Soldaten auf dem Luftwaffenstützpunkt gewähren. Damit steht der Abzug der Bundeswehr unmittelbar bevor.
Künftig soll sich die Truppe mit ihren “Tornado”-Aufklärungsflugzeugen und einem Tankflugzeug von Jordanien aus am Kampf gegen die Dschihadistenmiliz “Islamischer Staat” (IS) beteiligen.

Gabriel sagte bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Cavusoglu zum unmittelbar bevorstehenden Abzug, es gebe noch keine Entscheidung oder keinen konkreten Plan. “Die Reise diente dazu, noch einmal zu prüfen, ob es Möglichkeiten gibt, dauerhafte Besuchsmöglichkeiten für Incirlik für die Bundestagsabgeordneten zu schaffen. Wir haben zu respektieren, dass aus innenpolitischen Gründen die Türkei das nicht kann. Dann allerdings kennen Sie die Meinung im deutschen Bundestag, die dann darauf hinauslaufen wird, jetzt in allernächster Zeit auf den Teil des Mandats Bezug zu nehmen, der besagt, wenn das nicht möglich ist, dann ist die Bundesregierung aufgefordert, einen anderen Standort zu suchen.”

Gabriel fügte hinzu: “Wir wollen das mit unseren türkischen Kollegen in großer Friedfertigkeit machen, ohne große Auseinandersetzungen.” Keine der beiden Seiten wolle, dass die Entscheidung die Beziehungen zwischen beiden Ländern weiter verschlechtere. Die Beilegung des Streits durch einen Abzug biete die Möglichkeit, “in allen anderen Punkten weiterzuarbeiten, wo wir ein gemeinsames Interesse haben.”

Der türkische Außenminister sagte den deutschen Abgeordneten das Besuchsrecht auf dem Nato-Stützpunkt in Konya zu, nicht aber auf der türkischen Basis in Incirlik. Im Moment seein die Bedingungen für einen Besuch in Incirlik nicht gegeben, sagte Cavusoglu. In Konya sind “Awacs”-Aufklärungsflugzeuge der Nato stationiert.

In Incirlik sind rund 260 Bundeswehrsoldaten, die den Kampf gegen die Terrormiliz “Islamischer Staat” (IS) unterstützen. Die Türkei hat Abgeordneten den Besuch verboten, weil Deutschland türkischen Soldaten Asyl gewährt hat. Ankara wirft ihnen die Beteiligung am Putschversuch in der Türkei im Juli 2016 vor.

Endlich raus aus Incirlik https://t.co/hGhBZ5YrJhpic.twitter.com/7T2gGqTKzg

— K44 (@K44Bot) 5 juin 2017

Cavusoglu kritisierte erneut, dass die Bundesrepublik nicht ausreichend gegen die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK vorgehe. Zugleich biete Deutschland Anhängern der Bewegung des Predigers Fethullah Gülen Schutz, die die türkische Regierung für den Putschversuch verantwortlich macht. Er forderte, wer in den Putschversuch verwickelt gewesen sei, müsse an die Türkei ausgeliefert werden.

Gabriel sicherte Cavusoglu ein konsequentes Vorgehen der deutschen Behörden gegen die PKK zu. Er verwies darauf, dass es 4500 Verfahren gegen die Untergrundorganisation gebe und 90 Verurteilungen. Bei der Gülen-Bewegung sei man auf klare Beweise angewiesen.

Das Verhältnis zwischen beiden Staaten ist schon länger belastet. Gestritten wurde unter anderem über den Vorwurf mangelnder Solidarität und Massenverhaftungen nach dem Putschversuch, das Schmähgedicht des Satirikers Jan Böhmermann, die Armenien-Resolution des Bundestags sowie öffentliche Auftritte türkischer Politiker in Deutschland und Spionage-Vorwürfe gegen den Islam-Dachverband Ditib. Ein weiterer Streitpunkt zwischen der Türkei und Deutschland ist die Inhaftierung des “Welt”-Korrespondenten Deniz Yücel.

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